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Politik

EIN JAHRESRÜCKBLICK – TEIL 2

Es folgt ein Überblick über weitere für Apotheken wichtige Änderungen. In einem beispiellosen Jahresendspurt wurde zudem in nur zwei Tagen ein Gesetz zur nahtlosen Fortführung des Preismoratoriums beschlossen.

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Die wichtigsten Änderungen der Arzneimittelverschreibungsverordnung , wie die Entlassung von Racecadotril für die kurzzeitige, symptomatische Behandlung des akuten Durchfalls bei Erwachsenen, wurden in Teil 1  des Rückblicks beschrieben. Weitere, vom Bundesministerium für Gesundheit geplante Änderungen der Verschreibungspflicht stießen auf Widerstand im Bundesrat, wie die Freigabe der Migräne-Wirkstoffe Sumatriptan (in oraler und nasaler Form) sowie Zolmitriptan (oral).

Zugleich setzte sich der Bundesrat für die Entlassung des Wirkstoffs Levonorgestrel aus der Verschreibungspflicht ein und zwar in einer Menge bis zu 1,5 Milligramm je abgeteilter Arzneiform für die einmalige Einnahme zur Notfallkontrazeption. Die Änderungen werden in diesem Jahr weiter beraten.

Eine weitere Änderungsverordnung diente der Umsetzung europäischen Rechts über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung und die Anerkennung von in anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Verschreibungen. Sofern die formalen Kriterien der Verschreibung gemäß AMVV gegeben sind und sie von ärztlichen oder zahnärztlichen Personen stammen, die in ihrem Mitgliedstaat zur Ausübung ihres Berufes berechtigt sind, sind sie nunmehr in Deutschland ausgestellten Verschreibungen gleichgestellt.

Mangels Kassenzulassung der Ärzte werden Rezepte aus dem Ausland in der Regel Privatrezepte sein. Ausgenommen von der Neuregelung sind Verschreibungen der Immunmodulatoren Thalidomid, Lenalidomid und Pomalidomid, die nur bei Vorlage spezieller T-Rezepte abgegeben werden dürfen, sowie Betäubungsmittel. Auf Initiative des Bundesrates hin muss die Bundesregierung noch prüfen, ob es eine Ausnahmeregel für Rezepte geben kann, die aufgrund von Ferndiagnosen erstellt wurden.

Betäubungsmittelrecht Um den Missbrauch mit neuen psychoaktiven Stoffen einzudämmen, wurden mit der 27. Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften sechsundzwanzig neue psychoaktive Stoffe in die Anlagen I (nicht verkehrsfähig) und II (verkehrsfähig, aber nicht verschreibungsfähig) des BtMG aufgenommen. Überwiegend handelt es sich um synthetische Cannabinoide und Derivate des Amphetamins; die Benzodiazepine Etizolam und Phenazepam wurden in Anlage III beziehungsweise II aufgenommen.

Für Apotheken wichtig ist die Aufnahme von Lisdexamfetamin in Anlage III, sodass das entsprechende Fertigarzneimittel zur Behandlung von Aufmerksamkeits-Hyperaktivitäts- Störungen (Elvanse®) nur noch auf Betäubungsmittelrezept abgegeben werden darf. Seit März des vergangenen Jahres gibt es neue Betäubungsmittelrezeptformulare; die alten Formulare behalten noch bis zum 31. Dezember 2014 ihre Gültigkeit.

Neue Sicherheitsmerkmale sollen die Fälschungssicherheit verbessern. So kommen unter anderem im neuen Rezeptvordruck Reagenzstoffe zum Einsatz, die beim Verfälschen der Einträge durch Anlösen mit Chemikalien zum Verlaufen der Druckfarben führen. Unter UV-A-Licht (wie bei der Geldscheinprüfung) verändert das weitgehend gelbliche BtM-Rezept seine Farbe und die schwarz eingedruckte neunstellige Rezeptnummer erscheint grünlich-fluoreszierend. Unverändert gültig sind die Regelungen für das Ausfüllen der BtM-Rezepte.

Sonstiges
Mit einem Eilgesetz – drei Lesungen im Bundestag und Beratung im Bundesrat in nur zwei Tagen – wurde ein Gesetz zur nahtlosen Fortführung des Preismoratoriums (zunächst befristet bis Ende März d.J.) auf dem Niveau der Arzneimittelpreise von August 2009 verabschiedet; es trat zum Jahreswechsel in Kraft und ist ein Vorgeschmack auf die Möglichkeiten einer großen Koalition. Schon liegt ein weiteres Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs Fünf vor, das den Preisstopp fortführen und den Herstellerrabatt um einen Prozentpunkt auf sieben Prozent erhöhen soll.

Besorgniserregend ist, dass im europäischen Binnenmarkt zunehmend neue psychoaktive Substanzen in den Verkehr gebracht werden, die alternativ zu illegalen Drogen wie Kokain und Ecstasy verwendet werden (Legal Highs). Immer deutlicher zeigt sich, dass das derzeitige Verfahren zum Verbot dieser Substanzen zu träge ist. Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission im vergangenen Jahr einen Verordnungsvorschlag vorgelegt, der ein schnelleres Verfahren zum Verbot dieser Substanzen bewirken soll.

Apotheken Insbesondere in dünn besiedelten Gebieten mit geringer Inanspruchnahme des Notdienstes und häufigeren Notdiensten ergaben sich in der Vergangenheit erhebliche Belastungen einzelner Apotheken. Um diese abzufedern, ist am 1. August 2013 das Apothekennotdienstsicherstellungsgesetz (ANSG) in Kraft getreten. Mit einer Pauschale in Höhe von ein hundertzwanzig Millionen Euro soll die flächendeckende, bedarfsgerechte und wohnortnahe Arzneimittelversorgung der Bevölkerung auch künftig gewährleisten werden, was rechnerisch rund sechstausend Euro pro Apotheke bedeutet.

Zur Gegenfinanzierung wurde der in der Arzneimittelpreisverordnung geregelte Apothekenaufschlag um sechzehn Cent auf 8,51 Euro angehoben. Das Geld wird aus einem Fonds beim Deutschen Apothekerverband auf die Apotheken je nach Teilnahme am Notdienst verteilt. Nach langwierigen Verhandlungen einigten sich mithilfe der Schiedsstelle zudem GKV-Spitzenverband und DAV über die an die gesetzlichen Krankenkassen zu zahlenden Rabatte. Stufenweise wird der Abschlag im Jahr 2014 auf 1,80 Euro und im Jahr 2015 auf 1,77 Euro gesenkt, was Planungssicherheit und eine finanzielle Entlastung der Apotheken bedeutet. Der gesetzlich verordnete Kassenabschlag in Höhe von 2,05 Euro war Ende 2012 ausgelaufen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/14 ab Seite 116.

Dr. Michael Binger, Hessisches Sozialministerium

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