Trauriges Kind© KatarzynaBialasiewicz / iStock / Getty Images Plus
Kinder und Jugendliche, die unter Ängsten, Traurigkeit oder auch Essstörungen leiden, benötigen schnell Hilfe. Psychologische Soforthilfen gibt es oft zu wenige. Ein Pilotprojekt in Frankfurt möchte dies ändern.

Pilotprojekt

ERSTE HILFE BEI SEELISCHEN NÖTEN

Die Pandemie hat viele Kinder und Jugendliche stark belastet. Aber wer psychologische Hilfe braucht, muss oft lange warten. Ein Pilotprojekt will das ändern. Spenden haben den Start ermöglicht.

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Traurigkeit, Essstörungen, Ängste: Kinder und Jugendliche mit seelischen Sorgen sollen schneller Hilfe finden. In Frankfurt gibt es dafür nun eine "Psychologische Soforthilfe". Das Pilotprojekt wurde von der Kinderhilfestiftung und der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums ins Leben gerufen - damit aus kleinen Problemen keine großen, möglicherweise bleibenden psychischen Schäden erwachsen, wie die Initiatoren am Mittwoch berichteten.

Während es sonst oft Monate dauert, bis Betroffene einen Termin in einer psychologischen oder psychiatrischen Praxis bekommen, erhalten Familien hier innerhalb von 14 Tagen einen Termin für eine 30-minütige Erstberatung. Das Angebot gilt für Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren aus Frankfurt und Umgebung. Eine Überweisung ist nicht nötig.

Als "Erste Hilfe zur Selbsthilfe" beschreibt Prof. Christine M. Freitag, die Direktorin der Kinder- und Jugendpsychiatrie, das Konzept. Wenn Probleme auftauchten, fragten sich viele Eltern: "Ist das noch normal oder müssen wir was tun?", sagte Freitag. Soziale Ängste etwa hätten seit Corona stark zugenommen. "Die Idee ist, durch eine frühe Einschätzung zu verhindern, dass die Krankheit chronisch wird." Oft helfe den Familien schon die Diagnose und erste Tipps, wenn nötig helfen die Mitarbeiterinnen bei Suche nach einer Therapie.
 

Projekt wird als Studie aufbereitet

In der Anfangsphase arbeiten zwei Psychologinnen in der Beratungsstelle, derzeit gibt es zwölf Termine pro Woche, bei Bedarf soll das Team aufgestockt werden. Die Kinderhilfestiftung finanziert den Start aus Spendengeldern mindestens drei Jahre lang mit 400 000 Euro. Langfristig sei das Ziel, dass die Krankenkassen das Angebot finanzieren, erklärte Freitag. Dafür werde das Pilotprojekt von Anfang an wissenschaftlich begleitet und als Studie aufbereitet.

"Es gibt einen erheblichen Mangel an Anlaufstellen in diesem Bereich", sagte der Ärztliche Direktor des Universitätsklinikums, Prof. Jürgen Graf. Auch die Kinderhilfestiftung sieht "einen enormen Bedarf an schneller, psychologischer Hilfe, den die existierenden Praxen und Kliniken aktuell nicht bedienen können", wie Vorstandsvorsitzender Michael Henning sagte. Gerade in belastenden Zeiten wie während der Corona-Pandemie sei es aber enorm wichtig, Familien nicht alleine zu lassen.

Immer mehr Kinder und Jugendliche sind in psychotherapeutischer Behandlung, wie aus dem Arztreport 2021 der Barmer hervorgeht.
Demnach gingen bei der Krankenkasse im Corona-Jahr 2020 insgesamt 6,3 Prozent mehr Anträge von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis 24 Jahren ein als im Vorjahr - insgesamt 44 000. Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Zahl junger Psychotherapie-Patienten bei der Barmer etwa verdoppelt.

In Hessen gibt es gut 500 Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche, wie aus einer Antwort des Sozialministeriums auf einen Anfrage im Landtag hervorgeht. Etwa 100 haben in Frankfurt ihre Praxis, im Landkreis Werra-Meißner sind es nur 5. Dazu kommen hessenweit 75 Kinder- und Jugendpsychiater. Sie teilen sich rund 56 Stellen. Während es im Rhein-Main-Gebiet 35 Ärzte mit dieser Fachrichtung gibt, ist es in der Region Osthessen nur einer.

Quelle: dpa

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