© Alen-D / iStock / Thinkstock

PTA-Fortbildung 10/16

DER FEIND IN DEN BRONCHIEN

Viren haben in den Herbst- und Wintermonaten wieder Hochsaison und lösen einen Erkältungshusten aus. Er ist zwar sehr lästig, aber auch ein wichtiger Vorgang zur Reinigung der Atemwege.

Seite 1/1 18 Minuten

Seite 1/1 18 Minuten

Husten ist ein typisches Symptom, das nicht nur im Rahmen einer banalen Erkältung auftritt, sondern auch eine Vielzahl pulmonaler und kardialer Erkrankungen begleitet. Auch allergische Erkrankungen gehen häufig mit Husten einher. Daran sollten wir in der Beratung immer denken. In vielen Fällen ist eine Selbstmedikation zwar möglich, doch gehören einige der Betroffenen in die Hand des Arztes. Erfahren Sie, welche Ursachen einen Husten auslösen können, wie man die verschiedenen Arten eines Hustens behandeln kann und welche Wirkstoffe für die Selbstmedikation zur Verfügung stehen.

REZEPT ERFORDERLICH
Wenn freiverkäufliche Antitussiva nicht ausreichend helfen, einen hartnäckigen Reizhusten zu lindern, muss nicht immer ein verschreibungspflichtiges Codein-Präparat die Lösung sein. Es kann auch ein postinfektiöser Husten aufgrund einer bronchialen Hyperreagibilität vorliegen, bei dem in erster Linie Sprays mit Kortikosteroiden oder alternativ inhalative Beta-Sympathomimetika wirksam sind, für die allerdings auch ein Rezept benötigt wird. Daher sollte in der Beratung immer gefragt werden, wie lange der Reizhusten schon besteht, und gegebenenfalls an den Arzt verwiesen werden.

Bronchiale Reinigung Prinzipiell setzt Husten als ein Ersatzmechanismus des Körpers ein, wenn die natürliche Reinigungsfunktion der Atemwege nicht optimal funktioniert. Normalerweise sorgt ein physiologisches Reinigungssystem, das als mukoziliäre Clearance bezeichnet wird, für den Abtransport von Fremdmaterial. Dafür sind die Atemwege mit einer speziellen Schleimhaut ausgekleidet, die mit sekretproduzierenden Zellen und Drüsen versehen ist, welche ständig Sekret absondern, das die Schleimhaut befeuchtet und einen Schutzfilm vor dem Eindringen von Angreifern wie Viren und Bakterien oder anderen Fremdstoffen bildet.

Auf der Schleimhaut liegt zunächst ein dünner wässriger Film, die Solphase des Bronchialsekrets. In dieser Flüssigkeit bewegen sich Flimmerhärchen (Zilien). Darüber befindet sich eine Gelphase, die klebrig und dickflüssig ist. Alle Schwebeteilchen, die im Nasenraum nicht zurückgehalten wurden, werden in ihr festgehalten. Die stetige rhythmische Bewegung der Zilien schiebt die auf der Solphase liegende Gelphase mitsamt der darin gefangen Partikel und Mikroorganismen in Richtung Rachen, wo sie durch Verschlucken aus den Atemwegen befördert werden.

Zur Unterstützung des gesamten Reinigungssystems befindet sich zwischen der Sol- und Gelphase ein Schutzfilm, der Surfactant. Er wird in den Alveolarzellen Typ II und den Clara-Zellen in den Lungebläschen (Alveolen) und an der Übergangszone von Alveole und Bronchialschleimhaut gebildet. Als oberflächenaktive Substanz führt er zur Verbesserung der Fließeigenschaften des Bronchialsekrets, indem er verhindert, dass die Zilienspitzen in der Gelphase verkleben, und unterstützt damit die natürliche Reinigung der Bronchien.

Liegt eine Entzündung vor, beispielsweise aufgrund einer Infektion oder durch Rauchen, kommt es zu einer entzündungsbedingten Veränderung der Bronchialschleimhäute, die vermehrt ein zunehmend viskoseres Bronchialsekret bilden. Der Organismus reagiert mit Husten, um die mukoziliäre Clearance zu unterstützen.

Lebenswichtiger Hustenreflex Der Ersatzreinigungsmechanismus läuft unwillkürlich ab. Husten ist also ein Reflex, der sich nur schwer unterdrücken lässt. Allerdings ist er ein besonderer, denn es kann manchmal gelingen, den Husten in unpassenden Momenten zu unterdrücken. Der Hustenreflex wird durch Stimulation von Hustenrezeptoren in Gang gesetzt, die sich im gesamten Bereich der oberen und unteren Atemwege sowie im Brustfell, im Herzbeutel, am Zwerchfell, in der Speiseröhre und im Magen befinden.

