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Gehirn

COMPUTER IM KOPF

Es ist das faszinierendste Organ im menschlichen Körper und verfügt über außergewöhnliche Fähigkeiten. Es erdenkt Kunstwerke, stellt komplizierte Berechnungen an und kann musizieren.

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Als Teil des Nervensystems stellt das Cerebrum den Kontakt zu unserer Umwelt her. Denken, Handeln, Emotionen und Wahrnehmung gehören zu seinen Funktionen. Die stark gewundene und gefurchte Hirnmasse setzt sich aus Nerven- und Gliazellen zusammen. Letzteres sind Zellen, die selbst kein Aktionspotenzial bilden können, aber die Nervenzellen unterstützen.

An einigen Stellen liegen Ansammlungen von Nervenzellkörpern, die sogenannten Kerne. Eine Flüssigkeit umgibt das Denkorgan. Außen herum befinden sich die Hirnhäute und der knöcherne Schädel. Das Gehirn wiegt beim erwachsenen Menschen durchschnittlich 1315 Gramm, wobei das absolute Gewicht für die Leistungsfähigkeit keine Rolle spielt. Der arterielle Zufluss wird durch vier große Schlagadern gewährleistet. Die Blut-Hirn-Schranke als physiologische Barriere verhindert dabei, dass unerwünschte Substanzen durchgelassen werden.

Zwölf Hirnnerven versorgen die Bereiche vom Kopf bis zum Hals und steuern in diesen Regionen die dort befindlichen Sinne und Reaktionen. Der zehnte Hirnnerv (Nervus vagus) wirkt über den Kopf-Hals-Bereich hinaus und ist zusätzlich für Eingeweide und Herzmuskeln zuständig. Das Gehirn ist Sitz der kognitiven Leitungen. In den oberen Hirnteilen vollziehen sich höhere geistige Prozesse, während in den unteren Gebieten unbewusste Vorgänge wie Reflexe ablaufen.

Aufbau des Gehirns Nach morphologischen und funktionellen Gesichtspunkten wird es in folgende Teile gegliedert:

  • Medulla oblongata (verlängertes Mark)
  • Pons (Brücke)
  • Mesenzephalon (Mittelhirn)
  • Dienzephalon (Zwischenhirn)
  • Cerebellum (Kleinhirn)
  • Telenzephalon (Großhirn)

Unterste Struktur ist die Medulla oblongata. Sie wird von auf- und absteigenden Bahnen durchzogen, die das Gehirn mit dem Rückenmark verbinden. Hier werden wichtige Reflexe wie Schlucken, Husten oder Erbrechen gesteuert. Auch die Atmung, der Kreislauf und der Schlaf-Wach-Rhythmus werden durch die Medulla oblongata dirigiert. Sieben Hirnnerven entstammen dem verlängerten Mark.

Die Brücke bildet eine Verbindung zum Kleinhirn. Sie ist Ursprung von vier Hirnnerven. Einige Ansammlungen von Nervenzellkörpern, die Brückenkerne, sind hier eingebettet. Das Mittelhirn beheimatet die Schaltstellen der Schmerzwahrnehmung und die des akustischen und optischen Systems. Zudem ist dieser Hirnabschnitt an der Willkürmotorik beteiligt.

Das Zwischenhirn besteht aus mehreren Strukturen. Hier befinden sich Hypothalamus und Hypophyse, Epithalamus und Epiphyse (Zirbeldrüse), Thalamus und Metathalamus sowie der Subthalamus. Der Hypothalamus steuert vegetative Funktionen wie Atmung oder Kreislauf und kontrolliert die Hormonausschüttung. Die Hypophyse erhält vom Hypothalamus über sogenannte Releasingoder Inhibiting-Faktoren Anweisungen zur Freisetzung von Hormonen.

Der Thalamus wird poetisch auch als „Tor zum Bewusstsein“ bezeichnet, da er die Informationen aus den Sinnesorganen filtert. Er steht mit der Großhirnrinde (Kortex) in Verbindung und erfüllt Aufgaben bezüglich der Schmerzwahrnehmung und der motorischen Koordination. Zusätzlich ist er an höheren psychischen Prozessen beteiligt. Die Epiphyse produziert Melatonin, ein Hormon mit wichtiger Funktion bei der Schlafregulierung.

Das Kleinhirn stellt quasi ein Anhängsel des Gehirns im Hinterhaupt dar. Es ist in zwei Hemisphären (Hälften) aufgeteilt. Tätigkeitsschwerpunkt ist die Feinabstimmung der Motorik. Man vermutet, dass es außerdem an Lernvorgängen und der Steuerung vegetativer Reaktionen mitwirkt.

