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Vaginalmykosen

BRENNENDE RÖTUNGEN

Jucken und Brennen im Intimbereich können ein Hinweis auf einen Scheidenpilz sein. Vielen Frauen ist es unangenehm, über dieses Thema zu sprechen. PTA und Apotheker sollten daher in einem diskreten Rahmen beraten.

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Ein Scheidenpilz ist eine gynäkologische Pilzinfektion, die in 85 Prozent der Fälle durch den Erreger Candida albicans hervorgerufen wird. Dieser gehört zur Gruppe der Hefepilze, die sich wiederum unter die Sprosspilze einordnen lässt. Normalerweise breitet sich C. albicans über die Körperfläche aus, er kann jedoch auch tiefer liegende Gewebe befallen, insbesondere, wenn die Abwehr geschwächt ist.

Typische Symptome eines Scheidenpilzes sind Jucken im Intimbereich, Brennen, Rötungen sowie ein bröckeliger, gelblich-weißer Ausfluss . Auf der Vaginalschleimhaut befinden sich oft weiße Beläge, so genannte Soorbeläge, die im Extremfall auch die Vulva betreffen. In der Regel klagen Patientinnen außerdem über gerötete und geschwollene Schamlippen, am Rand zum gesunden Gewebe bilden sich oft kleine Bläschen. Der Ausfluss sollte geruchslos sein, denn ansonsten steckt unter Umständen eine andere Ursache wie beispielsweise eine bakterielle Infektion mit Staphylokokken oder Streptokokken des Typs A hinter den Beschwerden.

Hintergrund
Pilze sind hoch entwickelte, zellkernhaltige (eukaryontische) Zellen oder Zellverbände. Sie sind genetisch sehr viel enger mit menschlichen Zellen verwandt als es bei bakteriellen Zellen (Prokaryonten) der Fall ist. Eukaryonten besitzen Chromosomen, komplexe Membranstrukturen und eine Vielzahl an Organellen wie das endoplasmatische Retikulum (ER) oder Mitochondrien. Die Vermehrung der Hefepilze geschieht asexuell durch Sprossung oder Spaltung. Candida albicans besiedelt die Haut, Schleimhäute und den Verdauungstrakt. Er gilt als fakultativ pathogen – verursacht also nur unter bestimmten Bedingungen eine Krankheit.

Auf der Scheidenschleimhaut halten sich eine Vielzahl an Mikroorganismen auf. Die Laktobazillen sind Hauptbestandteil der Flora und gewährleisten einen pH-Wert von pH 4 bis 4,5, indem sie das von der Schleimhaut hergestellte Glykogen zu Milchsäure abbauen. Auch der Hefepilz Candida albicans gehört zu den Bewohnern der Scheide. Er findet im warmen, feuchten Milieu der Vagina und im Umfeld der Laktobazillen optimale Lebensbedingungen vor.

Normalerweise existieren die Kulturen friedlich nebeneinander her, das Vorliegen der Hefen führt also nicht zwangsläufig zu Krankheitsanzeichen. Verschiebt sich jedoch der pHWert in den neutralen oder basischen Bereich, kann eine krankhafte Pilzbesiedelung der Scheide und der Vulva ausbrechen. Begünstigende Faktoren dafür sind häufig eine Schwächung des Immunsystems zum Beispiel durch Stress oder durch eine Vernichtung der Laktobazillen aufgrund einer Antibiotikatherapie.

Weitere Lebensumstände wie Störungen im Hormonhaushalt, die Einnahme von immunsupprimierenden Medikamenten, andere Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus, Geschlechtsverkehr oder eine übertriebene Intimhygiene fördern ebenfalls eine Vaginalmykose. Schädlich ist auch das Tragen von Stringtangas, denn dadurch wird gegebenenfalls eine Übertragung von Darmkeimen in die Scheide unterstützt. In all diesen Fällen liegen für den Pilz günstige Bedingungen vor, um sich weiter zu vermehren.