Dabei ist die Verteilung der Rezeptoren nicht gleichmäßig. Am dichtesten ist sie am Kehlkopf und in seiner Umgebung. Reize, welche die Rezeptoren erreichen, werden über aufsteigende (afferente) Nervenbahnen in das Hustenzentrum im Zentralnervensystem weitergeleitet. Dieses liegt in der Medulla oblongata, einem Teil des Hirnstamms. Von dort aus bestehen Verbindungen zum Atemzentrum und zur Großhirnrinde, woraus sich eine eingeschränkte willentliche Kontrolle des Hustenreflexes erklärt.

Empfindliche Rezeptoren Die Reize können mechanischer, chemischer oder thermischer Natur sein. Je nach Art aktivieren sie morphologisch unterscheidbare Rezeptortypen. So werden die Chemorezeptoren, also C-Faserendigungen, die ganz nah an der Oberfläche des Atemwegsepithels liegen und vor allem im Hals und Rachen lokalisiert sind, durch pHVeränderungen, Rauch, giftige Gase oder Entzündungsmediatoren aktiv.

Die in der Bronchialmuskulatur befindlichen Mechano- oder Dehnungsrezeptoren reagieren auf Berührung und Druck von Schleimauflagerungen oder eingedrungenen Fremdkörperpartikeln. Überschreiten die Reize einen gewissen Schwellenwert, löst das Hustenzentrum über absteigende (efferente) Nervenbahnen den Reflex aus und die Erregung erreicht die Effektororgane Zwerchfell, Bauch- und Atemmuskulatur sowie Kehlkopf, was eine explosionsartige Ausatmung der Atemluft nach sich zieht. Da sich bei geschlossener Stimmritze durch die Anspannung der Atemmuskulatur ein sehr hoher Druck aufbaut, erreicht die ausströmende Luft bei plötzlicher Öffnung der Stimmritze Geschwindigkeiten von bis zu 1000 km/h. Diese kraftvolle Exspiration reißt Fremdkörper oder Sekret aus den Atemwegen mit sich und macht sich als Hustengeräusch bemerkbar.

Natürlicher Verlauf Im Rahmen einer Erkältung oder einer akuten Bronchitis treten in der Regel zwei Hustenformen auf. Am Anfang der Infektion präsentiert sich typischerweise zwei oder drei Tage lang ein unproduktiver Husten. Da er ohne Sekretproduktion einhergeht, wird er als trockener Husten bezeichnet und macht sich als Reizhusten bemerkbar. Er wird von Erregern ausgelöst, die sich primär in den oberen Atemwegen festsetzen und die zahlreich in Hals und Rachen befindlichen Hustenrezeptoren reizen.

Die Folge sind gerötete und geschwollene Schleimhäute in Rachen und Kehlkopf, die sich unangenehm mit Halsschmerzen und Heiserkeit bemerkbar machen. Zudem irritieren als Folge der viralen Zellschädigung ausgeschüttete Entzündungsmediatoren wie Prostaglandine oder Zytokine die dort befindlichen Chemorezeptoren. Deren Empfindlichkeit wird so gesteigert, dass schon bei niedrigen Reizen der Hustenreflex einsetzt. Dem trockenen Husten fehlt die Reinigungsfunktion. Er ist somit für den Betroffenen ohne Nutzen. Seine gewaltigen Stöße reizen und schädigen hingegen die erkältungsbedingt bereits entzündeten Schleimhäute erneut.

Diese reagieren mit noch heftigeren Hustenanfällen, die wiederum eine zunehmende Schleimhautirritation mit sich anschließenden verstärkten Reizhustenattacken und eine Verschlechterung des Allgemeinbefindens nach sich ziehen. Im weiteren Verlauf bilden die Becherzellen immer zähflüssigeren mukösen Schleim, den das körpereigene Reinigungssystem nicht mehr bewältigt. Die Flimmerhärchen schaffen es einfach nicht mehr, die Ansammlungen des zähen Schleims in Richtung Rachen weiterzubewegen.

Die natürliche mukoziliäre Clearance kommt damit ins Stocken und die Schleimmassen reizen die Mechanorezeptoren. Dadurch wird ein Hustenreiz ausgelöst, der einen Husten mit Sekretauswurf in Gang setzt. Der Schleim wird mitsamt der darin eingehüllten Erkältungserreger aus dem Organismus hinausbefördert. Dieser Husten wird als produktiv bezeichnet. Er markiert die zweite Phase eines Erkältungshustens und heilt in 60 Prozent aller Fälle nach zwei bis drei Wochen aus.

