Heilpflanzen

EIN KRAUT FÜR DIE FRAUEN: TRAUBENSILBERKERZE

Extrakte der Traubensilberkerze haben sich zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden bewährt und finden in zahlreichen Fertigarzneimitteln vielfach Verwendung.

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Die Traubensilberkerze ist eine mehrjährige krautige Pflanze aus der Familie der Ranunculaceae (Hahnenfußgewächse). Im Juli blühen die kleinen, weißlichen Blüten kerzenartig in langen schmalen Trauben. Darauf nimmt sowohl der deutsche Name als auch die botanische Bezeichnung Bezug (lat. racemosa = traubig). Ihre Laubblätter sind dreifach gefiedert und bestehen aus spitzen, tief gesägten Blättchen.

Die in Nordamerika und Kanada heimische Staude kann eine Höhe bis zu zwei Metern erreichen und fühlt sich am halbschattigen Gehölzrand wohl. Die Pflanze wird auch Wanzenkraut genannt, da Insekten und insbesondere Blattwanzen die Traubensilberkerze aufgrund ihres unangenehmen Duftes rigoros meiden. Auf diese Eigenschaft verweist auch der früher verwendete Gattungsname Cimicifuga (lat. cimex = Wanze und lat. fuga = Flucht).

Aus dem Arzneischatz der Indianer Die Traubensilberkerze fand schon bei den Indianern Nordamerikas zur Behandlung unterschiedlichster Symptome Verwendung. Später übernahmen sie die nordamerikanischen Siedler in ihre Heilkunst, wobei ihr Einsatz zunächst breit gefächert war. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Pflanze speziell bei gynäkologischen Erkrankungen gebraucht. Etwa 100 Jahre später fand sie in Deutschland aufgrund der beobachteten estrogenähnlichen Effekte besondere Beachtung.

1989 hat die Kommission E des Bundesgesundheitsamtes die Heilpflanze bei prämenstruellen und dysmenorrhoischen sowie klimakterisch bedingten neurovegetativen Beschwerden positiv bewertet. Spätere Beurteilungen der WHO (World Health Organisation) und der ESCOP (The European Scientific Cooperative on Phytotherapy) führen nur noch Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen, starkes Schwitzen, Schlafstörungen oder nervöse Reizbarkeit als Indikation auf.

Extrakte aus dem Wurzelstock Als Arzneidroge wird das getrocknete, nach der Fruchtreife gesammelte und zerschnittene Rhizom verwendet. Zubereitungen als Tee sind nicht üblich, da die fettlöslichen und die Wirkung mitbestimmenden Bestandteile nicht durch heißes Wasser freigesetzt werden. Moderne Phytopharmaka liegen als wässrig-alkoholische Extrakte vor, wodurch eine optimale Gewinnung der medizinisch wichtigen Inhaltsstoffe gelingt. Während früher Wildsammlungen das Ausgangsmaterial für die pflanzlichen Arzneimittel lieferten, stammen sie heute hauptsächlich aus dem kontrollierten Anbau.

Frage nach dem Wirkmechanismus Bei der Traubensilberkerze gelten Triterpenglykoside sowie Phenolsäuren als die entscheidenden Inhaltsstoffgruppen. Wegen der Fülle an Inhaltsstoffen kann kein genauer Wirkmechanismus mit Sicherheit bestimmt werden. Der derzeitige Erkenntnisstand deutet vielmehr darauf hin, dass der Gesamtextrakt die Wirksamkeit ausmacht. Bedingt durch die Vielzahl an potentiellen Wirkstoffen scheint die Wirksamkeit auf vielfältigen Angriffspunkten zu basieren, die sich synergistisch ergänzen.

Unterschiedliche Wirkungen Diverse Untersuchungen können eine gewebsspezifisch unterschiedliche Wirkung des Traubensilberkerzenextrakts zeigen. So können positive Effekte auf den Lipidstoffwechsel und den Knochenmetabolismus demonstriert werden. Unerwünschte Effekte am Gebärmutter- und Brustgewebe fehlen hingegen. Man erklärt sich diesen Sachverhalt über eine selektiv modulierende Wirkung am Estrogenrezeptor.

Darüber hinaus wird auch eine Modulation an zentralnervösen Rezeptoren in den Regulationszentren für Stimmungslage und Körpertemperatur angenommen, wodurch es zu den positiven Wirkungen bei neurovegetativen und psychischen Wechseljahresbeschwerden kommt. Für Patientinnen mit betont psychischen Beschwerden, wie depressive Verstimmungen oder Unruhezustände, kann eine Kombination aus Traubensilberkerze mit Johanniskraut sinnvoll sein.

Tipps für die Beratung Bei der Abgabe darf der Hinweis nicht fehlen, dass die Wirkung erst nach vier bis sechs Wochen regelmäßiger Einnahme einsetzt. Die wirksame Tagesdosis beträgt bei extrakthaltigen Fertigarzneimitteln entsprechend 40 Milligramm Droge, was in der Regel ein bis zwei Tabletten entspricht. Bei Kombinationspräparaten können auch geringere Tagesdosen der einzelnen Partner wirksam sein. In der Schwangerschaft und Stillzeit ist die Heilpflanze nicht geeignet.

Für die meisten Präparate gelten auch hormonabhängige Tumoren als Kontraindikation. Eine Ausnahme macht ein Fertigarzneimittel, das den isopropanolischen Cimicifuga-Spezialextrakt enthält, da für dieses Präparat sehr viele Untersuchungsergebnisse vorliegen, die keinen Hinweis auf eine estrogenartige Wirkung ergeben haben.

 Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/11 ab Seite 26.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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