Mittelalterliches Essen © zee2000 / iStock / Thinkstock
Die Gicht galt auch schon zu früheren Zeiten als Krankheit der Reichen und Könige. © zee2000 / iStock / Thinkstock

Was ist eigentlich…

…EIN ZIPPERLEIN?

Wenn nach dem Gläschen Wein am Abend der große Zeh auf einmal schmerzt, könnte mehr als ein Wehwehchen dahinter stecken – vielleicht sogar ein Zipperlein.

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Heute gerne synonym für ein nicht ernstzunehmendes Unwohlsein verwendet, hat das Zipperlein ursprünglich eine ganz andere Bedeutung. Bei „zippern“ handelt es sich um den althochdeutschen Begriff für trippeln oder zittern. Dies beschreibt sehr gut die besondere Gangart, die Betroffene oft zeigen, wenn sie unter einem akuten Gichtanfall im Großzehengelenk, der Podagra, leiden und nur unter Schmerzen gehen oder eben trippeln können. Daher nutzte bereits der griechische Arzt Hippokrates von Kos die Bezeichnung „das Zipperlein haben“ zur Unterscheidung der Gicht von Arthritis-Erkrankungen.

Krankheit der Könige „Der Dicke aber – autsch! mein Bein! – Hat wieder heut‘ das Zipperlein“. Schon Wilhelm Busch kannte die schmerzhaften Auswirkungen einer Gicht. Den Dicken in „Der neidische Handwerksbursch“ plagt nach einem deftigen Mahl mit Alkohol ein schlimmer Schmerz im Fuß, der ihn nicht schlafen lässt. Die Gicht galt auch schon zu früheren Zeiten als Krankheit der Reichen und Könige.

Einen entsprechenden Lebensstil mit viel Fleisch, Alkohol und wenig körperlicher Betätigung konnte sich „das Volk“ schließlich nicht leisten. In der aktuellen Zeit, mit einem ständigen Zugriff auf schnell zubereitete Speisen und dem Mangel an Bewegung, betrifft diese Wohlstandskrankheit jedoch deutlich mehr Menschen. Einer Gicht liegt bekanntermaßen eine Störung im Purin-Stoffwechsel zugrunde, wodurch die Harnsäurewerte dauerhaft erhöht sind.

Diese Hyperurikämie kann natürlich viele Ursachen haben, man weiß aber bereits seit längerem, dass ein Zusammenhang zwischen Übergewicht mit einer purinreichen Ernährung und dem Risiko an Gicht zu erkranken besteht. Wird zudem regelmäßig Alkohol konsumiert, der an der Niere mit Harnsäure zusammen um die Ausscheidung konkurriert, erhöht sich das Risiko noch einmal.

Verzicht? Einschränkung? Je nachdem wie hoch die Harnsäurewerte sind, wird dem Betroffenen eine dauerhafte purinarme oder streng purinarme Diät, meist zusätzlich zu einer medikamentösen Therapie, empfohlen. Im ersten Fall sollten maximal 3000 Milligramm Harnsäure pro Woche aufgenommen werden: eine Portion (100g) Fleisch oder Wurst und höchstens ein Glas Wein oder Bier pro Tag.

Innereien, purinreiche Fischsorten (Hering, Lachs, Sardelle), Hülsenfrüchte und Krustentiere sollten durch purinarme Lebensmittel ersetzt werden. Dazu zählen zum Beispiel Milchprodukte, Kohlgemüse, Tomaten oder Äpfel. Mit entsprechenden Tabellen können Sie Ihre Kunden in der Apotheke dabei unterstützen. Auch die Zubereitung spielt eine Rolle: lieber kochen als braten.

Die strenge Variante ist dann angezeigt, wenn Medikamente und Einschränkung keinen Erfolg bringen. Dann sollte der Betroffene nicht mehr als 2100 Milligramm pro Woche zuführen. In der Regel muss dann komplett auf den Genuss von Alkohol verzichtet werden und Fleisch sollte nur ein- bis zweimal pro Woche auf den Tisch kommen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 03/18 auf Seite 104.

Farina Haase, Apothekerin/Redaktion

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