DIE ARZNEIFORM MACHT’S
Eine optimale Behandlung des Reizhustens berücksichtigt, ob der trockene Husten primär im Rachen oder in den Bronchien seinen Ursprung hat. Zu Anfang einer Atemwegsinfektion sind oftmals vornehmlich die Hustenrezeptoren im Hals und Rachen und weniger die in den tiefer liegenden Atemwegen befindlichen Rezeptoren gereizt. Dieser Rachenhusten lässt sich prinzipiell mit hustenstillenden und hustenreizlindernden sowie lokalanästhetischen Wirkstoffen behandeln. Mit Wahl einer geeigneten Arzneiform lässt sich zudem eine besonders effiziente Linderung erreichen. So sind beim Rachenhusten Lutschtabletten und Säfte anderen Darreichungsformen wie Tropfen, Tabletten, Dragees oder Kapseln in ihrer Hustenlinderung überlegen, da sie ihre Wirkung auch als Demulzienz entfalten. Auch bei einem produktiven Husten kann die rezeptoreinhüllende Wirkung der Demulzentia vom Betroffenen als sehr angenehm empfunden werden. Durch tage- manchmal wochenlanges Husten sind die Schleimhäute im Mund- und Rachenraum sehr gereizt. Kommen expektorierende Präparate mit Ambroxol als Saft, Lutschpastillen oder –tabletten zur Anwendung, lässt sich dieser positive Effekt erreichen.

(K)ein Ende abzusehen Es ist aber auch möglich, dass im Anschluss wieder ein trockener Reizhusten folgt. Somit kann der Betroffene insgesamt bis zu acht Wochen von Hustenattacken geplagt sein, was aber physiologisch ist. Man spricht von einem postinfektiösen Husten, der den eigentlichen Infekt überdauert. Er kann sich aufgrund einer lang anhaltenden Entzündung oder langsam abheilender Epithelschäden entwickeln. Folge sind offengelegte Hustenrezeptoren, die nachhaltig gereizt werden.

Möglich ist auch, dass ein akuter Infekt der oberen und unteren Atemwege eine Überempfindlichkeit der Rezeptoren (bronchiale Hyperreagibilität) hervorruft, die eine erhöhte bronchiale Reaktionsbereitschaft auslöst. Normalerweise ist dieser langanhaltende Husten selbstlimitierend, in einigen Fällen ist aber eine medikamentöse Unterstützung zum schnelleren Abklingen indiziert. Bestimmte Erreger lassen den Betroffenen grundsätzlich deutlich länger husten. So quälen beispielsweise Adenoviren, Mykoplasmen oder Bordetella pertussis die Betroffenen sechs bis acht Wochen lang. Ein Keuchhusten kann sogar noch langwieriger sein und sich über Monate hinziehen.

Chronischer Husten Besonders häufig geht ein über acht Wochen andauernder Husten auf eine chronische Bronchitis zurück, bei der eine dauerhafte Entzündung der Bronchien Husten mit Auswurf auslöst. Tritt dazu noch eine spürbare Atemnot hinzu, sind die typischen Merkmale einer chronisch obstruktiven Bronchitis (COPD) erfüllt: Auswurf, Husten und Atemnot. Sie sind Anzeichen dafür, dass die Lungenstruktur durch die lange Entzündungsreaktion dauerhaften Schaden genommen hat.

Folge ist eine Zerstörung und Rückbildung der Bronchialschleimhaut, wodurch die Bronchien dauerhaft verengen und die Lungenfunktion stark eingeschränkt wird. Der wichtigste Risikofaktor für die Entstehung der chronischen Lungenerkrankung ist das langjährige Rauchen. Intensiver Tabakkonsum behindert ein Ausheilen akuter Bronchitiden, was deren Chronifizierung begünstigt. Damit ist ein von vielen Tabakkonsumenten verharmlosend betrachteter Raucherhusten als ein äußerst ernstzunehmendes Symptom anzusehen, das zum sofortigen Einstellen des Rauchens animieren sollte.

