© Mopic / fotolia.com

Seltene Erkrankungen von A bis Z

EHLERS-DANLOS-SYNDROM

Dieser Erkrankungsgruppe liegen Probleme bei der Kollagen- Biosynthese zugrunde. Je nach Störungsart stehen Manifestationen an der Haut, den Gelenken oder den Gefäßen im Vordergrund.

Seite 1/1 3 Minuten

Seite 1/1 3 Minuten

Kollagen macht etwa ein Viertel der Gesamtproteinmenge unseres Körpers aus. Es ist Hauptbestandteil von Haut, Knochen, Sehnen, Knorpel, Blutgefäßen und Zahnhalteapparat. Unterschiedliche Kollagenklassen bedingen die speziellen Eigenschaften des jeweiligen Gewebes, zum Beispiel die Reißfestigkeit von Bändern und Sehnen oder die Druckresistenz von Gelenkknorpel.

Bei Patienten mit Ehlers-Danlos-Syndrom verhindern Mutationen, dass einzelne Kollagene korrekt und in ausreichender Menge hergestellt werden. Unterschieden werden nach der derzeitigen Nomenklatur sechs verschiedene Haupttypen des Ehlers-Danlos-Syndroms. Der klassische und der hypermobile Typ machen zusammen etwa 80 Prozent der Fälle aus. Ihre Häufigkeit beträgt etwa 1:5000 bis 1:20 000 Geburten, die anderen Typen sind noch weitaus seltener.

Klassischer Typ Patienten mit dem klassischen Typ haben eine sehr elastische Haut aus, die sich bis zu mehrere Zentimeter anheben lässt . Zudem ist sie leicht verletzlich. Nach Verletzungen bilden sich breite Narben, und Betroffene bekommen leicht blaue Flecken. Außerdem sind ihre Gelenke beweglicher als bei normalen Menschen und renken sich leicht aus.

Viele Patienten mit klassischem Ehlers-Danlos-Syndrom haben Gelenk- und/ oder Rückenschmerzen und sind oft müde. Ihre Muskulatur ist schwächer ausgeprägt. Der klassische Typ wird in eine schwere (früher Typ I) und eine mildere Verlaufsform (früher Typ II) unterteilt. Vermutlich werden gerade milde Formen nicht immer diagnostiziert. Bei etwa der Hälfte der Patienten mit klassischem Ehlers-Danlos-Syndrom lässt sich eine Mutation in den Genen feststellen, die für die a1- und a2-Ketten des Kollagen V kodieren.

Hypermobiler Typ Bei diesem Typ (früher Typ III) sind vor allem die kleinen und großen Gelenke überbeweglich. Dies führt zu Instabilität, häufigen Verrenkungen und Schmerzen. Viele Patienten entwickeln früh eine Arthrose. Die Haut ist nur wenig betroffen. Die dafür zuständigen Gene sind allerdings nicht bekannt.

Vaskulärer Typ Dagegen weiß man, dass der vaskuläre Typ des Ehlers-Danlos-Syndroms (früher Typ IV) durch Mutationen im Gen für die a1-Kette des Kollagen III verursacht wird. Weil dieses vor allem in Gefäßwänden vorkommt, sind diese besonders stark betroffen. Patienten haben eine dünne, durchscheinende Haut. Die Gefäße, aber auch innere Organe können leicht reißen, was zu lebensgefährlichen Komplikationen führen kann. Die Häufigkeit wird mit 1:50 000 angegeben.

Kyphoskoliotischer Typ Nicht das Kollagen selbst ist beim kyphoskoliotischem Typ (früher Typ VIA und VIB) von Mutationen betroffen, sondern das Enzym Lysylhydroxylase. Dieses ist normalerweise für die Quervernetzung der einzelnen Fasern innerhalb von Kollagenfibrillen verantwortlich. Wegen Veränderungen im betreffenden Gen können Patienten mit diesem Typ nicht ausreichend quervernetzendes Enzym herstellen. Dies führt zu einer verringerten Stabilität der Fibrillen. Patienten haben eine angeborene Skoliose, die Gelenke sind hypermobil, die Muskeln schwach ausgebildet.

Arthrochalasie Typ Die Ursache des Ehlers-Danlos-Syndroms vom Arthrochalasie Typ (früher Typ VIIA und VIIB) liegt in Mutationen in der a1- und a2 Kette des Kollagens 1. Weil das Vorläufer-Protein (Prokollagen) ihretwegen nicht zum fertigen Eiweiß weiter verarbeitet werden kann, kommt es zu Fehlern im Fibrillenaufbau. Dadurch werden ihre mechanischen Eigenschaften beeinträchtigt. Es kommt häufig zu Ausrenkungen; nicht selten kommen Babys mit ausgerenkten Hüften auf die Welt.

Dermatosparaxis Typ Auch beim Dermatosparaxis Typ (früher Typ VIIC) kommt es zu Fehlern im Aufbau der Kollagenfibrillen; hier fehlt aufgrund einer Mutation ein dafür verantwortliches Enzym (Prokollagen 1 N-terminale Peptidase). Patienten haben eine sehr verletzliche Haut, die oft schlaff herunterhängt. Die Vererbung des Dermatosparaxis und kyphoskoliotischen Typs erfolgen autosomal-rezessiv; alle anderen werden autosomaldominant vererbt.

Verlauf Grundsätzlich ist es kaum möglich vorherzusagen, wie die Krankheit fortschreiten wird. Selbst innerhalb ein und derselben Familie werden unterschiedliche Krankheitsverläufe beobachtet, obwohl die gleichen genetischen Veränderungen zugrunde liegen.

Therapie Eine Heilung ist derzeit nicht möglich. Je nach Krankheitsbild werden die jeweiligen Symptome behandelt: So sollten vor allem Kinder Schutzbandagen an leicht verletzlichen Stellen tragen, um die Haut zu schützen. Orthesen können dem Ausrenken von Gelenken vorbeugen. Krankengymnastik und physikalische Therapie sind grundsätzlich sinnvoll und hilfreich. Ein einigen Fällen ist eine Schmerztherapie angezeigt. Operative Eingriffe spielen bei den meisten Typen eine untergeordnete Rolle.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/15 ab Seite 86.

Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

×