Eine Frau im weißen Kittel mit Zettel in der Hand am Telefon© Wavebreakmedia / iStock / Getty Images Plus
Die Fach- und Beratungskompetenz der PTA ist für die Politiker*innen ein wichtiges Thema.

Bundestag

WAS DENKEN FACHPOLITIKER ÜBER DEN PTA-BERUF?

Mit dem PTA-Reformgesetz wurde das Berufsbild vom letzten Bundestag modernisiert. Doch wie zukunftsweisend sind die Änderungen, die ab 2023 gelten sollen? Wie bewerten Fachsprecher aus den Fraktionen die Rolle, Bedeutung und Zukunft der Pharmazeutisch-Technischen Assistent*innen? Hier sind einige Antworten aus dem neuen Bundestag.  

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DIE PTA IN DER APOTHEKE: Wie bewerten Sie Rolle und Bedeutung der PTA für das Berufs- und Arbeitsfeld Apotheke?

Heike Baehrens, SPD: Die Arbeit der PTA in den Apotheken hat in den vergangenen Jahren stetig an Bedeutung gewonnen. PTA müssen heute anderen Anforderungen gerecht werden als früher. Vor allen Dingen wird heute viel mehr Beratungskompetenz bei Arzneimitteln, aber auch bei Medizinprodukten erwartet. Auch die fortschreitende Digitalisierung, in der Apotheke zum Beispiel beim elektronischen Rezept oder bei der elektronischen Patientenakte, stellt neue Anforderungen, die auch in der Ausbildung berücksichtigt werden müssen.

Auch der zunehmende Mangel an Apotheker*innen verlangt nach einer Neuaufteilung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten in der Apotheke. Bestimmte Aufgaben von PTA sind in den Hintergrund getreten. Die laborchemische Prüfung von Ausgangsstoffen und Arzneimitteln spielt zum Beispiel beim Arbeitsalltag in den Apotheken immer weniger eine Rolle. Die meisten Ausgangsstoffe kommen schon mit Prüfzertifikaten versehen in den Apotheken an, so dass in der Apotheke nur noch die Identität festzustellen ist, in der Regel mithilfe automatisierter, instrumenteller Analytik. Diese Veränderungen haben wir im PTA-Reformgesetz in der letzten Wahlperiode berücksichtigt und damit den Beruf der PTA an die geänderten Anforderungen in den Apotheken angepasst.

Nicole Westig, FDP: PTA sind ein wesentlicher Teil der Versorgungsstrukturen vor Ort. Dass auch bei den Apotheken Personalmangel herrscht, ist bekannt. Wir brauchen daher vielfältige Möglichkeiten und Anreize, beruflich in diesen spannenden Arbeitsbereich einzusteigen. Dazu gehört auch, dass wir den dort Tätigen mehr Aufstiegschancen und Karrieremöglichkeiten eröffnen. Bei entsprechenden Zugangsvoraussetzungen steht den PTA später in vielen Bundesländern ein Studium in unterschiedlichen Bereichen wie Pharmamanagement oder Pharmazie offen – auch ohne Abitur. Solche Angebote gilt es auszubauen, um dem Fachkräftemangel wirksam begegnen zu können.

Denn nur mit ausreichend Fachpersonal gelingt flächendeckend eine gute Versorgung der Menschen durch Apotheken. Gerade deshalb, weil für viele die Vor-Ort-Apotheke ein wichtiger Anlaufpunkt ist, müssen wir hier die Entwicklungen gut im Blick behalten. Die individuelle und umfassende Beratung ist insbesondere für ältere Menschen und bei der Einnahme mehrerer Medikamente unverzichtbar. Das kann die Versandapotheke nicht leisten. Deshalb gilt es, den Bedarf nach Vor-Ort-Apotheken im Gesamtkonzept einer Versorgungssicherheit anzuerkennen.

