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Tiere in der Apotheke

CHRONISCH KRANKE NIEREN

Bei älteren Katzen, die viel trinken, aber wenig fressen, abmagern, stumpfes, struppiges Fell haben und häufiger erbrechen, könnte die Diagnose chronische Niereninsuffizienz lauten.

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Die chronische Niereninsuffizienz der Katze (CNI), die heute häufig auch einfach als chronische Nierenerkrankung (CNE) bezeichnet wird, ist eine der häufigsten Erkrankungen und auch eine der häufigsten Todesursachen bei älteren Katzen. Bei der CNE geht die Nierenfunktion über längere Zeit langsam verloren. Oft dauert es Monate bis Jahre, bis dem Tierbesitzer auffällt, dass die Katze krank ist und die Diagnose beim Tierarzt gestellt werden kann. Denn erst, wenn mehr als 70 bis 75 Prozent des Nierengewebes zerstört sind, treten Krankheitssymptome auf und können Veränderungen im Blutbild nachgewiesen werden. Allgemein sind ältere Katzen etwa ab dem siebten Lebensjahr betroffen.

Die Prävalenz der CNE bei Katzen beträgt im Alter von 7 bis 10 Jahren etwa zwei Prozent, im Alter von 10 bis 15 drei Prozent, ab 15 Jahren steigt die Prävalenz dann auf etwa zwölf Prozent an. Kurzfristige Schädigungen können von den Nieren kompensiert werden; wirken diese Störungen über einen längeren Zeitraum auf die Nieren ein, sind die Schäden aber meist irreversibel. Da sich das zerstörte Nierengewebe nicht mehr erholen kann, ist die Krankheit fortschreitend. Die CNE ist zwar nicht heilbar, mit einer symptomatischen Therapie und einer Diät kann das Fortschreiten der CNE jedoch verlangsamt und die Lebensqualität der Katze verbessert werden.

Klinisches Bild der CNE Das Krankheitsbild der CNE wird in vier Stadien eingeteilt, die nicht immer klar voneinander abgegrenzt werden können: Im Stadium der eingeschränkten Leistungsbreite ist das Allgemeinbefinden kaum beeinträchtigt, die Leistungsfähigkeit ist etwas eingeschränkt. Das Stadium der mäßigen Insuffizienz äußert sich in Lethargie, Apathie, Appetitlosigkeit, Fellveränderungen sowie Erbrechen, Polydipsie und Polyurie. Im Stadium der fortgeschrittenen Insuffizienz sind die Tiere sichtbar krank und schlafen viel. Das Allgemeinbefinden ist gestört, und es werden Erbrechen, Exsikkose, Retinopathien, verwaschene Schleimhäute, Acetongeruch, urämische Stomatitis, Ulzera, Anorexie und zum Teil chronische Diarrhoe beobachtet. Die Katze trinkt sehr viel, ist aber dennoch ausgetrocknet. Der deutliche Gewichtsverlust ist nicht nur auf die Dehydratation, sondern auch auf den Verlust an Gewebsmasse zurückzuführen.

Das Stadium der terminalen Insuffizienz ist gekennzeichnet durch ein rasches Voranschreiten der Symptomatik. Das Allgemeinbefinden ist mittel- bis hochgradig gestört, das Fell ist stumpf, glanzlos, gesträubt und der typische ammoniakalische Maulgeruch wird verstärkt wahrgenommen; die Tiere sind apathisch und verharren oft stundenlang unbeweglich. Die Futteraufnahme ist meist deutlich vermindert. Die Wasseraufnahme und der Harnabsatz, die zunächst erhöht waren, nehmen mit fortschreitender Dauer der Erkrankung wieder ab. Mit der zunehmenden Abnahme des Nierengewebes und dessen Ersatz durch Bindegewebe entsteht das Bild der Schrumpfniere. Achtung: Veränderungen des Trinkverhaltens wie gesteigerter oder gar kein Durst beziehungsweise gesteigerter oder reduzierter/fehlender Harnabsatz sind stets als Warnsignale zu deuten.

Ursachen für CNE Für eine chronische Schädigung der Nieren kommt eine Reihe von Ursachen in Frage. So können eine genetische Disposition, bakterielle und virale Infektionen, Tumoren, Hyperthyreose, erhöhter Blutdruck und Ernährungsfehler mögliche Auslöser sein, ebenso bestimmte Medikamente, Schwermetalle und Vergiftungen. In den meisten Fällen kann keine exakte Ursache nachgewiesen werden.

