© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Drei Pflanzen

DREI MIT BESONDEREN BLÜTEN

Vor allem Pflanzen aus den Tropen und Subtropen faszinieren aufgrund einer spektakulären Blütenpracht. Besonders eindrucksvolle Blüten besitzen die Passionsblume, der Gefleckte Aronstab und die Rizinuspflanze.

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Stinkende Falle Der Gefleckte Aronstab (Arum maculatum L.) gehört zur Familie der Aronstabgewächse (Araceae) und ist die einzige heimische Spezies der Gattung Arum in Mitteleuropa. Arum-Arten sind vor allem in den Subtropen und Tropen verbreitet. Die 15 bis 60 cm hohe Giftpflanze verdankt sowohl ihren deutschen Beinamen als auch ihren Artnamen den bis zu 20 cm langen, bräunlich oder schwärzlich gefleckten Blättern (lat. maculatus = gefleckt).

Noch auffälliger sind aber ihre Blüten, die aus einem langen, braunen Blütenkolben (Spadix) bestehen, der von einem hellgrünen, tütenförmigen Hüllblatt (Spatha) umgeben ist, das sich nach unten kesselförmig erweitert und den Blütenstand umhüllt. Auf den Blütenstand sollen der deutsche Name Aronstab und der Gattungsname Arum zurückgehen. Arum soll aus dem Ägyptischen stammen und sich von dem Wort „aron“ ableiten, das mit Aaron, dem älteren Bruder Moses im Alten Testament in Verbindung gebracht wird.

Der Überlieferung nach soll dessen Stab als Zeichen seiner Auserwählung zum Hohepriester ergrünt sein, als er ihn auf die Bundeslade legte. Am unteren Ende des Blütenkolbens befinden sich die eigentlichen Blüten, wobei männliche und weibliche an einer Pflanze vorkommen (einhäusig getrenntgeschlechtlich). Ganz unten sitzen die weiblichen Blüten, darüber folgen die männlichen, über denen ein Kranz steriler, borstenartiger Blüten (Reusenhaare) steht. Dieser Blütenstand wird für kleine Insekten, die abends durch den unangenehmen nach Fäkalien riechenden Duft des Kolbens angelockt werden, zur Falle.

Um die Blüten zu bestäuben, lassen sie sich auf der Pflanze nieder und rutschen vom glatten Hüllblatt in den Kessel, wo sie so lange gefangen gehalten werden, bis die weiblichen Blüten befruchtet und die Reusenhaare erschlafft sind. Erst dann können die Insekten aus der Falle wieder am Kolbenstil emporklettern und entfliehen. Aus den Blüten entwickeln sich von August bis September süßlich schmeckende Beeren, die im reifen Zustand rot leuchten.

Sie sind wie die übrigen Teile giftig und lösen Intoxikationen aus, die auf Calciumoxalat und lösliche Salze der Oxalsäure zurückgeführt werden. Erste Symptome sind Reizungen in Mund und Rachen. Kurze Zeit später folgen Übelkeit, Erbrechen und Durchfälle. Nach Resorption in die Blutbahn können sich Erregungszustände, Herzrhythmusstörungen, Krämpfe und innere Blutungen einstellen.

Während einige Blüten durch ihr exotisches Aussehen auffallen, erregen andere durch ihre besondere Funktion oder ihre imposante Größe Aufsehen. Auf jeden Fall lohnt es sich, genauer hinzuschauen.

Symbolträchtige Blüte Die ursprünglich aus den tropischen Regenwäldern Mittel- und Südamerikas stammende Passionsblume (Passiflora incarnata L.) aus der Familie der Passionsblumengewächse (Passifloraceae) ist eine immergrüne ausdauernde Kletterpflanze mit eindrucksvollen Blüten. Die bis zu neun Zentimeter (cm) großen weißvioletten Blüten fallen durch ihren besonderen Blütenaufbau auf.

Die zehnblättrige Blütenhülle besteht aus einem fünfblättrigen weißlichen Kelch sowie aus fünf weißen Kronblättern, mehreren weißen und purpurroten, fädigen Nebenkronblättern und fünf auffälligen, gelben Staubblättern. Der graugrüne, behaarte Fruchtknoten ist oberständig und trägt drei weit auseinanderspreizende Griffel, die sich am Ende zu einer kopfförmigen Narbe verdicken. Passiflora incarnata L. bevorzugt sandige bis steinige, eher trockene Standorte und benötigt über die Hälfte des Tages Sonne, um ihre Blütenpracht von Juni bis September hindurch hervorzubringen.

Christliche Missionare Nordamerikas waren von der exotischen Blüte derart beeindruckt, dass sie ihr eine religiöse Symbolik zusprachen. Sie sahen in den Blüten mit dem ringförmig angeordneten, fadenförmigen bläulichen Strahlenkranz das Leiden Christi verdeutlicht. Ihre weiße Blütenfarbe sollte die Unschuld Christi, die Blütenblätter seine Jünger und die drei Blütennarben die Nägel versinnbildlichen, mit denen Jesus ans Kreuz genagelt wurde. Die fünf Staubblätter stellten seine Wundmale, der purpurrote Fadenkranz seine Dornenkrone und der gestielte Fruchtknoten den Pfahl der Geißelung dar.

Der Gattungsname Passiflora (von lat. passio = Leiden und flos = Blume) greift das Sinnbild auf und auch der Artname incarnata (von lat. incarnare = zu Fleisch geworden) verweist auf die Leidensgeschichte. Die Passionsblume blickt auf eine lange Tradition in der Heilkunde zurück. Ihr Gebrauch als Sedativum etablierte sich bereits im 17. Jahrhundert. Heute ist sie eine anerkannte Heilpflanze, deren beruhigende und angstlösende Effekte in Studien bestätigt wurden.

Imposante Rispe Die Rizinuspflanze (Ricinus communis L.) gehört zur Familie der Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae) und ist ursprünglich in den Subtropen und Tropen beheimatet. Sie wird in Mitteleuropa aufgrund ihrer auffälligen Blätter und Blüten gern als Zier- und Kübelpflanze gehalten. Die Pflanze hat einen dicken rotbraun gefärbten, oft blau bereiften stark verzweigten Stängel, an dem wechselständig große handförmig geteilte, langstielige Blätter sitzen, die einen Durchmesser von bis zu einem Meter erreichen können.

Von August bis Oktober blüht Rizinus mit grüngelben Blüten, die in endständiger Rispe angeordnet sind. Obwohl die einzelnen Blüten eher unscheinbar erscheinen, ist der gesamte Blütenstand schon allein aufgrund seiner Größe aufsehenerregend. Dabei blühen wie beim Gefleckten Aronstab männliche und weibliche Blüten an einer Pflanze (einhäusig getrenntgeschlechtig). Im oberen Teil des Blütenstandes befinden sich die gestielten weiblichen und im unteren die büschelig gehäuften männlichen Blüten.

Die weiblichen Blüten sind an den intensiv rot gefärbten Stempeln zu erkennen, die männlichen Blüten zeichnen sich durch ihre typischen gelben Staubblätter aus. Aus den Blüten entwickeln sich dreifächerige, mit Stacheln besetzte Kapselfrüchte, in denen drei ovale Samen mit einer harten, bräunlich marmorierten Schale zu finden sind. Durch das in ihnen steckende Ricin sind die Samen hoch toxisch. Bereits 30 Milligramm Ricin oral aufgenommen wirken letal. Das aus den Samen gewonnene Rizinusöl ist aber Ricin-frei, dadurch ungiftig und wird als Abführmittel verwendet.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/18 ab Seite 76.

Gode Chlond, Apothekerin

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