Tino Sorge, CDU: Pharmazeutisch-Technische Assistentinnen und Assistenten sind aus dem Berufs- und Arbeitsfeld Apotheke nicht mehr hinwegzudenken. Ihre Aufgaben bei Beratung und Abgabe von Arzneimitteln und Medizinprodukten sind vielfältig und verantwortungsvoll zugleich. Dies hat sich einmal mehr auch in Zeiten der Pandemie gezeigt. Die PTA haben gerade in der Corona-Zeit Großes geleistet. Sie verdienen dafür tiefen Dank und Anerkennung.

Martin Sichert, AfD: Die PTA erfüllen eine wichtige Aufgabe in der Versorgung. Wir brauchen nicht immer mehr Akademiker, sondern auch andere gut ausgebildete Fachkräfte. Das Streben nach immer höheren Abiturientenquoten gefährdet den Nachwuchs in den Ausbildungsberufen.

Der Beruf wurde mit dem PTA-Reformgesetz modernisiert, das 2023 in Kraft treten soll. In Bundestag wie Bundesrat war es umstritten, unter anderem deshalb:

  • Das Schulgeld ist noch nicht durchgängig abgeschafft, obwohl dies schon im Koalitionsvertrag von 2017 festgehalten wurde.

  • Die Ausbildungsvergütung ist im Vergleich zu anderen Gesundheitsfachberufen niedrig und wird nicht durchgängig bezahlt.

  • Die Ausbildung wurde nicht von 2,5 auf 3 Jahre verlängert.

  • Die angekündigte Kompetenzerweiterung für PTA fand nicht statt.

DIE PTA IN DER APOTHEKE: Der Gesundheitsausschuss des Bundestags kritisierte, es sei nicht gelungen, einen Ausbildungsberuf zu schaffen, „der zukunftsorientiert als tatsächliche Assistenz des Pharmazeuten“ ausgestaltet ist. Sehen Sie in dieser Legislaturperiode Korrekturbedarf an den gesetzlichen Grundlagen des PTA-Berufs? Wie genau sollte dieser von Ihnen erkannte Korrekturbedarf umgesetzt werden?

Heike Baehrens, SPD: Die Reform der PTA-Ausbildung war keine einfache Sache. Die von Minister Spahn vorgelegten Reformentwürfe gingen uns nicht weit genug. Vor allen Dingen bei der Ausbildungsdauer und bei der Übertragung von Eigenverantwortung und Kompetenzen auf die PTA haben wir zäh mit Minister Spahn gerungen. Geholfen hätte uns dabei mehr Unterstützung aus den Apotheken. Leider haben sich die Apothekerorganisationen kurzsichtig und aus Angst vor Kompetenzverlusten zu Lasten der PTA gegen weitergehende Änderungen ausgesprochen.

Mit Blick auf den zunehmenden Fachkräftemangel ist das doppelt schädlich. Zum einen werden wir mehr PTA brauchen, um den zunehmenden Mangel an Apotheker*innen ausgleichen zu können. Zum anderen muss der Beruf attraktiver werden, um im Wettbewerb mit anderen Ausbildungsberufen konkurrenzfähig bleiben zu können. Hier wurde eine große Chance vertan.

Dennoch hat das Gesetz auch viele positive Änderungen gebracht. Neben den schon beschriebenen Modernisierungen der Ausbildungsinhalte haben wir zum Beispiel erreicht, dass in der Apothekenbetriebsordnung geregelt wurde, dass erfahrenen PTA unter bestimmten Voraussetzungen erweiterte Kompetenzen übertragen werden können. Eine Vertretung der Apothekenleiterin oder des Apothekenleiters hätten wir uns auch vorstellen können, konnten diesen Punkt aber nicht durchsetzen. Wir haben zumindest erreicht, dass während der praktischen Ausbildung eine angemessene Vergütung gezahlt wird, die auch im Ausbildungsvertrag festgelegt wird. Die Schulgeldfrage wird im Rahmen einer Gesamtreform der Gesundheitsfachberufe geregelt.

