© John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston/USA

Krankheiten berühmter Persönlichkeiten

DIE LEIDEN DES JOHN F. KENNEDY

Es gibt genügend Geschichten über die angeblichen Verbindungen zur Mafia, seine Sex-Exzesse und seinen Tod. Die ungewöhnliche Krankengeschichte des amerikanischen Präsidenten hingegen blieb lange unter Verschluss.

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Erst im Jahr 2002, fast 40 Jahre nach dem Attentat auf Präsident John Fitzgerald „Jack“ Kennedy am 22. November 1963 in Dallas, Texas, durften ein Historiker und ein Arzt exklusiv die im Archiv der John F. Kennedy Library and Museum in Boston/USA liegenden Krankenakten einsehen. Diese offenbaren einen lebenslangen Leidensweg.

Ein Dauerpatient Schwere Scharlacherkrankung mit zwei Jahren, ab dem dreizehnten Lebensjahr unzählige Krankenhausaufenthalte wegen immer wieder fortschreitenden Gewichtsverlustes, ständiger Müdigkeit, starken Bauchschmerzen, Darmentzündung, einer Blinddarmentzündung, grippeähnlichen Erscheinungen, schwerem Nesselfieber und Knochenschmerzen prägten John F. Kennedys Jugend.

In der Studienzeit und vor allem von 1936 bis 1940 an der Harvard Universität, wo der Sohn eines reichen Investment-Unternehmers die Anziehungskraft der Frauen rege genoss und als „Playboy“ verschrien war, verschlimmerten sich seine schweren Magen- und Darmprobleme. Die von den Ärzten renommierter Krankenhäuser gestellten Diagnosen waren meist unspezifisch oder Zwölffingerdarmgeschwür, ein Mal auch Gelbsucht.

Parallel machten Kennedy immer wieder Rückenschmerzen, die schon dazu geführt hatten, dass er seine Leidenschaft für Football aufgeben musste, sowie Bandscheibenvorfälle zu schaffen. Auch dies führte letztlich zu mehreren Krankenhausaufenthalten und zu nur bedingt wirksamen Wirbelsäulenoperationen. Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes eigentlich untauglich für den Militärdienst, meldete er sich 1941 dennoch freiwillig bei der US-Armee. Die väterlichen Beziehungen mussten herhalten, um bei der US-Marine überhaupt als Offizier angenommen zu werden.

Bei einer geheimen Nachtaktion im August 1943 an seinem ohnehin schwachen Rücken erneut verletzt, wurde er wegen dieses Einsatzes und der Rettung eines Kameraden aber ausgezeichnet und in den USA als Kriegsheld gefeiert. Aufgrund einer Malariaerkrankung und seines sich weiter verschlechternden Rückenleidens war Mitte 1944 aber eine Rückkehr in den aktiven militärischen Dienst ausgeschlossen.

Die politische Karriere John F. Kennedys älterer Bruder Joseph überlebte den zweiten Weltkrieg nicht. Deshalb war es – nach Auffassung des politisch ambitionierten Vaters – nun Johns Aufgabe, sich politisch zu engagieren mit dem Ziel, amerikanischer Präsident zu werden. Mit Einsatz, aber auch vielen Millionen US-Dollar des Vaters, kam John F. Kennedy 1947 ins Repräsentantenhaus, im November 1952 in den Senat für Massachusetts und wurde im zweiten Anlauf auf das Präsidentenamt schließlich 1960 tatsächlich Präsident der Vereinigten Staaten. Auch während dieser politischen Karriere verbrachte er viel Zeit im Krankenhaus. Unter anderem musste er sich einer schweren Rückenoperation unterziehen. Komplikationen ließen ihn sogar ins Koma fallen. Dem Tode nahe, wurde ihm schon die letzte Ölung verabreicht. Doch Jack erholte sich langsam.