Eine ernsthafte Gefahr stellt der Befall mit Hefepilzen selten dar, jedoch empfinden Patientinnen die Symptome als sehr unangenehm und fühlen sich oft in ihrer Lebensqualität und ihrem Wohlbefinden stark beeinträchtigt. Neben dem unangenehmen Juckreiz wird auch der Toilettengang zur Qual. Betroffene sollten grundsätzlich einen Arzt konsultieren, wenn:

  • die Symptomatik das erste Mal auftritt, um die Ursachen abzuklären.
  • die Beschwerden sich in regelmäßigen Abständen (öfter als vier Mal im Jahr) zeigen.
  • eine Schwangerschaft vorliegt. Dann müssen Patientinnen mit einem Scheidenpilz unbedingt einen Gynäkologen aufsuchen.
  • die Frauen jünger als 18 Jahre alt sind.
  • die Kunden sich ihrer Selbstdiagnose nicht sicher sind.

Im Gespräch mit dem Gynäkologen werden zunächst die bestehenden Symptome geschildert. Meist gelingt es dem Arzt, den Pilzbefall schon anhand des Fluors mit bloßem Auge festzustellen. Ein Abstrich des befallenen Bereichs kann mikroskopisch untersucht werden und lässt sich dabei aufgrund der typischen Pilzfäden und Sprosszellen meist recht leicht identifizieren. Bestehen Restzweifel an der Diagnose, dient eine Pilzkultur dem sicheren Nachweis. Wenn ein Pilzbefall ausgeschlossen ist, muss der Mediziner nach anderen Auslösern suchen.

Abgrenzung Die Kolonisation mit bakteriellen Keimen führt zu einem dünnflüssigen Ausfluss, der meist (im Gegensatz zum Fluor einer Candida-Infektion) sehr unangenehm riecht. Juckreiz und Brennen sind im Falle der Erkrankung eher selten, die Scheide weist in der Regel keine typischen Entzündungsanzeichen auf. Üblicherweise ist bei der bakteriellen Vaginose eine Therapie mit dem Wirkstoff Metronidazol oder Clindamycin als Vaginalcreme angezeigt.

Hilfe ohne Rezept Es gibt eine Reihe von verschreibungsfreien Antimykotika, die sich für die Selbstmedikation von unkomplizierten Vaginalmykosen eignen. In der Regel werden sie als Drei-Tage-Therapie angeboten und liegen in Form einer Creme für den äußeren Bereich sowie als Zäpfchen zum Einführen in die Vagina vor. Die Wirkstoffe Clotrimazol oder Miconazol gehören zur Gruppe der Imidazole und zeichnen sich durch eine gute Verträglichkeit aus.

Auch eine Ein-Tages-Therapie mit dem Wirkstoff Clotrimazol (500 Milligramm pro Tablette) hilft effektiv gegen die Beschwerden. In die Rezeptur ist dann Milchsäure eingearbeitet, welche die Freisetzung von Clotrimazol beschleunigt, dessen Wirkoptimum sich im sauren Milieu befindet. Zudem wird der Übergang in die Myzelphase aktiviert, sodass der Pilz für den Wirkstoff besser angreifbar ist. Durch die 500-Milligramm-Dosierung entsteht ein intravaginales Depot, das den betroffenen Bereich über mindestens drei Tage mit dem Wirkstoff versorgt.

»PTA sollten ihren Kundinnen erklären, wie man Vaginaltabletten richtig verwendet.«

Zwischen der Ein- und der Drei-Tages-Therapie (200 Milligramm pro Tablette) bestehen bezüglich Wirksamkeit und Verträglichkeit keine Unterschiede, die Beschwerden sind bei der Ein-Tages-Behandlung in den ersten beiden Anwendungstagen sogar rascher rückläufig. Nystatin und Ciclopiroxolamin sind Polyene, die Hefepilze bekämpfen, indem sie die Durchlässigkeit ihrer Zellwände erhöhen und somit wichtige Zellfunktionen beeinträchtigen. Auch eine perorale Therapie ist möglich: Dabei kommt der verschreibungspflichtige Wirkstoff Fluconazol zum Einsatz.