 

Nicole Westig, FDP: Gerade im Gesundheitswesen sind wir mit einem teilweise akuten und wachsenden Fachkräftemangel konfrontiert. Vor diesem Hintergrund sehen die Freien Demokraten die Abschaffung des Schulgeldes für alle Ausbildungen im Gesundheitswesen als dringend geboten an. Die CDU-FDP-Regierung in Nordrhein-Westfalen (NRW) hat das bereits umgesetzt, nun sollte der Bund für eine einheitliche Regelung sorgen. Gerade in Mangelberufen kann es nicht sein, dass junge Menschen, die eine Ausbildung antreten wollen, an finanziellen Hürden scheitern. Das können wir uns mit Blick auf die zukünftige Gesundheitsversorgung nicht leisten.

Wichtig ist aber auch, dass wir Berufe inhaltlich modern gestalten. Dazu gehören gute Arbeitsbedingungen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aber ebenso mehr Autonomie und eine angemessene Bezahlung. Die strukturellen Veränderungen können wir aus der Politik heraus mit anstoßen. Bei der Vergütung sehen wir aber vor allem Verhandlungsbedarf zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. In Zeiten von Personalmangel haben die Arbeitnehmer eine starke Verhandlungsbasis, die sie nutzen sollten.

Zur Kompetenzerweiterung braucht es auch immer die Möglichkeit, die neuen und erweiterten Aufgaben innerhalb der Ausbildung zu vermitteln. Es gilt für uns jetzt, die Umsetzung der Reform im nächsten Jahr kritisch zu begleiten und dann im Austausch mit allen Beteiligten dort nachzusteuern, wo es notwendig scheint.

 

Tino Sorge, CDU: Das PTA-Reformgesetz von 2019 war, wie jedes Gesetz, das Ergebnis parlamentarischer Beratungen und somit auch ein Kompromiss. Wir sind mit ihm einen großen Schritt in die richtige Richtung gegangen, um das Berufsbild auch für die künftigen Herausforderungen zu stärken. Im Gesetz ist zum Beispiel vorgesehen, dass erfahrenen PTA unter bestimmten Voraussetzungen erweiterte Kompetenzen, beispielsweise das Abzeichnen von Prüfprotokollen, im Apothekenbetrieb übertragen werden können. Diesen Weg sollten wir weiter beschreiten. PTA sind schon heute gut ausgebildet und zählen zu den besonders wichtigen und fähigen Gesundheitsberufen – trauen wir ihnen also ruhig zu, auch neue Aufgaben zu übernehmen. 

Im Gesetz wurde die Schulgeldfrage in ein Gesamtkonzept zur Reform der Gesundheitsfachberufe einbezogen. Die bundeseinheitliche Abschaffung des Schulgeldes ist auch weiterhin das Ziel, an dessen Umsetzung aber in erster Linie die Länder ihren Anteil haben. Einige Bundesländer sind hier gut vorangekommen. So wurde in NRW das Schulgeld zum 1. Januar 2021 abgeschafft. Andere Länder haben hier aber noch Nachholbedarf. Dieser Flickenteppich ist nicht wünschenswert. Von der neuen Bundesregierung erwarte ich, dass sie den Dialog zwischen Bund und Ländern in dieser Frage intensiviert.

 

Martin Sichert, AfD: Die AfD will das berufliche Bildungs- und Ausbildungssystem stärken. Der Wert der beruflichen Bildung muss stärker herausgehoben werden. Deshalb befürwortete die AfD-Bundestagsfraktion grundsätzlich die Neuausrichtung der Ausbildung des PTA-Berufs mit dem PTA-Reformgesetz. Es ist richtig, den Kundenkontakt, die Beratung und die Digitalisierung in den Mittelpunkt zu stellen. Allerdings wurden die Ausbildungsinhalte zu vage definiert. Dass die Ausbildung in den ersten zwei Jahren weiterhin unentgeltlich ist, steigert keinesfalls die Attraktivität des Berufs. Aus diesen Gründen hatte die AfD den Gesetzentwurf letztlich abgelehnt.