Verschleierungstaktik für den Sieg Gerüchte politischer Gegner, der Millionärssohn aus Boston sei gesundheitlich stark angegriffen und litte auch an einer Hormonstörung, Morbus Addison, wurden vom Familienclan, von Freunden, aber auch Ärzten immer wieder dementiert. Sogar ausführliche Gegendarstellungen wurden veröffentlicht: „Senator Kennedy hat keine Addisonsche Krankheit. Er nimmt keine Medikamente. Er nimmt kein Kortison.“

Doch tatsächlich litt John F. Kennedy an Morbus Addison! Die nach ihrem Entdecker, dem englischen Arzt Thomas Addison , benannte Krankheit ist ein Versagen der Nebennieren, was außerdem eine allgemeine Schwächung des Immunsystems zur Folge hat. Typische Anzeichen sind Muskelschwäche und Kälteempfindlichkeit, Magen-Darm-Probleme mit Gewichtsabnahme und Braunfärbung der Haut („Bronzehaut“- Krankheit).

Museum The Kennedys
Die Sammlung »THE KENNEDYS« der CAMERA WORK AG ist eine der weltweit umfassendsten Zusammenführungen aus Fotoarbeiten, offiziellen Dokumenten, privaten Papieren und Memorabilien der Kennedy- Familie. Sie legt in architektonisch inspirierender Atmosphäre Zeugnis vom Leben und von der Ausstrahlung dieser außergewöhnlichen Familie ab.

The Kennedys
Auguststraße 11 – 13
10117 Berlin-Mitte
Tel. 0 30/20 65 35 70
www.thekennedys.de
Öffnungszeiten:
Di bis So 11 bis 19 Uhr

Diagnostiziert wurde diese Erkrankung bei John F. Kennedy 1947 in einem Londoner Krankenhaus, nach einem seiner zahlreichen „Anfälle“ mit starkem Fieber, Übelkeit und Erbrechen. Das seit Jugendzeit nicht definierte Leiden hatte endlich einen Namen. Eine hoch dosierte Kortisontherapie, seit den späten 1930er-Jahren bekannt, brachte dem für die politische Karriere Auserkorenen zwar Linderung. Osteoporose war aber eine der Folgen. Und die Ärzte prognostizierten: Lebensdauer noch ein Jahr, nicht länger. Wir wissen, dass sie sich irrten.

Die bittere Wahrheit Von außen betrachtet – besonders auf Fotografien – wirkt John F. Kennedy wie ein charismatischer, fitter Mann im besten Alter. Doch dahinter verbarg sich ein schwerkranker Patient. Erst die tägliche Einnahme von bis zu zwölf verschiedenen Medikamenten wie Hydrokortison, Schmerzmittel, Testosteron, Antihistaminika, Schlafmittel, Antidepressiva, Amphetaminen und Antibiotika ermöglichten ihm ein halbwegs erträgliches Leben – oder überhaupt das Überleben. Auch während seiner Präsidentenzeit litt er unter anderem an schweren Durchfällen, hohem Fieber, Koliken, Lebensmittelallergien, Prostatabeschwerden und Harnwegsinfektionen.

Ein Korsett für den kaputten Rücken trug er ständig. Mit Krücken, die noch auf Bildern von Senatswahlen 1952/54 zu sehen sind, ließ er sich allerdings in der Öffentlichkeit nicht mehr blicken. Er vermied es strikt, auch nur den geringsten Anschein körperlicher Schwäche zu erwecken. Stattdessen erhielt er vor öffentlichen Auftritten gegen die starken Schmerzen Kodein, Methadon beziehungsweise ein halbes Dutzend Novocain-Injektionen in den Rücken. Durch seine erste Leibärztin Dr. Janet Travell, Pionierin der modernen Schmerztherapie, entdeckte er aber auch die Wirbelsäule entlastende Wirkung von Schaukelstühlen, die zu seinem treuesten Begleiter wurden.

Der Nachfolger von Janet Travell, Dr. Hans Kraus, verordnete zudem ein konsequentes Trainingsprogramm, Massagen und Wärmetherapie, die den körperlichen Allgemeinzustand des Präsidenten verbesserten. Ob das amerikanische Volk John F. Kennedy 1960 zum Präsidenten gewählt hätte, wenn die gesamte Wahrheit über seine Leiden bekannt gewesen wäre, bleibt umstritten. Sein Durchhaltevermögen und Einsatzwille im Hinblick auf seine rund tausend Tage Amtszeit mit der Hochphase des Kalten Krieges, Bau der Berliner Mauer, Kuba-Krise und Beginn des amerikanischen Raumfahrtprogramms zollen aber Respekt.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 01/14 ab Seite 72.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin

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