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Botanicals

DURCHAUS UMSTRITTEN

Während die Phytotherapie vorwiegend von Rotklee spricht, ist die Pflanze bei den Gärtnern und Landwirten vor allem unter den Bezeichnungen Wiesen- oder Futterklee bekannt. Was kann man medizinisch damit anfangen?

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Rotklee (Trifolium pratense L.) ist ein Schmetterlingsblütler aus der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae), der in Europa, Mittelasien, Vorderindien und Nordafrika heimisch ist. Auch in Nordamerika ist die Pflanze inzwischen eingebürgert. Die Pflanze liebt nährstoffreiche Böden, stellt aber wenig Ansprüche an Boden und Standort. Selbst in halbschattigen Lagen wächst sie. Der Rotklee kann Wuchshöhen von bis zu 80 Zentimetern erreichen, wobei er aber meist deutlich kleiner wird (etwa 20 bis 40 Zentimeter). Da die ausdauernde krautige Pflanze bei uns auf vielen Wiesen und Feldern anzutreffen ist, trägt sie auch das Synonym Wiesenklee. Auf das bevorzugte Vorkommen der Pflanze verweist zudem der Artname (lat. pratense = auf Wiesen wachsend).

Der Gattungsname Trifolium (lat. tres, tria = drei) bezieht sich auf ihre dreizähligen Laubblätter. Sie sind im oberen Teil des Stängels kurz- und im unteren langgestielt und sind beiderseits mit feinen Haaren überzogen. Auch der leicht kantige Stängel ist mitunter behaart, aber nicht so deutlich wie die Blätter. Die eiförmigen bis elliptischen Teilblättchen haben einen glatten Rand und tragen auf ihrer Oberseite einen charakteristischen weißen Fleck.

Ökologisch wertvoll Die Pflanze ist ein charakteristischer Tiefwurzler, dessen Pfahlwurzeln bis zu zwei Meter tief in die Erde eindringen können. An den Wurzeln finden sich - wie bei anderen Hülsenfrüchtlern auch - symbiotisch lebende Knöllchenbakterien, die Stickstoff aus der Luft binden. Damit trägt der Rotklee zur Bodenverbesserung bei und wird deswegen in der Landwirtschaft zur Gründüngung verwendet. Da die Blätter des Hülsenfrüchtlers zudem proteinreich sind, wird die Pflanze bereits seit dem 11. Jahrhundert als Futterpflanze für Kleintiere angebaut.

Die Tierwelt profitiert auch von den kugeligen bis eiförmigen Blüten, die bereits im April erscheinen und bis in den Oktober hinein die Wiesen purpurrot erscheinen lassen. Die etwa zwei Zentimeter großen Blütenstände setzen sich aus vielen einzelnen Schmetterlingsblüten zusammen, in denen reichlich Nektar vorhanden ist. Dieser dient vor allem den langrüsseligen Hummeln als Nahrung, was dem Rotklee auch seine volkstümlichen Namen Honigklee oder Hummellust eingebracht hat.

Volksheilkundliche Verwendung Früher wurden die Blüten des Rotklees vor allem wegen ihres Gerbstoffgehaltes geschätzt und traditionell zur Teezubereitung genutzt. Mit Honig gesüßt wurde der Tee beispielsweise zur Linderung von Keuchhusten, Leberbeschwerden oder Durchfall getrunken. Ebenso war der äußerliche Gebrauch in Form von Umschlägen bei verschiedenen chronischen Hauterkrankungen (z. B. Psoriasis, Ekzeme) üblich. Die Blätter des Rotklees haben hingegen lange Zeit keine volksmedizinische Rolle gespielt. Auch hat die Kommission E aus Mangel an wissenschaftlichem Erkenntnismaterial weder eine Aufbereitungsmonographie für die Blüten noch für die Blätter des Rotklees verfasst.

Blüten und Blätter des Rotklees sind dekorative Zutaten für Salate. Sie sind nicht nur hübsch anzuschauen, sondern bereichern die Speisen durch ihren leicht süßlichen Geschmack.

Isoflavonhaltige Rotklee-Extrakte Dennoch haben Rotklee-Extrakte inzwischen große Aufmerksamkeit erfahren. Sie enthalten die Isoflavone Genistein, Daidzein sowie Formononetin und Biochanin A. Diese Substanzen zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen, die eine strukturelle Ähnlichkeit mit dem weiblichen Hormon Estradiol aufweisen. Im Körper entfalten sie eine (schwache) estrogene Wirkung, indem sie als selektive Estrogen-Rezeptor-Modulatoren (SERM) am Beta-Estrogen-Rezeptor angreifen. Daher werden sie auch als Phytoestrogene bezeichnet.

