eine alte Männerhand zeigt Tabletten und Kapseln
Wirkt eine Levodopa-Therapie nicht ausreichend, wird sie umgestellt oder die Wirkstoffe in ihrer Dosis erhöht. Stecken unsere Darmbakterien dahinter? © bbbrrn / iStock / Getty Images Plus

Mikrobiom | Wechselwirkung

DARMBAKTERIEN BAUEN LEVODOPA AB

Über eine ballaststoffreiche, ausgewogene Ernährung und vielleicht die ein oder anderen Nahrungsergänzungsmittel möchten sich viele ein gesundes Darmmikrobiom „anfüttern“. Doch was, wenn diese Bakterien nicht nur Gutes bewirken – oder gar eine lebenswichtige Arzneimitteltherapie beeinträchtigen?

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Die bakterielle Zusammensetzung des Dünn- und Dickdarms wird seit längerem erforscht. Auch heute ist man sich nur über einen Bruchteil dessen im Klaren, was sich dort tummelt und welche Aufgaben diese Myriaden von Mikroorganismen in unserem Körper innehaben. Einige Bakterienstämme konnten bereits identifiziert werden und ihr gesundheitlicher Nutzen, zum Beispiel auf die Verdauung oder das Immunsystem, gilt als belegt. „Doch der mikrobielle Stoffwechsel kann sich unter bestimmten Umständen auch nachteilig auswirken“, sagt Maini Rekdal von der Harvard University. Im Rahmen einer Studie entdeckten Rekdal und ihre Kollegen, dass einige Darmbakterien bestimmte Medikamente abbauen. „Dadurch kann das Medikament sein Ziel im Körper schlecht erreichen und büßt damit an Wirkung ein,“ erklärt Rekdal.

Der konkrete Fall: Levodopa. Der Wirkstoff gegen Parkinson wird in der Regel zusammen mit anderen Wirkstoffen eingenommen, die den enzymatischen Abbau von Levodopa zu Dopamin in der Peripherie verhindern sollen. Tatsächlich kommt aber trotzdem nur ein Teil der eingenommenen Dosis unverändert im Zentralnervensystem an, nach wie vor wird Levodopa teilweise im Darm zu Dopamin abgebaut. Das bringt zum einen unerwünschte Arzneimittelwirkungen wie Übelkeit oder Herzrhythmusstörungen mit sich. Zum anderen muss eine höhere Dosis eingesetzt werden, um ausreichende Wirkspiegel im ZNS zu erreichen – beides nachteilig für den Patienten. Könnten die Darmbakterien daran schuld sein? Frühere Untersuchungen zeigten nämlich, dass Parkinson-Patienten besser auf eine Therapie mit Levodopa ansprachen, wenn sie gleichzeitig ein Antibiotikum erhielten.

Die Forscher nahmen sich dem Fall an und gingen auf die Suche nach den potenziellen Levodopa-abbauenden Bakterien. Dabei screenten sie gezielt nach Genen, die entsprechende abbauende Enzyme codieren – und wurden fündig: Enterococcus faecalis heißt der Übeltäter. Der Keim baut tatsächlich Levodopa zu Dopamin ab. Doch statt zu verzweifeln, präsentieren die Forscher auch direkt eine Lösung: eine Substanz, die das Mikroben-Enzym hemmt. „Das Molekül schaltet diesen unerwünschten bakteriellen Stoffwechsel ab, ohne die Bakterien dabei abzutöten. Es zielt nur auf das nicht essenzielle Enzym ab“, erläutert Rekdal. Die Gruppe hält es für möglich, dass ähnliche Verbindungen künftig pharmakologisch genutzt werden könnten, um eine Therapie mit Levodopa zu optimieren.

In Zukunft könnte die Mikrobiom-Forschung diesbezüglich an Bedeutung gewinnen. Wir sollten mehr darüber erfahren, welche Wesen in unserem Darm leben, was sie können und wie sie sich positiv oder negativ auf unsere Gesundheit auswirken, meinen die Wissenschaftler.

Farina Haase,
Apothekerin/Redaktion

Quelle: wissenschaft.de 

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