Katzen.© burakpekakcan / iStock / Getty Images

Tiere in der Apotheke

CORONAVIREN BEI DER KATZE

Die feline infektiöse Peritonitis (FIP), die erstmals in den 1960-er Jahren beschrieben wurde, ist eine Erkrankung der Katzen, die durch das feline Coronavirus – FCoV – hervorgerufen wird. Das FCoV ist nicht humanpathogen.

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Das feline Coronavirus ist weltweit verbreitet, sehr viele Katzen sind daher auch mit FCoV infiziert. Es wird von infizierten Katzen mit dem Speichel und Kot ausgeschieden, die Übertragung erfolgt fäkal-oral über infizierten Kot, kontaminierte Gegenstände und direkt von Tier zu Tier. Für die meisten Katzen hat das keine klinisch relevanten Folgen, da das wenig pathogene FCoV, das als felines enterales Coronavirus im Magendarmtrakt – in den Enterozyten – vorkommt, ein vergleichsweise harmloser Durchfallerreger ist.

Enterale Infektionen mit dem FCoV sind in der Regel mit milden gastrointestinalen Symptomen assoziiert. Daneben gibt es aber auch das stark pathogene FIP-auslösende FCoV. Nach fäkal-oraler Übertragung kommt es zur Replikation von wenig-pathogenem FCoV und anschließend zur Mutation in FIP-auslösendes FCoV. Das Virus erlangt die Fähigkeit sich im Körper auszubreiten. Man spricht dabei von der sogenannten In-vivo-Mutationshypothese. Insgesamt entwickeln nur fünf bis zehn Prozent der Katzen FIP.

Klinisches Bild Der Zeitpunkt zwischen der Mutation des Virus und dem Auftreten klinischer Symptome ist variabel. Dabei kann es sich um eine Zeitspanne von wenigen Wochen bis hin zu zwei Jahren handeln. Zunächst sind die Symptome wie Appetitlosigkeit, Apathie, Abmagerung, beeinträchtigtes Allgemeinbefinden oder erhöhte Temperatur unspezifisch. Es werden im Verlauf Ergüsse in den verschiedenen Körperhöhlen festgestellt. Die überschießende Immunreaktion führt zur Bildung von Granulomen im Darm, in den Nieren sowie auch im Zentralnervensystem, was mit ZNS-Veränderungen einhergehen kann.

Es wird nicht mehr zwischen effusiver oder feuchter und nicht-effusiver oder trockener Form differenziert, vielmehr können die unterschiedlichen Formen kombiniert vorkommen. So ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich Ergüsse bilden. Die klinische Untersuchung ergibt daher häufig einen Thoraxerguss mit Dyspnoe, flacher, schneller Atmung und gedämpften Herz- und Lungentönen sowie eine abdominale Umfangsvermehrung/Peritonitis und eine Vergrößerung der Milz. Daneben ist die FIP eine der häufigsten Ursachen für Ikterus bei Katzen unter zwei Jahren. Grundsätzlich kann die FIP bei Katzen jeden Alters auftreten, am häufigsten wird die Erkrankung aber bei Tieren unter fünf Jahren diagnostiziert.

Endemie in Mehrkatzenhaushalten Faktoren, die die Virusreplikation beeinflussen, sind Alter, genetische Prädisposition, Immunschwäche, Virulenz und die Menge der Viren: Je mehr Viren vorhanden sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit von Mutationen. Die Virusmenge wird dabei ganz maßgeblich durch die Reinfektionsrate in Mehrkatzenhaushalten, wie beispielsweise Katzenzuchten, Tierheimen, -pensionen und –kliniken, beeinflusst. Je mehr Re- infektionen stattfinden, desto mehr Viren und Mutationen gibt es.

In vielen Katzenzuchten sind FCoV endemisch; 80 bis 90 Prozent der Katzen in Zuchten haben Antikörper. Eine Studie zur FCoV-Prävalenz in Katzenzuchten in Deutschland ergab, dass es in jeder Zucht mindestens eine FCoV-ausscheidende Katze gibt. Insgesamt ist die FCoV-Prävalenz mit 77 Prozent hoch. Es werden chronische und intermittierende Virusausscheider unterschieden, letzteres trifft auf etwa 80 Prozent der Katzen zu. 10 bis 20 Prozent der Tiere sind resistent und scheiden keine Viren aus.