HOMUNKULUS
Abhängig von ihrer funktionellen Relevanz sind die unterschiedlichen Muskelgruppen durch verschieden große Areale auf dem Motorkortex vertreten. Dieser Umstand lässt sich als sogenannter Homunkulus (Menschlein) darstellen. Für typisch menschliche Leistungen zuständige Muskelgruppen (z.B. Hand- oder Sprechmuskulatur) sind dabei besonders groß repräsentiert.

Das Telenzephalon liegt in Richtung Schädelknochen über den anderen Hirnabschnitten. Es zeichnet sich durch zahlreiche Windungen (Gyri) und Furchen (Sulci) aus. Eine große Vertiefung teilt es in zwei Hemisphären. Die Großhirnrinde ist die äußere Schicht des Telenzephalon. Innen befindet sich das Großhirnmark, das Bewegungen koordiniert. Der Kortex besteht aus der grauen Substanz, durch die sich hauptsächlich Nervenzellkörper erstrecken.

Tiefer liegende Kortexbereiche und Kerne werden als limbisches System zusammengefasst. Dazu gehören Hippocampus, Gyrus cinguli und Amygdala. Hippocampus-Anteile spielen bei Lern- und Gedächtnisprozessen sowie bei Aggression und Motivation eine Rolle. Der Gyrus cinguli ist bei vegetativen, psychomotorischen und emotionalen Funktionen von Bedeutung. Die Amygdala (Mandelkern) ist wichtig für das Angsterleben sowie für die Speicherung emotionaler Gedächtnisinhalte.

Die oberste Struktur des Kortex ist der Neokortex. Hier laufen anspruchsvolle geistige Leistungen ab und zwar sowohl im Bereich der Wahrnehmung als auch bezüglich der Steuerung von motorisch-handelnden Funktionen. Der Neokortex ist in vier Lappen unterteilt:

  • Informationen aus dem optischen System werden im Okzipitallappen verarbeitet. Man unterscheidet die primäre Sehrinde, die für die Verwertung von Eigenschaften wie Farbe, Helligkeit oder Kontrast zuständig ist, und die sekundäre Sehrinde, wo diese Daten weiter bearbeitet werden.
  • Botschaften aus dem akustischen System treffen auf den Temporallappen. Der erste Eindruck entsteht in der primären Hörrinde. Dieser wird in der sekundären Hörrinde zu Wörtern verarbeitet, wo sich sich das Wernicke-Sprachzentrum verbirgt.
  • Im Parietallappen liegt der primäre somatosensorische Kortex, in dem Fasern aus Muskeln, Gelenken, Haut und Sehnen enden. Jedem Bereich dieses Areals ist ein bestimmter Teil des Körpers zugeordnet, was man als somatotope Gliederung bezeichnet. Dabei ist nicht das Größenverhältnis, sondern der Grad an Sensibilität dargestellt. Beispielsweise ist die Zunge aufgrund ihrer Sensibilität durch ein Gebiet repräsentiert, das fast der Größe des Rumpf-Areals entspricht.
  • Im Frontallappen befindet sich der motorische Kortex, der ebenfalls somatotop aufgebaut ist. Von hier aus gehen Bewegungsbefehle an den gesamten Körper. Das frontale Augenfeld bewirkt Augenbewegungen. Im Broca-Sprachzentrum werden Lippen, Kehlkopf, Zunge und Atmung für die Sprachproduktion koordiniert. Zum Frontallappen gehört auch der präfrontale Kortex. Er macht ungefähr ein Viertel der gesamten Kortexfläche aus und verfügt über zahlreiche Aufgaben wie Kurzzeitspeicherung von Informationen oder Handlungsvorbereitung. Dem prämotorischen Kortexareal ist die Startphase von Bewegungen zugeordnet. Der supplementär-motorische Kortex spielt eine wichtige Rolle beim Erlernen von Bewegungsfolgen und ist im Gegensatz zu den anderen Arealen für beide Körperhälften zuständig. Auch bei der reinen Vorstellung von Bewegungen ist dieser Bereich aktiviert.

Neben der Klassifikation des Kortex in Lappen gibt es ein weiteres Unterteilungs-System. Schon um 1900 hat der Neuroanatom und Psychiater Korbinian Brodmann die Hirnrinde in 52 Bereiche gestaffelt, die ihm zu Ehren als Brodmann-Areale bezeichnet wurden. Die Gliederung dieser Areale stimmt meist mit der vorgegebenen Einteilung der Furchen und Windungen des Gehirns überein.

Kommunikation über Neuronen Die kleinsten Einheiten des Gehirns sind die Nervenzellen (Neurone). Sie bestehen aus einem Zellkörper (Soma), den stark verzweigten, reizaufnehmenden Dendriten und den reizweiterleitenden Axonen, die bis zu einem Meter lang sein können. Die Kontaktstelle zwischen zwei Nervenzellen bezeichnet man als Synapse. Über den synaptischen Spalt werden Informationen zwischen den Zellen weitergeleitet.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 08/12 ab Seite 74.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)

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