PTA und Apotheker sollten ihren Kundinnen erklären, wie man Vaginaltabletten richtig anwendet: Dem Produkt liegt in der Regel ein Applikator bei, dessen Stab man zunächst herauszieht. Dann setzt man die Tablette in das breite Ende des Hilfsmittels und bringt es in die Scheide ein. Der Stab wird nun bis zum Anschlag durchgedrückt, sodass die Vaginaltablette tief in die Vagina gelangt. Das Ganze geschieht am besten in Rückenlage mit angewinkelten Beinen.

Nach der Anwendung sollte der Applikator mit warmem Wasser sorgfältig gereinigt werden. Empfehlen Sie Ihren Kundinnen, die antimykotischen Zäpfchen abends vor dem Schlafengehen anzuwenden. Der Wirkstoff kann sich nachts gut verteilen und läuft nicht vorzeitig aus. Die Creme wird über den Tag verteilt etwa zwei bis drei Mal auf den äußeren Intimbereich aufgebracht.

Sollten die Symptome am vierten Tag trotz Behandlung mit rezeptfreien Medikamenten noch immer bestehen, muss die Kundin einen Arzt konsultieren, damit eine Fehldiagnose ausgeschlossen und das Verschleppen von anderen Erkrankungen verhindert werden. Daher liegen die verschreibungsfreien Varianten einer Clotrimazoltherapie grundsätzlich nur als Ein- bis Drei-Tage-Therapie vor. Ist keine Verbesserung der Beschwerden eingetreten, stellt der Gynäkologe fest, ob die Patientin mit ihrer Selbstdiagnose richtig lag oder andere Ursachen für die Erkrankung in Frage kommen.

Sensibel vorgehen Beachten Sie im Beratungsgespräch stets, dass es erkrankten Frauen schwer fallen kann, das Thema offen anzusprechen. Patientinnen vermuten häufig, dass sie an der Infektion selbst schuld seien und führen die Problematik fälschlicherweise auf mangelnde Hygiene zurück. Stellen Sie vorzugsweise geschlossene Fragen, welche die Frauen mit ja oder nein beantworten können.

Weisen Sie auf die Grenzen der Selbstmedikation hin und schicken Sie Erkrankte, wenn nötig, zum Arzt. Ist die Richtigkeit der Eigendiagnose abgeklärt, sollten PTA und Apotheker ein entsprechendes Präparat empfehlen und zur Anwendung und zusätzlich zu geeigneten Verhaltensmaßnahmen beraten.

Vorsicht Hausmittel! Tipps wie Antipilzdiäten oder Tampons, die nach dem Tränken in Naturjogurt in die Scheide eingeführt werden, sollten nicht beherzigt werden. Letzterer ist nicht nur ineffizient, sondern schädigt die Vaginalflora noch zusätzlich, da die Jogurts gelegentlich reizende Zusatzstoffe enthalten. Auch Antipilzdiäten sind erfolglos, da eine Besiedelung mit Candida albicans natürlich ist.

Sonderfall Schwangerschaft
Durch die veränderte Hormonkonzentration ist die Vermehrung von Hefepilzen im Rahmen der Schwangerschaft wahrscheinlicher. Liegen die Erreger während der Geburt im Vaginalbereich der Mutter vor, gelangen sie auf die Haut des Neugeborenen und finden über den Mund oft Eintritt in den Körper des Kindes. Da die Kleinen den Hefepilzen nichts entgegenzusetzen haben, sollten werdende Mütter im Falle einer Pilzinfektion stets behandelt werden. Der Frauenarzt kontrolliert einen möglichen Pilzbefall ab der 34. Schwangerschaftswoche über das Anlegen einer Pilzkultur – auch dann, wenn bei der Patientin keine Symptome vorliegen. Die klassischen Wirkstoffe (wie Clotrimazol) sind gut verträglich und eignen sich daher in jeder Phase der Schwangerschaft, hingegen sind orale Antimykotika kontraindiziert. Neugeborene, bei denen im Mund oder im Verdauungstrakt ein Pilzbefall vorliegt, werden mit Nystatin behandelt.

