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Politik

EIN JAHRESRÜCKBLICK

Obgleich gegen Ende einer Legislaturperiode der Gesetzgeber erfahrungsgemäß seine Arbeit langsam einstellt, wurden im Arzneimittelbereich im Jahr 2013 noch zahlreiche Neuregelungen in Kraft gesetzt.

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„Große Würfe“ im Gesundheitsbereich wie ein Präventionsgesetz oder eine gesetzliche Regelung zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen sind nicht mehr gelungen. Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, das am 13. August 2013 in Kraft trat, wurde europäisches Recht, nämlich im Bereich der Marktüberwachung von Arzneimitteln , national umgesetzt sowie Klarstellungen im SGB V und Heilmittelwerbegesetz vorgenommen.

Neu sind beispielsweise Anzeigepflichten des Zulassungsinhabers („pharmazeutischer Unternehmer“), der dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut nunmehr unverzüglich die Gründe mitteilen muss, wenn die Vermarktung eines Arzneimittels vorübergehend oder endgültig eingestellt wird.

Dem Verbraucherschutz dient die Einführung eines neuen Symbols − ein auf dem Kopf stehendes schwarzes Dreieck −, das sich seit Herbst vergangenen Jahres im Beipackzettel und der Fachinformation mancher Arzneimittel mit dem ergänzenden Hinweis „Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung.“ findet. Die Neuregelung gilt insbesondere für solche Arzneimittel, die einen neuen Wirkstoff enthalten oder biologische Arzneimittel sind.

Man erhofft sich durch die spezielle Kennzeichnung eine verstärkte Aufmerksamkeit der Patienten und in der Folge frühere Erkenntnisse zu Nebenwirkungen, um ggf. notwendige Maßnahmen zur Risikoabwehr schneller ergreifen zu können. Mit dem Gesetz wurde zudem die unterschiedliche Rechtsprechung zu Boni und Gutscheinen beim Einlösen von Rezepten beendet. Der Gesetzgeber möchte so sicherstellen, dass Verbraucher durch die Aussicht auf Zugaben in Apotheken nicht „unsachlich beeinflusst werden“.

Genauso gut? Nachjustiert wurden auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für die nach SGB V vorgeschriebene Nutzenbewertung innovativer Arzneimittel im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie. Für den Fall, dass es mehrere Alternativen gibt, muss nicht mehr zwingend die wirtschaftlichere Therapie gewählt werden. Mit dieser Änderung soll vermieden werden, dass der Nachweis des Zusatznutzens nicht an rein formalen Gründen scheitert.

Allerdings bleibt es beim Preisanker der wirtschaftlichen Therapie für die nachfolgenden Erstattungsbetragsverhandlungen. Die Klarstellung im Sozialgesetzbuch, wonach für die Nutzenbewertung im Bestandsmarkt die gleichen Regeln gelten wie für die frühe Nutzenbewertung neuer Präparate, geht vermutlich ins Leere, da die komplette Einstellung der Bestandsmarktbewertung geplant ist. Zu groß ist der Aufwand, zu unsicher sind die Einsparungen. Politisch setzt man lieber auf bewährte Instrumente wie das Preismoratorium und den Herstellerrabatt.

Medikamente für Tiere Bereits im April 2013 traten mit der sog. 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes zudem Änderungen für den Tierarzneimittelbereich in Kraft. Anders als im EU-Recht, das Regelungen für den Human- und Veterinärbereich in separaten Rechtsvorschriften trifft, packt der nationale Gesetzgeber alles in ein Gesetz, was der Übersichtlichkeit und Lesbarkeit des AMG abträglich ist. Ziel der Novellierung ist den Einsatz von Antibiotika bei der Haltung von Tieren zu reduzieren und den verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika zur Behandlung von erkrankten Tieren zu fördern. Ob es gelingt, durch die Neuregelungen das Risiko der Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen tatsächlich zu mindern, bleibt abzuwarten.

 Verschreibungsverordnung Der Schutz der Verbraucher gebietet es für bestimmte Arzneimittel Anwendungs- und Abgabebeschränkungen vorzuschreiben. Diese Stoffe und Zubereitungen werden durch die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) bestimmt. Die dreizehnten Änderungsverordnung (AMVV) trat am 1. März 2013 in Kraft und setzte insbesondere Empfehlungen des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht um, der seinerseits mit der Verordnung zur Neuordnung des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht im vergangenen Jahr reformiert wurde.

Unter anderem entließ man Benzydamin als Lösung zur Anwendung im Mund- und Rachenraum mit einer Konzentration von nicht mehr als 0,15 Prozent und als Lutschtablette mit maximal drei Milligramm Benzydaminhydrochlorid aus der Verschreibungspflicht. Gleiches gilt für fixe Kombinationen von Ibuprofen und Pseudoephedrin zur Behandlung der akuten Rhinosinusitis zusammen mit weiteren Erkältungssymptomen in bestimmten Wirkstoffmengen, Tagesdosen und Packungsgrößen.

Auch Arzneimittel mit dem Wirkstoff Nicotin in Form eines Mundsprays sowie zur Kombinationstherapie aus der transdermalen mit der oralen Anwendung wurde in bestimmten Mengen aus der Verschreibungspflicht entlassen. Für die symptomatische Behandlung des akuten Durchfalls von Erwachsenen kann auch Racecadotril in Konzentrationen von ein Hundert Milligramm je abgeteilter Form und in einer Gesamtmenge von bis zu tausend Milligramm je Packung für eine maximale Anwendungsdauer von drei Tagen bei Beachtung der Kontraindikationen ohne Verschreibung in Apotheken abgegeben werden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 01/14 ab Seite 70.

Dr. Michael Binger, Hessisches Sozialministerium

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