QUÄLENDER HUSTEN
Im Säuglings- und Kleinkindalter sind Pseudokrupp-Anfälle gefürchtet. Dabei kommt es durch eine stark entzündliche Schleimhautschwellung unterhalb des Kehldeckels zu starken Atembeschwerden, die von einem plötzlich auftretenden bellenden Husten, Heiserkeit sowie einer pfeifenden Einatmung (inspiratorischer Stridor) begleitet ist. Da die Auslöser meist Viren sind, werden keine Antibiotika eingesetzt. Hingegen werden im akuten Zustand hochdosierte Kortisonzäpfchen (Prednison) notwendig, um die entzündliche Schwellung und somit die Atemnot zu beseitigen. Außerdem sollte das Kind während eines Pseudokruppanfalls zur Beruhigung auf den Arm genommen werden. Zur Schleimhautabschwellung kann man das Kind unterstützend am offenen Fenster frische Luft einamten lassen. Erleichterung bringt zudem feuchtwarmer Dampf aus dem Wasserhahn oder Kochtopf. Beim echten Krupp handelt es sich um Diphtherie. Diese Erkrankung ist heute bei uns kaum noch bekannt, da dagegen erfolgreich geimpft wird. Es ist eine durch das Corynebacterium diphtheriae ausgelöste Entzündung der Schleimhäute im Nasen- und Rachenraum, deren schwere Krankheitsverläufe und Komplikationen gefürchtet sind. So können die Bakterien und ihre gewebeschädigenden Zellgifte (Toxine) nicht nur Atemnot oder Erstickungsanfälle mit bellendem Husten (echter Kruppanfall), sondern auch eine Schädigung des Herzens mit schweren Herzrhythmusstörungen bewirken, welche selbst bei einer rechtzeitigen Behandlung mit Antibiotika und Antitoxinen in 20 Prozent der Fälle zum Tod führen. Zu den langwierigsten Infektionskrankheiten, die mit quälendem Husten verbunden sind und bei Neugeborenen und Säuglingen bedrohlich werden können, zählt die durch Tröpfcheninfektion mit dem Bordetella pertussis-Bakterium hervorgerufene Pertussis-(Keuchhusten-)Erkrankung. Das Bakterium bildet Toxine, welche die Schleimhäute der Atemwege schädigen und lokale Entzündungsreaktionen auslösen. Nach einer symptomfreien Inkubationszeit beginnt die Infektion mit untypischen Krankheitszeichen einer banalen Erkältung. In diesem Stadium (Stadium catarrhale) wird der Husten selten als Keuchhusten erkannt, allerdings besteht dann die höchste Ansteckungsfähigkeit. Zwei Wochen später folgt das zweite Stadium (Stadium convulsivum) mit typischen stakkatoartigen Hustenanfällen, die sich besonders in der Nacht durch krampfartige Hustenstöße mit Atemnot, einem hörbarem Einziehen der Luft und Auswurf von zähem Schleim bemerkbar machen. Solche Anfälle sind besonders für die ganz Kleinen lebensgefährlich, da in den ersten Lebensmonaten die Gefahr von Hirnschädigungen durch Sauerstoffmangel besteht. Bei größeren Kindern kommen Komplikationen wie Pneumonien (Lungenentzündung) oder Bronchitiden (Entzündung der Bronchien) häufig vor. Nach fünf bis sechs Wochen ist das dritte Stadium (Stadium decrementi) erreicht und die Hustenattacken nehmen langsam ab. Mit einer Antibiotikagabe (Makrolide über 14 Tage) kann der Krankheitsverlauf im Anfangsstadium verkürzt und gemildert werden. Bei einem späteren Einsatz haben sich die Toxine schon in den Zellen festgesetzt und unterhalten das Krankheitsgeschehen. Dennoch ist diese Medikation auch dann sinnvoll, weil damit die Ansteckungsfähigkeit beseitigt und die Komplikationen verringert werden. Antitussiva helfen nicht, aber eine Impfung ist möglich. Sie ist Bestandteil der STIKO-Empfehlungen.

Arztbesuch empfehlen Wichtiger als die Unterscheidung der Hustenform (produktiv oder unproduktiv) ist die Einteilung in einen akuten oder chronischen Husten, da die Dauer ein wichtiger Hinweis darauf sein kann, ob eine Therapie in Eigenregie möglich oder ein Arztbesuch erforderlich ist. Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) gilt ein Husten bis zu acht Wochen als akut, danach wird er chronisch.

Ein akuter Husten ohne begleitende bedrohliche Symptome wie Atemnot, hohes Fieber, Bluthusten oder starke Thoraxschmerzen geht zumeist auf akute virale Infekte zurück und klingt bei gesunden Personen nach kurzer Zeit von selbst ab. Symptomlindernde Medikamente können empfohlen werden, wenn der Betroffene sich von den Beschwerden sehr beeinträchtigt fühlt. Chronischer Husten erfordert hingegen immer eine diagnostische Abklärung durch den Arzt und ist neben dem Rauchen auf eine Vielzahl behandlungsbedürftiger Erkrankungen zurückzuführen.

