Querschnitt durch Gehirn und Nase während an Straß Rosen gerochen wird© Design Cells / iStock / Getty Images Plus
Was passiert beim Riechen und woher kommt der anhaltende Geruchsverlust nach einer COVID-19-Infektion?

Dauerhafte Veränderung nach Corona

MÖGLICHE URSACHE FÜR GERUCHSVERLUST GEFUNDEN

Viele haben es selbst erlebt: Plötzlich riecht und schmeckt man nichts mehr, wenn einen Corona erwischt hat. Das ist unangenehm, aber hält meist nicht lange an. Doch es gibt Menschen, die dauerhaft unter dem Verlust des Geruchssinns leiden. Neue Forschungsergebnisse geben Hinweise auf die Ursachen.

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Ein Team um John Finlay von der Duke University in Durham, USA, hat das sogenannte olfaktorische Epithel in der Nase von Betroffenen genau untersucht und Veränderungen entdeckt, die die Zahl der Nervenzellen vermindern und so den Geruchssinn ausschalten.

Die Wissenschaftler in Durham betrachteten das Riechgewebe von Patienten, die nach einer überstandenen Infektion mit SARS-CoV-2 an bestehendem Geruchverlust litten, mindestens vier Monate lang. In der Kontrollgruppe befanden sich sowohl Genesene als auch Menschen, die noch nicht an COVID-19 erkrankt waren.

Kleine Zelle, große Wirkung

SARS-CoV-2 dringt bei einer akuten Infektion in die sogenannten Stützzellen ein. Dabei handelt es sich um Zellen im Nasengewebe, die wichtige Aufgaben übernehmen. Zum Beispiel bilden sie eine Barriere für Schadstoffe, die durch die Nase eindringen, und sind verantwortlich für deren Abbau. Außerdem regeln sie den Ionengehalt des Schleims, der die empfindlichen Dendriten der Geruchsnervenzellen schützt. Durch die Schädigung der Stützzellen kommt es also zu einem Verlust an Nervenzellen, was zum Geruchsverlust führt. Wenn die Viren aus dem Körper verschwunden sind, regenerieren sich die Zellen wieder. Meist können die Betroffenen binnen ein bis zwei Wochen wieder normal riechen und schmecken.

Was ist nach Corona anders?

Bei den vom dauerhaften Geruchsverlust betroffenen Menschen fand sich zwar kein Virusmaterial mehr, aber im Nasengewebe selbst konnten die Wissenschaftler Veränderungen erkennen.

Proinflammatorische T-Zellen waren in erhöhter Zahl vorhanden, gleichzeitig fand man weniger entzündungsregulierende Makrophagen. Die hierdurch fortbestehende Entzündungsreaktion scheint die Zahl der Nervenzellen dauerhaft zu reduzieren, was den Geruchsverlust erklärt. Der Entzündungsherd zeigte sich nur mittels bestimmter Färbe- und Sequenzierungstechniken, die Patienten hatten keinerlei Symptome oder nachweisbare Schleimhautschäden. Lediglich auf Zellebene konnte man eine Immunreaktion erkennen.

Vielversprechender Ansatz

Die bisherige Forschung beschränkte sich auf Autopsien von an COVID-19 verstorbenen Menschen. Die Studie von John Finlay und seinem Team ist daher besonders interessant, denn erstmals wurde ausschließlich Nasengewebe untersucht, das frisch entnommen wurde und sicher von Personen mit anhaltendem Geruchsverlust stammte.

Wegen der pandemiebedingten Einschränkungen konnte nur eine geringe Zahl an Proben entnommen werden. Trotzdem hoffen die Wissenschaftler, dass die Ergebnisse bei der Behandlung des Geruchsverlustes hilfreich sind. Die Nasenschleimhaut ist gut mit lokal entzündungshemmenden Arzneistoffen behandelbar, ohne systemische Wirkungen auszulösen.

Die Ergebnisse der Untersuchungen könnten vielen Menschen helfen, für die Kaffeeduft oder die feinen Geschmacksnuancen ihres Essens nach der überstandenen Corona-Infektion nur noch eine Erinnerung sind.

Quellen:
wissenschaft.de
DOI10.1126

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