Zahlreiche Nahrungsergänzungsmittel (NEM) und teilweise auch diätetische Lebensmittel sind mit isolierten oder angereicherten Isoflavonen aus Rotklee in Deutschland erhältlich. Sie werden als schonende Alternative zur Hormontherapie zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden angepriesen. Allerdings gilt ihre klinische Wirksamkeit als nicht bewiesen und ihr Einsatz als umstritten. Bereits vor vielen Jahren wurde eine große Diskussion über Nutzen und Sicherheit von NEM mit Isoflavonen aus Rotklee (und Soja) bei Wechseljahresbeschwerden in Gang gesetzt.

Die Frage war, wie die Wirkung auf Brustdrüse, Gebärmutter und Schilddrüse und die damit verbundenen möglichen gesundheitlichen Risiken für Frauen in und nach den Wechseljahren (Peri- und Postmenopause) zu bewerten sind. Inzwischen existiert dazu eine Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Auftrag gegeben hat.

Mögliche Risiken Die Experten kommen zu dem Schluss, dass es für gesunde, postmenopausale Frauen derzeit keine Hinweise darauf gibt, dass Isoflavone in Konzentrationen, die üblicherweise in Nahrungsergänzungsmitteln zu finden sind, schädlich sind. Dabei werden als Orientierungswerte Präparate auf Basis von Rotklee mit Dosierungen bis zu 43,5 Milligramm (mg) Isoflavonen pro Tag bei einer Einnahmedauer von bis zu drei Monaten genannt. Das BfR schließt sich dieser Empfehlung an und empfiehlt, diese Dosierung und Einnahmedauer nicht zu überschreiten. Allerdings gilt die Bewertung nur für Frauen nach der Menopause. Für Frauen in der Perimenopause lassen sich wegen fehlender Daten keine Aussagen treffen, so die EFSA.

Daher empfiehlt auch das BfR, dass Frauen in den Wechseljahren bis auf weiteres ebenfalls die genannten Orientierungswerte nicht überschreiten sollten. Überhaupt nicht empfohlen werden Rotklee-Extrakte für Frauen, die in der Vergangenheit unter einer estrogenabhängigen (Krebs-)Erkrankung der Brustdrüse oder der Gebärmutter litten. Ebenso wenig eignen sich die Präparate für Frauen, die akut erkrankt sind. Da möglicherweise gar nicht bekannt ist, ob eine derartige Erkrankung vorliegt, ist es nach Auffassung des BfR generell sinnvoll, vor der Einnahme Isoflavon-haltiger Präparate ärztlichen Rat einzuholen.

Tipps für die Beratung Da der Gehalt an Inhaltsstoffen beim Rotklee stark vom Standort sowie den Wachstums- und Verarbeitungsbedingungen abhängt, sollten grundsätzlich nur standardisierte Präparate gewählt werden. Bei der Abgabe von Rotklee-Präparaten ist zudem eine erhöhte Aufmerksamkeit erforderlich. So kann nicht jeder Frau zu einem NEM mit einem Rotklee-Extrakt geraten werden. Darüber hinaus existieren zahlreiche Präparate, die die ESFA/BfR-Orientierungswerte an Isoflavonen (teilweise bei weitem) übersteigen.

Prinzipiell empfiehlt es sich, Präparate abzugeben, auf denen die enthaltene Menge an Isoflavonen eindeutig deklariert ist und die auch Angaben zur Einnahmedauer machen. Frauen, die L-Thyroxin einnehmen, sollten bei Einnahme von Rotklee-Extrakt ihre Schilddrüsenwerte überprüfen lassen, da Wechselwirkungen nicht auszuschließen sind.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 06/2021 ab Seite 122.

Buchvorstellung
Die kürzlich erschienene neue Auflage des Heilpflanzenlexikons von Dietrich Frohne, 9. durchgesehene Auflage 2021, ISBN 978-3-8047-3700-6, stellt nach wie vor ein umfassendes Nachschlagewerk dar, das in keinem Bücherschrank einer Apotheke fehlen sollte. PTA und Apotheker finden darin nicht nur wertvolle Informationen über klassische Heilpflanzen. In dem Buch wird darüber hinaus auch Wissenswertes zu umstrittenen Wunderdrogen oder unbekannten Exoten vorgestellt. Inhaltlich ist die Neuauflage weitgehend unverändert geblieben, sie wurde aber mit einem neuen modernen Layout versehen.

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