Nicht nur eine COPD, auch Asthma, Endokarditis, Tuberkulose, Allergien, Medikamente oder Reflux sind häufige Ursachen. Wünscht der Hustengeplagte Linderung seines quälenden Hustens, können ihm natürlich auch rezeptfreie Hustenmittel empfohlen werden. Allerdings sollte ein Hinweis auf eine Vorstellung beim Arzt nicht fehlen. Prinzipiell sind Hinweise, die einen Arztbesuch nahelegen, Fieber über 39 °C, Schmerzen beim Atmen, Atemnot, eitriger oder blutiger Auswurf, Begleiterkrankungen oder ein Verdacht auf arzneimittelbedingten Husten.

Zudem sollten sich ältere Personen, Schwangere, Stillende, Säuglinge und Kleinkinder mit Husten vom Arzt untersuchen lassen. Gerade bei älteren Patienten mit länger andauerndem Husten können schwerwiegende Erkrankungen dahinter stecken, die eine ärztliche Behandlung erfordern. Auch bedürfen ihr Allgemeinzustand und chronische Begleiterkrankungen besondere Aufmerksamkeit.

Säuglinge und Kleinkinder sollten sich lieber einmal öfter als zu wenig beim Arzt vorstellen, da bei ihnen häufig typische Erkrankungen wie Keuchhusten, Pseudokrupp, eine durch Mykoplasmen ausgelöste Lungenentzündung (Mykoplasmenpneumonie) oder eine Mittelohrentzündung (Otitis media) für den Husten verantwortlich sein können. Gefährlich bei den ganz kleinen Patienten sind zudem unerkannte Herzfehler oder eingeatmete Fremdkörper.

Warten Sie grundsätzlich nicht zu lange, Ihrem Kunden einen Rat für einen Arztbesuch zu geben. Sinnvoll kann eine ärztliche Abklärung schon nach drei Wochen sein, wenn sich der Husten unverändert ohne Tendenz zur Besserung zeigt oder sogar verschlimmert. Dann ist oft eine bakterielle Superinfektion eingetreten, bei der Abwarten oder rezeptfreie Hustenmittel nicht immer ausreichend sind. Besonders häufig lösen Streptococcus pneumoniae, Staphylococcus aureus und Haemophils influenza bakterielle Bronchitiden oder Sinusitiden aus.

Antitussiva Bei einem trockenen Reizhusten kommen Wirkstoffe zum Einsatz, die den Hustenreiz stillen oder lindern. Sie wirken entweder zentral am Hustenzentrum im zentralen Nervensystem (ZNS) oder peripher über einen Angriff an den Hustenrezeptoren in der Luftröhre und den Bronchien sowie über eine Beeinflussung der afferenten Leitung der Signale zum Hustenzentrum. Bei ersterem Wirkprinzip wird oft fälschlicherweise von Hustenblockern gesprochen.

Diese Bezeichnung ist jedoch nicht richtig, da ein Abhusten bei Bedarf erhalten bleibt. Die Substanzen heben vielmehr die Reizschwelle im Hustenzentrum an und führen so zu seltener auftretenden und weniger intensiven Hustenattacken. Als Goldstandard gelten Codein und Dihydrocodein. Diese Opiate sind jedoch verschreibungspflichtig, da sie als Nebenwirkung ein Suchtpotential aufweisen und Atemdepression, Sedierung und Obstipation hervorrufen können. Ebenso erfordert auch das zu den Opioiden zählende Noscapin ein Rezept.

Für die Selbstmedikation stehen Dextromethorphan und Pentoxyverin zu Verfügung. Während Dextromethorphan nicht bei COPD und Asthma eingesetzt werden darf, sind diese Atemwegserkrankungen beim Pentoxyverin keine Kontraindikation. Vorteil von Pentoxyverin ist zudem seine spasmolytische und leicht bronchodilatorische Komponente. Weder ein Abhängigkeits- noch Missbrauchspotential ist bekannt. Allerdings kann – wie auch bei Dextromethorphan – die Reaktionsfähigkeit beeinträchtigt sein.

