Eine Collage mit typischen Symbolen aus der pharmakologischen Forschung: Erlenmeyerkolben, Reagenzgläser, ein Mikroskop, Viren, ein DNA-Molekül, eine chemische Verbindung, ein Mensch und mehr. Sie sind durch Linien vernetzt.© Evgeny Gromov / iStock / Getty Images Plus
Wenn man schon zugelassene Arzneimittel auf neue Indikationen hin testet, liegen Verträglichkeits- und Sicherheitsdaten schon vor - ein klarer Vorteil. Eine Datenbank soll Forschende nun bei dieser Wiederverwertung unterstützen.

Drug Repurposing

ALTERNATIVER WEG FÜR DIE SUCHE NEUER ARZNEIMITTEL

Die Forschung an neuen Medikamenten ist eine Milliarden-Investition. Dennoch ist der Bedarf hoch. Es müssen also neue Wege beschritten werden – einer dieser Wege soll künftig NeDRex sein, eine interaktive Plattform für Drug Repurposing.

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Beim sogenannten Drug Repurposing – also beim übersetzt Arzneimittel-Wiederverwenden – handelt es sich um eine alternative Form der Arzneimittelentwicklung. Dabei werden neue Verwendungsmöglichkeiten für bereits bestehende Arzneistoffe gesucht. Dadurch können Kosten und Zeit minimiert sowie das Risiko bei der Zulassung gesenkt werden. Gerade letzteres spielt eine zunehmend größere Rolle, denn die Arzneimittelzulassungsbehörden reagieren aufgrund der teils nicht reproduzierbaren präklinischen Forschung vorsichtig.

Mit NeDRex (Network-based Drug Repurposing and exploration) schufen Forschende verschiedener Universitäten, unter anderem der Universität Hamburg und der Technischen Universität München, nun eine interaktive Plattform für netzwerkbasiertes Drug Repurposing sowie für die Entdeckung von Krankheitsmodulen. In den Datenquellen befinden sich nicht nur Targets und Wirkstoffe, sondern auch Gene, Krankheitsannotationen und deren Beziehungen zueinander. Mit der Datenbank können einzelne Medikamente priorisiert werden und die Ergebnisse statistisch validiert.

Neue Plattform bündelt biomedizinisches Wissen

„Die Daten für die Identifizierung von Signalwegen und Teilnetzen, die die Mechanismen komplexer Krankheiten beschreiben und potenzielle Arzneimittelziele enthalten, sind leider über unabhängige Datenbanken verstreut. Außerdem beschränken sich die vorhandenen Studien auf Vorhersagen für bestimmte Krankheiten“, sagt Sepideh Sadegh, Doktorandin an der TUM School of Life Sciences Weihenstephan (WZW) und Erstautorin der Studie, über die bisherige Datenlage. „Es besteht daher ein Bedarf an anpassungsfähigen Werkzeugen, die es biomedizinischen Forschern ermöglichen, Ansätze zum Repurposing von Arzneimitteln für ihre individuellen Anwendungsfälle einzusetzen – diese Lücke schließen wir mit NeDRex.“

Laut der Publikation muss man kein Informatiker sein, um die biomedizinischen Daten abrufen zu können. Die Plattform soll benutzerfreundlich gestaltet sein und allen offen stehen. Für die Zukunft sind die Einspeisungen weiterer Daten für die Suche geplant, zum Beispiel zu Krankheitssymptomen oder unerwünschten Arzneimittelwirkungen.

„Diese Lücke schließen wir mit NeDRex.“

Nach der Suche kommt die klinische Forschung

„Wir haben den Nutzen von NeDRex bereits in fünf spezifischen Anwendungsfällen getestet. So konnten wir Arzneimittelkandidaten identifizieren, die für die Behandlung von entzündlichen Darmerkrankungen, Lungenembolie, Chorea Huntington und Alzheimer weiter erforscht werden können“, sagt Prof. Dr. Jan Baumbach, Inhaber des Lehrstuhls für Computergestützte Systembiologie am Zentrum für Bioinformatik der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften an der Universität Hamburg und Mitautor der Studie. „Allerdings kann NeDRex nur potenzielle Wirkstoffkandidaten für eine weitere Bewertung liefern. Die Wirksamkeit der Arzneimittelkandidaten muss anschließend natürlich durch klinische Studien verifiziert und getestet werden.“

Ein Vorteil: Durch die Priorisierung auf bereits zugelassene Medikamente könne sogar die Präklinik übersprungen und direkt mit der klinischen Phase gestartet werden – was den Forschungsprozess bis zum Zulassungsantrag verkürzen kann.

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft

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