Um herauszufinden, ob eine Katze in einer Zucht Coronaviren ausscheidet, sollten mindestens drei Kotproben pro Katze in einem Abstand von einer Woche bis einem Monat untersucht werden, um auch die intermittierenden Ausscheider zu entdecken. Die alleinige Antikörper-Messung im Blut reicht nicht aus und ersetzt nicht den Nachweis von viraler RNA im Kot mittels quantitativer Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion, RT-PCR.

Katzen, die permanent ausscheiden, scheiden gleichzeitig auch mehr FCoV aus und kontaminieren dadurch fortwährend die Zucht. Diese Dauerausscheider sollten daher unbedingt aus der Zucht herausgenommen werden. Der hauptsächliche Risikofaktor für die Ausscheidung von Coronaviren ist junges Alter. Das heißt, Katzen unter einem Jahr sind signifikant häufiger Ausscheider als ältere Tiere.

Prävention Zur Kontrolle der Entstehung von FIP und um den Infektionsdruck zu senken, sollten prädisponierende Faktoren wie Stress durch neue Umgebung, Overcrowding, Lärm oder andere Krankheiten vermieden werden. Ganz entscheidend sind Hygienemaßnahmen vor allem bezüglich der Reinigung der Katzentoiletten. Darüber hinaus muss die Anzahl der FCoV-ausscheidenden Katzen begrenzt werden, indem die Tiere getestet und Dauer- und Hochausscheider mittels quantitativer Kot-RT-PCR identifiziert werden.

In kleinen Katzengruppen und einer Begrenzung der Anzahl der Katzen pro Gruppe – höchstens drei Katzen pro Gruppe und Raum – kann eine ständige Reinfektion verhindert oder zumindest reduziert werden; daher sollten die Gruppen nach Virusausscheidung aufgeteilt und kontinuierlich ausscheidende Katzen von nicht und wenig ausscheidenden Katzen getrennt werden. Falls ein Bestand tatsächlich negativ ist, sollten auch nur negative Katzen aufgenommen werden.

Impfung gegen FIP Es gibt eine Impfung mit einem temperatursensitiven Stamm. Diese wird intranasal appliziert. Ziele der Impfung sind die Stimulation der lokalen und zellulären, jedoch nicht der humoralen Immunantwort, um eine antikörperabhängige Immunverstärkung zu vermeiden. Wenn eine Katze nach der Impfung nämlich Antikörper bildet, kann sie sogar eher an FIP erkranken als wenn sie keine Antikörper besitzt. Die Impfung bietet eventuell auch nur zu einem bestimmten Grad Schutz und zwar nur dann, wenn vorher kein Kontakt mit Coronaviren bestand. Daher empfiehlt die Ständige Impfkommission Veterinär die Impfung nicht.

Therapie Die FIP galt jahrelang als unheilbar, und ohne Therapie führt die Erkrankung meist in relativ kurzer Zeit zum Tod der Katze. Doch inzwischen ist FIP ist mit den richtigen Medikamenten sowie durch die engmaschige Kontrolle der klinischen und labordiagnostischen Parameter erfolgreich therapierbar. Von wesentlicher Bedeutung ist dabei vor allem die optimale zielgerichtete intensivmedizinische Betreuung der an FIP erkrankten Katzen zu Beginn der Behandlung mit Infusionen, parenteraler Ernährung, Antiemetika und zusätzlicher Medikation.

Einsatz von antiviralen Medikamenten Ein neues antivirales Medikament, das Nukleosid-Analogon GS-441524, ein Metabolit von Remdesivir, erwies sich in vitro und auch bei Katzen mit experimenteller FIP als hoch effektiv. Auch in einer Studie der Medizinischen Kleintierklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München wurde der Wirkstoff bei Katzen mit FIP sehr erfolgreich eingesetzt.

Hier konnte demonstriert werden, dass FIP mit dem richtigen Medikament und intensiver Betreuung zu 100 Prozent erfolgreich behandelt werden kann. GS-441524 hat jedoch noch keine Zulassung für die veterinärmedizinische Praxis. Daher werden bislang vor allem die bereits genannten präventiven Maßnahmen empfohlen, um vor einer FCoV-Infektion zu schützen.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 03/2022 ab Seite 106.

Dr. Astrid Heinl, Tierärztin

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