Diagnostik Neben der Sicherung der Diagnose durch ein Blutbild, bei dem die Harnstoff- und Kreatininwerte bestimmt werden, ist seit etwa vier Jahren mit SDMA (symmetrisches Dimethylarginin) ein Parameter der Nierenfrühdiagnostik verfügbar, mit dem eine chronische Nierenerkrankung deutlich früher als mit Kreatinin identifiziert werden. Zum Untersuchungsspektrum gehören darüber hinaus auch weitere Werte wie Phosphat, Kalium, Kalzium, Albumin, Leukozyten, die glomeruläre Filtrationsrate sowie das rote Blutbild, da bei niereninsuffizienten Katzen häufig eine Anämie auffällt, was auf der geringeren Produktion von Erythropoetin (EPO) beruht. Auch eine Urinuntersuchung gehört zur Diagnostik, unter anderem, um eine Harnwegsinfektion auszuschließen.

Ein essenzieller diagnostischer Parameter bei Katzen mit Nierenproblemen ist die Messung des Blutdrucks. Eine Nierenerkrankung geht mit einer Erhöhung des Blutdrucks einher und die häufigste Ursache für hohen Blutdruck bei Katzen ist die CNE. Zur Blutdruckmessung stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Meist wird eine aufblasbare Manschette um Bein oder Schwanz gelegt, und ein daran angeschlossener Druckmesser zeigt den Blutdruck an. Das Blutdruckmessen ist schmerzfrei und kann daher ohne Narkose erfolgen.

Therapie der CNE Bei der CNE ist keine kausale, sondern nur eine symptomatische Behandlung möglich, die vor allem auf die Verlangsamung der Progression der Erkrankung und die Erhaltung der Lebensqualität der betroffenen Tiere abzielt. Die therapeutischen Maßnahmen müssen für jede nierenkranke Katze individuell entsprechend der Befunde und dem Stadium der Erkrankung getroffen werden. Wichtig ist die ausreichende Aufnahme von Flüssigkeit, um einer Dehydratation vorzubeugen. Es hat sich gezeigt, dass ein Katzenbrunnen zu einer häufigeren Aufnahme von Wasser animieren kann. Bei Dehydratation in späteren Stadien der Erkrankung werden Infusionslösungen verabreicht, um die Nieren in ihrer Funktion als Ausscheidungsorgan zu unterstützen und um den Elektrolythaushalt auszugleichen.

Die Infusionen erfolgen zunächst intravenös, später können sie vom Tierbesitzer subkutan gegeben werden. Eine wichtige Basis in der Behandlung der CNE ist eine Nierendiät mit der Reduktion von Protein, Phosphor und Natrium. Katzen sind allerdings bekanntlich schwierige Patienten, was das Fütterungsmanagement betrifft. Eine Umstellung auf ein Diätfutter sollte daher langsam erfolgen, indem das Diätfutter der bisherigen Nahrung schrittweise in höheren Anteilen zugefügt wird. Auch das Erwärmen oder sogar Anbraten der Nahrung oder die Beigabe von Butter oder Thunfischöl haben sich bei Katzen als erfolgreich erwiesen. Von wesentlicher Bedeutung ist, dass die Diät strikt eingehalten wird und die Katze absolut nichts anderes zu fressen bekommt. Wird hoher Blutdruck festgestellt, sollte dieser behandelt werden, beispielsweise mit Amlodipin oder Enalapril.

Prognose Die Beurteilung der Prognose ist schwierig, da sie vom Alter des Patienten und vom Stadium der Erkrankung abhängt. Die Höhe des Kreatinins gibt in der Regel Auskunft über die Langzeitprognose. Die Diagnose „Chronische Nierenerkrankung“ bedeutet keinesfalls, dass die Katze bald sterben wird. Bei frühzeitig erkannter und behandelter CNE durch moderne Untersuchungs- und Therapiemöglichkeiten bestehen gute Chancen auf eine normale Lebenserwartung und eine hohe Lebensqualität.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/2020 ab Seite 108.

Dr. Astrid Heinl, Tierärztin

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