Pipette neben Minze© marrakeshh / iStock / Getty Images

Pflanzliche Inhaltsstoffe

DUFTE SACHE

Ätherische Öle gelten seit jeher als Luxusprodukt. Sie werden mit Wohlbefinden assoziiert und wurden teilweise sogar mit Gold aufgewogen. Auch die Pharmazie weiß ihre Wirkung zu schätzen, noch heute.

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Als Bestandteil von Gewürzen, Parfüms oder Einreibungen finden ätherische Öle schon seit der Zeit der Ägypter Anwendung. Mit einem unverwechselbaren aromatischen Geruch einhergehend gehören sie zu den auffälligsten Wirkstoffgruppen pflanzlichen Ursprungs. Der unverkennbare Duft entsteht aus einem Substanzgemisch lipophiler, flüssiger und leicht verdampfender Verbindungen, der aus bis zu 300 Einzelkomponenten bestehen kann. Trotzdem benötigen die menschlichen Riechsinneszellen nur wenige Hauptbestandteile, um den Geruch eindeutig zuordnen zu können.

Ätherische Öle finden nicht nur in Reinform als Öl, beispielsweise in der Aromatherapie Anwendung, sondern auch in Form von Kapseln oder Cremes. Wichtige Pflanzenfamilien, die zur Herstellung dieser Öle verwendet werden, sind unter anderem die Doldenblütler, die Korbblütler und die Lippenblütler. Die natürliche Funktion der ätherischen Öle können sowohl die Anlockung von Insekten sein, die zur Bestäubung benötigt werden, als auch die Abwehr von Fraßfeinden und mikrobiellem Befall. Aus diesem Grund sind einige Öle auch mit Vorsicht zu genießen. In therapeutischen Dosierungen sehr effektiv, können Sie bei Überdosierung zu Entzündungen, Atembeschwerden und allergischen Reaktionen führen.

Eingedampft
+ Die therapeutische Wirkung kommt durch die Reizung von Chemorezeptoren zustande.
+ Beim Einsatz als Expektorans wirken ätherische Öle sowohl sekretolytisch als auch sekretomotorisch über die Reizung von serösen Drüsenzellen.
+ Innerlich eingenommen haben sie eine reflektorische Wirkung auf die Bronchialsekretion über Rezeptoren im Magen.
+ Wärmende und muskelentspannende Eigenschaften ätherischer Öle kommen durch die Reizung von Chemorezeptoren in der Haut zustande, die für eine Hyperämisierung sorgen.

Für Chemie-Fans Trotz ihrer vielfältigen Einsatzgebiete und bisher über 3000 beschriebenen Einzelverbindungen ist ihr molekularer Aufbau eher simpel. Fast immer bildet Isopren die Grundstruktur. Zwei Isoprene bilden zusammen ein Monoterpen. Je nach Ergänzung von funktionellen Gruppen wie beispielsweise alkoholischen OH-Gruppen oder Aldehyd-Gruppen entstehen ätherische Öle wie Menthol, Thymol oder Cineol. Wird ein weiteres Isopren ergänzt, entstehen Sesquiterpene.

Auch hier kann durch Ergänzung funktioneller Gruppen eine Vielzahl an Verbindungen entstehen. Ein bekanntes Beispiel hier ist das α-Bisabolol aus der Kamille. Die Gruppe der Terpene kann sowohl aliphatische als auch zyklische Verbindungen enthalten. Die letztendliche Wirkung lässt sich hier nicht direkt der Struktur zuordnen. Gemeinsam ist allen ätherischen Ölen aber eine Reizwirkung auf unterschiedliche Chemorezeptoren. Das macht sie zu einem Allrounder, der im ganzen Körper seine Wirkung entfalten kann und somit eine Vielzahl an Therapiemöglichkeiten mit sich bringt.

Erkältungserscheinungen Die erste Erkältungswelle für dieses Jahr rollt an. Grippale Infekte dominieren spätestens ab Mitte November die Anfragen nach geeigneter Selbstmedikation. Hier dürfen Präparate mit ätherischen Ölen nicht fehlen. Hochkonzentriert in Kapselform, als Salbe oder in Form von Badezusätzen können sie Erkältungssymptome lindern. In erster Linie soll die Einnahme von ätherischen Ölen zur Lösung und zum Abtransport von pathologisch verändertem Sekret dienen, welches sich in den Nasennebenhöhlen und in den Bronchien festgesetzt hat.

Die Wirkung beruht auf der lokalen Reizwirkung der eingesetzten Öle. Die direkten Expektoranzien stimulieren die serösen Drüsenzellen. Die feste Konsistenz des Schleims wird durch die Mehrproduktion flüssiger und das größere Volumen löst den Abhustreflex aus. Um die Drüsenzellen in ausreichender Konzentration zu erreichen, gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen können bestimmte ätherische Öle inhaliert werden. Als Erkältungsbalsam werden ätherische Öle vorzugsweise in eine Vaseline-Grundlage eingearbeitet, um zusätzlich zur kutanen Applikation auch zum Inhalieren geeignet zu sein.

Besonders beliebt sind Kombinationen aus Eukalyptusöl, Terpentinöl und Fichtennadelöl sowie Einzelverbindungen wie Thymol, Menthol oder Campher. Bei Menthol und Campher ist zu beachten, dass sie erst bei größeren Kindern eingesetzt werden dürfen. Es kann zu Verkrampfungen des Kehlkopfes kommen. Auch innerlich kommen ätherische Öle bei Erkältungssymptomen zum Einsatz. Cineol ist ein bekannter Vertreter bei belegten Bronchien und verstopften Nasennebenhöhlen. Außer der reflektorischen Stimulation der Bronchialsekretion über den Magen, übt es über die Elimination über die Lunge eine direkte Reizwirkung auf die oben erwähnten Drüsenzellen aus.

Vollkommene Wärme Ebenfalls in der kalten Jahreszeit soll eine Unterkühlung des Körpers ausgeglichen oder Verspannungen behandelt werden. Bestimmte Vertreter der ätherischen Öle eignen sich, um eine lokale, hyperämisierende Wirkung zu erzielen. Rosmarinöl oder Wacholderöl finden häufig Anwendung bei Einreibungen. Mit den Bestandteilen α-Pinen, Campher und Cineol vereinigen diese Öle einige bekannte Wirkstoffe aus dem Bereich der Erkältung. Die entstehende Hautreizung fördert die Hautdurchblutung und soll so Muskelkater, Quetschungen oder Zerrungen durch die verbesserte Durchblutung schneller abheilen lassen. So lässt sich der Winter weitaus leichter aushalten.

Diesen Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/2021 ab Seite 112.

Manuel Lüke, Apotheker und PTA-Lehrer für Gefahrstoffkunde

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