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Wieso sind wir „heiß“ auf Sauna?

BRAIN WELLNESS

Der Wunsch nach Wärmebädern und das Wissen um ihre therapeutische Wirkung auf Körper und Geist begleiten die Menschen seit der Antike

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Kennen Sie das auch? Sie möchten sich von einer anstrengenden Woche erholen und gönnen sich eine Tageskarte für ein Wellnessbad. Und bereits kurz, nachdem Sie eine der Saunen betreten haben und die wohlige Wärme auf der Haut spüren, setzt die Entspannung ein, Sie atmen tief durch und kommen zur Ruhe. Aufgüsse, die das Hitzegefühl auf der Haut noch erhöhen, verstärken den Effekt weiter, bis Sie schließlich nach mehreren solcher Saunagänge völlig relaxt, ausgeruht und müde den Heimweg antreten.

Viele Völker haben in den letzten 2000 Jahren unabhängig voneinander solche „Wellnesstempel” erfunden. Während dabei ursprünglich neben den gesundheitsfördernden Aspekten stets auch rituelle und spirituelle Handlungen von Bedeutung waren, stehen heutzutage doch überwiegend die therapeutischen und das Wohlbefinden fördernden Wirkungen im Vordergrund.

Wie aber kommt dieser entspannende Effekt in der Sauna zustande? Die positiven Wirkungen des Saunabadens auf das Herz-Kreislauf-System, das Immunsystem oder auch die Haut sind allgemein bekannt und überwiegend auch gut verstanden. Unklar hingegen sind die Mechanismen, die zu den positiven Effekten auf das Gemüt und die allgemeine Stimmungslage führen. Während ein romantischer Dichter derartige Effekte spontan vermutlich ebenfalls mit den Wirkungen auf das Herz in Verbindung bringen würde, wissen Sie als Leser dieser Kolumne natürlich längst, dass Gefühle im Gehirn und nicht im Herzen entstehen. Zwangsläufig müssen sich die in der Sauna gesetzten Hitzereize also irgendwie auf die Hirnfunktion auswirken.

Der Schlüssel zum Verständnis der Saunawirkung auf das Gehirn liegt in der Funktion bestimmter Ionenkanäle der freien Nervenendigungen der Haut, so genannten TRPv3- und 4-Kanälen. Diese reagieren auf Hitzereize und führen so zu einer Erregung des entsprechenden Nerven. Dabei aktivieren gerade die in der Sauna erreichten Körpertemperaturen von bis zu 39,5°C diese Kanäle optimal. Die aktivierten Nervenendigungen übermitteln die Hitzeinformation dann an thermosensitive Neurone innerhalb der Raphe-Kerne im Hirnstamm. Diese sind unter anderem an der Regulation der Körpertemperatur beteiligt, projizieren aber auch in den präfrontalen Kortex und verschiedene Teile des limbischen Systems, wo sie Serotonin ausschütten.

Dieser oft als „Glückshormon” bezeichnete Botenstoff bewirkt in diesen Hirnbereichen nicht nur eine Aufhellung der Stimmung und gesteigerte Zufriedenheit, er kann sogar antidepressiv und angstlösend wirken, sodass man entsprechenden Patienten bedenkenlos zu Saunabesuchen raten kann! Aber auch für alle Gesunden ist das Saunieren in aller Regel ein „Genuss ohne Reue”, mit einer Fülle positiver Wirkungen auf Körper und Geist – und so kennen Sie das sicher auch …

ZUR PERSON
Prof. Dr. Holger Schulze
Hirnforscher
Holger.Schulze@uk-erlangen.de 

Prof. Dr. Schulze ist Leiter des Forschungslabors der HNO-Klinik der Universität Erlangen-Nürnberg sowie auswärtiges wissenschaftliches Mitglied des Leibniz-Instituts für Neurobiologie in Magdeburg. Seine Untersuchungen zielen auf ein Verständnis der Neurobiologie des Lernens und Hörens. www.schulze-holger.de  
 

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/12 auf Seite 12.

 


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Holger Schulze

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