Zu den peripher wirksamen Substanzen zählen das lokal wirkende Dropropizin sowie die systemisch verfügbaren Substanzen Benproperin und Levodropropizin, wobei letzteres der Verschreibungspflicht unterliegt. Zudem werden Lokalanästhetika zu den peripheren Antitussiva gerechnet. Sie heben die elektrophysiologische Aktivität der Rezeptoren und der afferenten Nervenfasern auf. Dazu zählt beispielsweise das als Sekretolytikum eingesetzte Ambroxol. Neben seiner expektorierenden (Haupt-) Wirkung weist es einen hustenstillenden Effekt durch eine Herabsetzung der Empfindlichkeit periphere Hustenrezeptoren im Rachen auf.

Die Rezeptoren im Kehlkopf und in den Bronchien werden nicht erreicht. Ambroxol kann seine hustenreizlindernde Wirkung aber nur bei lokaler Applikation erzielen. Dafür können nicht nur die Lutschtabletten, sondern auch der Saft verwendet werden, der dann aber nicht sofort hinuntergeschluckt werden darf.

Pflanzliche Alternativen Den gleichen Effekt erreichen Schleimdrogen wie Eibisch, Isländisch Moos, Malve, Wollblumen oder Spitzwegerich. Auch sie lindern über einen lokalen Angriff der Hustenrezeptoren im Rachen den Hustenreiz. Sie werden als Demulzenzien oder Linderungsmittel bezeichnet und stehen in vielfältigen Darreichungsformen (z. B. Säfte, Lutschtabletten, Gurgellösungen, Hustentees, Hustenbonbons) zur Verfügung.

Ihre hustenreizlindernde Wirkung beruht auf den Schleimbestandteilen und dem Zuckersirup, der in den verschiedenen Formulierungen enthalten ist. Sie legen eine beruhigende Schutzhülle auf die Rezeptoren der entzündeten Schleimhaut im Mund- Rachenraum. Da Demulzenzien nur 30 Minuten am Rezeptor verweilen, müssen sie mehrmals täglich appliziert werden.

Expektoranzien Wird der Husten produktiv, kann der Schleimauswurf mit Substanzen unterstützt werden, die eine Verflüssigung des Sekrets und dessen Abtransport aus den Atemwegen fördern. Diese als Expektoranzien bezeichneten Wirkstoffe erreichen ihre hauptsächliche Wirkung durch Erhöhung des Sekretvolumens (Sekretolyse) und Herabsetzung der Viskosität (Mukolyse). Dadurch verflüssigt und löst sich der Schleim. Der Zilienapparat wird wieder in Gang gesetzt und die mukoziliäre Clearance unterstützt (sekretomotorische Wirkung).

Bewährte Klassiker unter den chemisch-synthetischen Hustenlösern sind Acetylcystein (ACC) und Ambroxol. Bromhexin und Guaifenesin sind bei uns weniger verbreitet. ACC und Ambroxol weisen sekretolytische, sekretomototische und antientzündliche Effekte auf. ACC spaltet Disulfidbrücken der Mukopolysaccharidfasern des Schleims und depolymerisiert ihn, was die Viskosität des Schleims herabsetzt. Zudem wird ein regulierender Effekt auf schleimproduzierende Zellen diskutiert.

Der Wirkstoff ist gut verträglich, selten kommt es zu Magen-Darm-Beschwerden oder Allergien. Allerdings müssen potenzielle Wechselwirkungen mit einigen Antibiotika wie Tetracyclinen (außer Doxycyclin), Aminoglykosiden und Penicillin beachtet werden, sodass vorsichtshalber ein zweistündiger Einnahmeabstand zwischen Antibiotikagabe und Expektoranz eingehalten werden sollte. Ambroxol erfordert derartige Sicherheitsmaßnahmen nicht. Im Gegenteil, bei gleichzeitiger Einnahme von Ambroxol und einigen Antibiotika wie Amoxicillin, Cefuroxim, Erythromycin und Doxycyclin vermag das Expektorans die Verfügbarkeit dieser antibakteriellen Substanzen im Bronchialsekret zu steigern.

Die gute Verträglichkeit von Ambroxol entspricht der von ACC, aber auch hier sind Übelkeit oder allergische Reaktionen möglich. Der Wirkmechanismus konnte für Ambroxol in zahlreichen Untersuchungen aufgezeigt werden. So greift der Wirkstoff in verschiedene Stellen des natürlichen Reinigungsmechanismus der Atemwege ein. Zum einen stimuliert Ambroxol die Bildung von dünnflüssigem Sekret und sorgt dafür, dass mehr Surfactant mit seinem Anti- Klebe-Effekt bereitgestellt wird. Damit wird der Hustenschleim flüssiger und löst sich. Zudem aktiviert Ambroxol die Flimmerhärchen, indem er deren Schlagkraft und Schlaggeschwindigkeit erhöht.