DIE PTA IN DER APOTHEKE: Der Bundesverband PTA hat im Januar 2021 seine berufspolitischen Reformvorstellungen fixiert. Wie beurteilen Sie dessen folgende zwei Forderungen?

  • Schaffung von verbindlichen, allgemein anerkannten Weiterbildungsmöglichkeiten für PTA
  • Qualifizierung zur Praxisanleitung von PTA-Auszubildenden in der Apotheke

Heike Baehrens, SPD: Die beiden Forderungen stehen natürlich in einem engen Zusammenhang. Weiterbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten für PTA sind ein zentraler Punkt, um den Beruf attraktiver zu machen. In der Anhörung zum PTA-Reformgesetz hat der BVpta darauf hingewiesen, dass es eine ganze Gruppe von Auszubildenden gibt, die die Ausbildung abbrechen, weil sie den Eindruck bekommen, dass der Beruf ihnen keine Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten bietet. Wenn wir aber die Möglichkeit eröffnen würden, dass den PTA zusätzliche Kompetenzen im Rahmen von Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen übertragen werden können, dann würden wir Entwicklungsperspektiven für PTA schaffen, die dann unter Umständen auch mit einer besseren Bezahlung verbunden sein können. Damit würden wir den Beruf insgesamt attraktiver machen. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich auch immer mehr Apotheker wünschen, dass sie ihren PTA mehr Aufgaben übertragen können und es deshalb unterstützen, wenn es Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote geben würde.

 

Nicole Westig, FDP: Beides ist zu unterstützen. Gerade geregelte Aufstiegschancen, etwa durch eine Weiterbildung, haben in anderen Bereichen gute Ergebnisse erzielt. In der Pflege gibt es bereits eine Vielzahl von Fachweiterbildungen, die beinahe selbstverständlich zur Berufsbiografie gehören, zum Beispiel die zur Intensiv- und Anästhesiepflege im Bereich der Intensivversorgung. Welche Fort- und Weiterbildungen hier ausgebaut und aufgebaut werden sollten, das muss uns die Praxis mitgeben. Politisch sollte aber das Ziel sein, Ausbildungen immer bundesweit einheitlich aufzustellen.

Daneben bin ich eine große Befürworterin der Praxisanleitung. Auszubildende müssen als Lernende ernst genommen werden. Praxisanleitung darf nicht vernachlässigt werden, denn durch sie wird durch gezieltes Üben im geschützten Raum Sicherheit und Selbstvertrauen vermittelt, die für den Beruf immens wichtig sind. Und selbstverständlich steht und fällt gute Praxisanleitung mit qualifizierten Personen, die sie erteilen.

 

Tino Sorge, CDU: Die Meinungen zur Dauer der Ausbildung gingen auch 2019 in der Anhörung des Deutschen Bundestages stark auseinander. Im Ergebnis haben wir uns für die Beibehaltung der 2,5 Jahre entschieden, da deutlich wurde, dass auch die neuen Ausbildungsinhalte in dieser Zeitspanne gut erlernt und vermittelt werden können. Sollte sich das als ungenügend erweisen, werden wir an Korrekturen konstruktiv mitarbeiten. 

Das Gesetz ist noch nicht in Kraft getreten. Man sollte sich daher im Hinblick auf mögliche Reformbedarfe zunächst die Auswirkungen in der Praxis anschauen, ehe die nächsten Schritte unternommen werden. Dabei könnten zukünftig insbesondere die Dauer der Ausbildung und die vermittelten Inhalte in den Blick genommen werden.

 

Martin Sichert, AfD: Die Forderungen des Bundesverband PTA, das heißt die Schaffung von verbindlichen, allgemein anerkannten Weiterbildungsmöglichkeiten für PTA und die Qualifizierung zur Praxisanleitung von PTA-Auszubildenden in der Apotheke, sehen wir vor dem Hintergrund der Stärkung der Ausbildungsberufe natürlich positiv.

 

Die Interviews führte Sabine Rieser, freie Journalistin.

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