Heilpflanzen

DESINFIZIEREND: BÄRENTRAUBENBLÄTTER

Zubereitungen aus Bärentraubenblättern stellen in der Therapie akuter unkomplizierter Harnwegsinfekte eine sinnvolle Behandlungsoption dar.

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Arctostaphylos uvaursi SPRENG., die Bärentraube, gehört zur Familie der Ericaceae (Heidekrautgewächse) und ist in den gemäßigten Zonen der nördlichen Halbkugel beheimatet. Der dicht am Boden wachsende immergrüne Halbstrauch bildet mit seinen weitkriechenden Ästen dichte Polster. Die ledrigen, ovalen Blätter sind verkehrt eiförmig und auf der Oberseite glänzend dunkelgrün. Die weißen oder rosafarbenen Blüten stehen in endständigen Trauben und bringen scharlachrote beerenartige Früchte hervor. Arzneilich werden die getrockneten Blätter verwendet, die man aus Wildsammlungen in Spanien und Italien bezieht.

Zur Namensgebung Die deutsche Bezeichnung Bärentraube ist eine Übersetzung des botanischen Gattungsnamens Arctostaphylos, was vom griechischen arktos = Bär und staphyle = Traube kommt. Auch der lateinische Artenname hat mit uva = Traube und ursi = Bär die gleiche Bedeutung. Die Namensgebung Arctostaphylos uva-ursi stellt somit eine Tautologie dar. Ableiten soll sich der Name von dem Umstand, dass die reifen Beeren den Bären als Nahrung dienen. Andere volkstümliche Ausdrücke wie Stein- oder Sandbeere verweisen auf den Standort der Pflanze. Wilder Buchs nimmt auf die immergrünen Blätter und Moosbeere auf die teppichartige Verbreitung Bezug.

Alte nordische Heilpflanze Im Norden wurde die Bärentraube schon lange als Heilmittel benutzt. Man schätzte die Blätter volksmedizinisch bei Nieren- oder Steinleiden, Blasenentzündungen, Gallenbeschwerden, Rheuma, Gicht, chronischen Durchfällen und Husten. Sie wurde aber nicht nur zu Heilzwecken verwendet. Die Pflanze trug man auch am Körper, um Gespenster abzuwehren. Schließlich fand sie sich in englischen Kräuterbüchern des 13. Jahrhunderts als Heilpflanze bei Erkrankungen der Harnwege. In Deutschland erkannte man erst Ende des 18. Jahrhunderts ihre medizinische Bedeutung. Daneben wurden die Blätter auch zum Gerben von Leder oder Färben von Wolle eingesetzt.

TIPPS
Vorzugsweise sollte ein Kaltmazerat hergestellt werden, das weniger magenreizende Gerbstoffe als ein heißer Aufguss enthält. Magenempfindliche Personen können Reizungen zudem durch den gleichzeitigen Genuss von Pfefferminztee vorbeugen. Eine effiziente harndesinfizierende Wirkung ist bei der drei- bis viermal täglichen Gabe von drei Gramm (ein bis zwei Teelöffel) Droge auf 150 Milliliter Wasser zu erwarten. Sinnvoll ist die letzte Gabe vor dem Zubettgehen, damit sich die Wirkstoffe über Nacht im Harn anreichern können. Bei der Verwendung von Fertigpräparaten sollte darauf geachtet werden, dass diese ausreichend hoch dosiert sind (Tagesdosis 400 bis 840 Milligramm Hydrochinonderivate). Haben sich aber die Beschwerden nach fünf Tagen nicht gebessert, sollte ein Arztbesuch angeraten werden.

Antibakterielle Wirkung bestätigt Inzwischen sind die Bärentraubenblätter im Europäischen Arzneibuch aufgeführt und von der Kommission E, der WHO und der ESCOP bei Entzündungen der ableitenden Harnwege positiv monografiert. Für die antibakterielle, harndesinfizierende Wirkung werden insbesondere die Hauptwirkstoffe der Pflanze, die Phenolglykoside Arbutin und Methylarbutin, verantwortlich gemacht. Weiter enthaltene Gerbstoffe hemmen das Anhaften von Erregern an der Blasenschleimhaut und vermindern so deren Virulenz und fördern ihr Ausspülen mit dem Harnstrahl. Auch weisen sie wie die außerdem vorkommenden Flavonoide antiphlogistische Effekte auf, was sich beschleunigend auf den Heilungsverlauf auswirkt. Darüber hinaus werden sowohl immunmodulierende als auch harntreibende Wirkungen beobachtet.

Hydrochinon als aktiver WIrkstoff
Arbutin stellt ein Prodrug dar, das erst im Körper in das antibakteriell wirksame Hydrochinon umgewandelt wird. Dafür gelangt das aus dem Darm aufgenommene Arbutin zunächst in die Leber, wo es zu Hydrochinonverbindungen konjugiert und über die Niere ausgeschieden wird. Pathogene Bakterien aus dem Urin wiederum nehmen die Hydrochinonkonjugate auf und spalten sie enzymatisch in freies Hydrochinon. Dies tötet insbesondere gramnegative Bakterien ab, sodass das Wachstum der häufigsten Erreger von Harnwegsinfektionen gehemmt wird.

Keine Alkalisierung erforderlich Entgegen früherer Vorstellungen geht man heute davon aus, dass die Umwandlung zu freiem Hydrochinon nicht pH-abhängig ist. Da die Freisetzung zur Wirkform innerhalb der Bakterien stattfindet, ist eine Alkalisierung des Harns über eine Nahrungsumstellung oder Gabe von Natriumhydrogenkarbonat nicht notwendig. Außerdem wird die Empfehlung der Kommission E, Bärentraubenblätter nicht länger als eine Woche und höchstens fünfmal jährlich einzunehmen, neu diskutiert, da aktuelle Studien weder ein mutagens noch ein kanzerogenes Risiko bestätigen können.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/11 ab Seite 26.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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