Damit kommt die biologische Reinigung wieder in Schwung, wodurch das Abhusten erleichtert wird. Über eine Normalisierung des Sekrets schützt Ambroxol letztendlich vor neuen Ansammlungen von zähem Schleim und das gesunde Sekret kann sich als körpereigener Schutzfilm wieder auf die Atemwegsschleimhaut legen und vor dem Eindringen weiterer Erreger bewahren. Eine aktuelle Untersuchung zeigt zudem, dass Ambroxol antientzündliche Eigenschaften besitzt. Der Wirkstoff hemmt entzündungsfördernde Mediatoren wie Leukotrien LTB4 und fördert antientzündliche Prozesse über eine Stimulation entzündungsbeendender Faktoren wie Lipoxin A4.

Daher profitieren nicht nur Patienten mit einem akuten Erkältungshusten, sondern auch solche mit einer chronischen Atemwegsentzündung wie der COPD von einer zusätzlichen Ambroxol Einnahme zu ihrer Standardtherapie.

Pflanzliche Hustenlöser Zudem können Phytopharmaka eingesetzt werden. Bewährte Kombinationen sind Thymian und Efeu sowie Thymian und Primelwurzel. Ebenso gut wirksam sind Efeuextrakte. Ihre pharmakologischen Effekte sind vor allem auf die Triterpensaponine zurückzuführen. Unter diesen spielt das Hederacosid C eine besondere Rolle, welches als Prodrug im Körper in die eigentliche Wirkform alpha-Hederin umgewandelt wird.

Untersuchungen konnten zeigen, dass alpha-Hederin direkt an den Bronchialmuskelund Lungenepithelzellen angreift, wo es über einen indirekten beta-2-adrenergen Effekt eine sekretolytische und bronchospasmolytische Wirkung erzielt. Darüber hinaus sind Präparte mit Cineol und ELOM-080 eine gute Empfehlung. Bei letzterem handelt es sich um ein Öl-Mischdestillat aus rektifiziertem Eukalyptus-, Süßorangen-, Myrten- und Zitronenöl – in der Vergangenheit auch als Myrtol® bekannt. Die ätherischen Öle verbessern nicht nur die mukoziliäre Clearence, sondern haben auch antioxidative und antiinflammatorische Effekte.

Eine wirksame pflanzliche Option ist zudem der Wurzelextrakt aus Pelargonium sidoides, der Kapland- Pelargonie. Bei dem Spezialextrakt handelt es sich um ein komplexes Vielstoffgemisch mit einem breiten Wirkspektrum, das sich bei der Behandlung einer akuten Bronchitis sekretomotorisch, antiviral, antibakteriell und immunstimulierend zeigt. Es ist ein typisches Merkmal der pflanzlichen Hustenmittel, dass sie als Vielstoffgemische ein breites Wirkstoffspektrum aufweisen und nicht immer in reine Antitussiva oder Expektoranzien unterteilt werden können.

So haben Thymian- und Efeupräparate nicht nur eine expektorierende Wirkung, sondern können auch als Antitussiva eingesetzt werden. Präparate mit Spitzwegerich wirken hingegen nicht nur hustenreizlindernd, sondern auch schleimlösend.

Ätherische Öle Es gibt sie auch zum Inhalieren, Einreiben oder als Badezusatz. Vor allem kommen Eukalyptusöl, Kiefernnadelöl und Pfefferminzöl zum Einsatz. Besondere Vorsicht ist bei Säuglingen und Kleinkindern unter zwei Jahren geboten. Die Kleinen können bei der Anwendung von Zubereitungen mit Menthol, Cineol und Campher mit lebensbedrohlichen Nebenwirkungen wie einem reflektorischen Stimmritzenkrampf (Glottiskrampf), Bronchospasmen und Atemdepression reagieren. Daher ist bei der Auswahl geeigneter Präparate auf die Altersbeschränkung zu achten. Die meisten Zubereitungen sind für die perkutane Anwendung erst für Kinder ab zwei Jahren zugelassen. Eine Anwendung in Form einer Wasserdampfinhalation ist meist sogar erst ab sechs Jahren möglich.

Einnahmehinweise Lange Zeit galt es als ein absolutes No go, Expektoranzien mit Antitussiva zu kombinieren. Bei der Therapie sollten dem Krankheitsverlauf entsprechend entweder ausschließlich antitussive oder expektoriende Wirkstoffe zur Anwendung kommen. Das hieß in der Praxis, die ersten drei Tage nur ein Antitussivum und im Anschluss ein Expektorans einzunehmen. Hinter dieser Empfehlung stand die Befürchtung, dass es zu einem Sekretstau kommen könnte, wenn man zur Nacht einen Hustenstiller gibt und zuvor tagsüber die Schleimverflüssigung angeregt wurde.