Leiden Patientinnen häufig unter Pilzinfektionen im Genitalbereich, ist eine Therapie mit Milchsäure oder mit gefriergetrockneten Kulturen des Milchsäurebakteriums ratsam. Die lebensfähigen Keime sollen die Vaginalschleimhaut besiedeln und pathogene Bewohner wie Candida albicans verdrängen. Auf diese Weise wird ein abwehrstarkes Scheidenmilieu hergestellt, sodass Infektionen unwahrscheinlicher werden.

Ist die natürliche Flora stark geschädigt, sind Vaginalzäpfchen mit Milchsäurebakterien geeignet. Präparate mit Milchsäure helfen, wenn noch Milchsäurebakterien vorliegen und die Flora lediglich unterstützt werden soll. Der Gynäkologe bestimmt den Störungsgrad der Scheidenflora, indem er den Säurewert misst.

Keine Ansteckungsgefahr Entgegen der Meinung vieler Laien kann man sich an einer vaginalen Pilzinfektion nicht anstecken, da in den meisten Fällen die Hefe Candida albicans die Beschwerden auslöst und diese Spezies ein natürlicher Bewohner der Schleimhaut ist. Oft vollzieht sich die Infektion endogen über den eigenen Intestinaltrakt. Es ist nicht möglich, sich die Erkrankung auf einer öffentlichen Toilette zu holen, da die Pilze außerhalb des körpereigenen Milieu nicht überleben. Stattdessen bricht die Infektion aus, wenn das lokale Immunsystem durch Stress oder eine Antibiotikumeinnahme geschwächt ist.

Wiederkehrende Candida-Infektion Frauen, die mehrfach unter Beschwerden leiden, tragen statt Candida albicans eventuell seine verwandten Erreger Candida glabrata oder Candida krusei mit sich. Beide Formen sind gegen die gängigen, antimykotischen Wirkstoffe resistent oder nicht ausreichend empfindlich, daher gestaltet sich eine Therapie gegen diese beiden Typen äußerst schwierig. Prinzipiell entscheidet der Arzt, ob bei chronisch rezidivierenden Vaginalmykosen eine systemische Therapie mit Fluconazol oder Itraconazol indiziert ist.

Beratungsgespräch Erklären Sie Ihren Kundinnen, dass ihr Scheidenpilz weder im Zusammenhang mit mangelnder Hygiene steht noch eine Geschlechtskrankheit ist. Der Chlorgehalt des Wassers im Schwimmbad schädigt das Scheidenmilieu, daher sollten sich Wasserratten nicht allzu lange im Becken aufhalten. Auch klassische Reinigungsmittel können die Schleimhaut reizen und den pH-Wert des sensiblen Milieus aus der Balance bringen.

Daher gibt es spezielle Intimwaschlotionen, die den empfindlichen Bereich schützen. Nach dem Waschen ist es wichtig, sich gründlich abzutrocknen. Intimpflegecremes pflegen gereizte, trockene Haut und bilden eine Art Schutzschicht. Unterwäsche, Waschlappen und Handtücher sind bei einer Pilzinfektion regelmäßig zu wechseln und zu waschen (bei 60 °C), spezielle Hygienespüler töten die Erreger ab. Patientinnen sollten auf eng anliegende, luftundurchlässige Kleidung verzichten. Nach dem Toilettengang wischt man am besten von vorne nach hinten, um das Risiko einer Schmierinfektion zu reduzieren.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 01/14 ab Seite 58.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)

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