Aloe Vera©Natalia Plankina / iStock / Getty Images

Botanicals

DIE WÜSTENLILIE

Von den fast 450 Aloe-Arten sind vor allem Aloe vera L. und Aloe ferox Mill. von heilkundlichem Interesse. Sie dienen der Herstellung von Aloe-Latex und Aloe-vera-Gel. Doch was ist der Unterschied?

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Die Araber waren die ersten, die Aloe-Extrakte zum Abführen herstellten. Auf sie geht auch der Name Aloe zurück, der wahrscheinlich vom arabischen „alloeh“ und dem hebräischen „halal“ abstammt, was so viel wie „glänzend“ und „bitter“ bedeutet. Gleichzeitig schätzte man die Aloe-Pflanze bereits zur Zeit der Pharaonen als Schönheitsmittel. So sollen Kleopatra und Nofretete ihren Saft als hautpflegendes Mittel verwendet haben. Noch heute sind Aloe-Produkte im Gebrauch, wobei zwischen zwei unterschiedlichen Säften mit verschiedenen Anwendungsgebieten zu differenzieren ist. Prinzipiell werden aus den Blättern der auch als Wüstenlilie bezeichneten Aloe-Pflanze zwei Rohstoffe gewonnen: Aloe-Latex und Aloe-vera-Gel. Da beide Produkte umgangssprachlich als Saft bezeichnet werden, kommt es leicht zu Verwechselungen.

Aloe-LatexAloe-vera-Gel Davon ist das Aloe-vera-Gel zu unterscheiden. Es ist ein durchsichtiger, fast farbloser visköser Schleim aus dem Blattinneren, dem Mark der Blätter. Zu dessen Gewinnung werden die Blätter geschält und die im Blattinneren befindliche Masse mit Wasser herausgelöst, wobei man auch von Filetieren des Sekretes spricht. Da dieser Saft über einen hohen Gehalt (mehr als 90 Prozent) an Heteropolysacchariden (vor allem aus D-Glucose und D-Mannose) verfügt, wird er als Gel bezeichnet.

Darunter befindet sich unter anderem Acemannan als ein eingetragenes Warenzeichen für eine Glucomannan-Fraktion, der immunmodulierende Eigenschaften zugesprochen werden. Zudem finden sich im Gel einfache Zucker (z. B. Glucose, Mannose, Galactose, Xylose) sowie wasserlösliche Vitamine und Aminosäuren. Anthrachinone wie Aloin sind im Unterschied zum Blattsaft, dem Aloe-Latex, gar nicht oder nur in Spuren vorhanden. Das Gel wird daher auch nicht als Laxans, sondern als Trink-Saft oder getrocknet in Kapselform zur Nahrungsergänzung (z. B. bei unspezifischen Reizbeschwerden in Magen und Darm) oder als aufbauendes Tonikum angeboten.

Aufgrund seiner feuchtigkeitsbindenden und hautglättenden Eigenschaften wird es zudem zu kosmetischen Zwecken äußerlich als Feuchtigkeitsspender (Moisturizer) genutzt. Vor allem wird das Gel wegen seines kühlenden Effekts nach dem Sonnenbad als After-Sun-Pflege oder zur Linderung von juckenden Insektenstichen geschätzt. Daneben werden dem Aloe-vera-Gel auch antiphlogistische und wundheilungsfördernde Effekte zugesprochen, weshalb es auch bei Hautreizungen, entzündlichen Hauter krankungen und Verbrennungen zur Anwendung kommt.

Kakteenartige Sukkulente Zur Gewinnung der laxierenden Droge spielen vor allem die bis zu einem Meter hochwachsende Echte Aloe (Aloe vera L., Synonym Aloe barbadensis Mill. und Curacao-Aloe) und die zwei bis drei Meter hohe Kap-Aloe (Aloe ferox Mill.) eine Rolle. Die Gel-Produkte stammen von der Echten Aloe. Beide Aloe-Pflanzen sind stammlos und besitzen 15 bis 30 grau-grüne Blätter, die in Spiralform als Rosette angeordnet sind und aus deren Mitte sich ein aufrechter, traubenförmiger Blütenstand mit leuchtend gelben, orangefarbenen oder roten Blüten entwickelt.

Mit der Ernte der Blätter wird nach zwei bis drei Jahren begonnen, wobei pro Jahr immer nur bis zu acht der äußersten und damit ältesten Blätter abgetrennt werden. Auf diese Weise ist es möglich, eine Pflanze etwa zehn Jahre lang zu beernten. Die Blattränder der Aloe sind von einer sägezahnartigen Knorpellinie gesäumt, worauf sich der Artname der Kap-Aloe (lat. ferox = stark be wehrt, wild) Bezug nimmt. Die deutsche Bezeichnung Kap-Aloe greift das häufige Vorkommen dieser Aloe-Art in Gebieten östlich von Kapstadt in Südafrika auf.

Die Echte Aloe wurde hingegen nach den Karibik-Inseln Barbados und Curacao benannt, wohin sie im 16. Jahrhundert durch spanische Seefahrer gelangte. Die Aloe-Pflanzen gehören zu den Grasbaumgewächsen (Xanthorrhoeaceae), deren Verbreitungsgebiete in den tropischen und subtropischen Gebieten Afrikas, auf der arabischen Halbinsel, in den Mittelmeerländern, in Amerika und in Asien liegen. Sowohl die Echte als auch die Kap-Aloe sind an extrem trockene Standorte angepasst (Xerophyten). Als Sukkulenten, sind sie mit geringen Niederschlägen zufrieden und können lange Trockenzeiten aushalten.

Auf Qualität achten In der Apotheke sind sowohl Präparate mit Aloe-Latex als auch Aloe-vera-Gele erhältlich. Während erstere als abführende Arzneimittel zugelassen sind, handelt es sich bei den Aloe-Gelen um Nahrungsergänzungsmittel (NEM), die keine Anthrachinone enthalten dürfen. Auch ist es untersagt, sie mit einer gesundheitsbezogenen Aussage zu bewerben. Vielmehr ist bei der Abgabe von Aloe-vera-Gelen darauf zu achten, nur Aloin-freie Produkte auszuwählen. Produkte, die Extrakte aus reinem Blattgel oder reinem Blattmark enthalten, sind frei von Aloin.

Ebenso sind beispielsweise Produkte, die mit dem Gütesiegel des International Aloe Science Council (IASC) zertifiziert sind, Aloin-frei. Vor dem Hintergrund, dass bei unsachgemäßer Aufarbeitung der Aloe-Blätter Anthrachinone in das Gel gelangen können, hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) schon vor einigen Jahren darauf hingewiesen, dass NEM aus ganzen, ungeschälten Aloe-Blättern nicht zu empfehlen sind. Aus dem gleichen Grund weisen auch Untersuchungsämter der Lebensmittelüberwachung darauf hin, lieber auf die Selbstzubereitung von Aloe-Gelen zu verzichten.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 07/2021 ab Seite 56.

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