Heute hat aber ein Umdenken stattgefunden und Experten empfehlen tagsüber das Abhusten mit Expektoranzien zu erleichtern und mit einer abendlichen Einnahme von Antitussiva in der Nacht für Ruhe zu sorgen. Aber natürlich können Sie weiterhin Ihrem Kunden raten, den Husten phasengerecht zu therapieren.

Unnötige Antibiotika Ein Erkältungshusten und akute Bronchitiden sind selten bakteriell bedingt. Vielmehr sind Viren – zumeist Rhinoviren – in der überwiegenden Mehrzahl die Auslöser. Selbst ein gelb oder grün verfärbtes Sekret muss nicht auf Bakterien zurückzuführen sein. Daher sind bei Husten in der Regel keine Antibiotika indiziert. Sogar wenn Bakterien nachgewiesen wurden, sind Antibiotika keine routinemäßige Therapieoption bei einem gesunden Patienten.

Dem minimalen Vorteil (geringer Zeitvorteil bei der Besserung der Symptome), der durch die Verordnung von Antibiotika erreicht werden kann, stehen indessen Nebenwirkungen und eine Zunahme der Antibiotikaresistenzen entgegen. Antibiotika sind nur bei selten auftretenden bakteriellen Superinfektionen einer akuten Bronchitis oder bei akuten bakteriellen Infekten der oberen Atemwege wie einer (Rhino-) Sinusitis, eitrigen Tonsillitis, Pharyngitis und eventuell einer Otitis media indiziert. In diesen Fällen empfehlen Leitlinien eine kalkulierte antibiotische Therapie unter Berücksichtigung der am häufigsten verursachten Keime und der örtlichen Resistenzlage. Eine gezielte (nach Kultur und Resistenztestung festgesetzte) antibiotische Therapie ist bei erweiterten Bronchien mit Sekretstau (Bronchiektasien mit und ohne zystische Fibrose) vorgesehen.

Gefragte Homöopathika Immer mehr kommen Einzeloder Komplexmittel aus dem Bereich der Homöopathie zum Einsatz. Die Wahl eines klassischen Einzelmittels richtet sich nach den Leitsymptomen. Meist werden Globuli in D6 oder D12 eingesetzt. Komplexhomöopathika enthalten auch niedrigere Potenzen, wobei auch Urtinkturen eine Rolle spielen. Bei einem sekretarmen Husten sind Rumex (typischer Reizhusten), Bryonia (schmerzhaft) und Hyosyamus (abends im Liegen nicht endend) und Spongia (heisere Stimme, vom Kehlkopf ausgehend) bewährte Empfehlungen.

Drosera (keuchhustenähnliche Anfälle), Sticta (verschleimt, aber leicht lösend), Ipecacuanha (krampfartige Anfälle mit starker Verschleimung), Coccus cacti (zäher Schleim, der kaum abgehustet werden kann) und Antimonium sulfuratum nigrum (starke Verschleimung mit Luftnot) sind Klassiker bei einem sekretreichen Husten. Erscheinen mehrere Mittel passend, dann kann ein Komplexhomöopathikum für den Betroffenen geeignet sein. Weiterer Vorteil für die Kombinationspräparate ist, dass sie meist so zusammengesetzt sind, dass sich die Mittel bei gleichzeitigem Einsatz in ihrer Wirkung verstärken sollen.

Begleitende Hinweise Geben Sie Ihrem Kunden im Beratungsgespräch Tipps mit auf den Weg, wie er mit einfachen Maßnahmen, seinen Husten lindern und schneller wieder loswerden kann:
- Dem Körper Ruhe und Schonung gönnen
- Rauchkarenz (aktiv und passiv)
- Auf eine ausreichende Trinkmenge achten
- Raumluft feucht halten (z. B. mit Luftbefeuchtern, nassen Handtüchern über der Heizung)
- Wärme anwenden (z. B. warme Kartoffelbrustwickel, Wärmflasche auf die Brust legen, Erkältungsbäder nehmen, Rotlicht)
- Wasserdampfinhalationen (20 Minuten bei 43 °C) können zu einer Linderung der Symptome führen (evtl. Kamille oder andere ätherische Öle beifügen)
- Einreibungen mit ätherischen Ölen
- Hustenstillende oder hustenlösende Teemischungen trinken

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

×