Lila Tomate hängt am Strauch© Aliaksandr Bahdanovich / iStock / Getty Images Plus
Der natürliche Lebensmittelfarbstoff der Roten Beete, Betanin, der ursprünglich nicht in Tomaten vorkommt, sorgt durch seine Biosyntheseleistung dafür, dass die Tomate sein purpurfarbenes Äußeres bekommt.

Biosynthese

DIE TOMATE IM LILA GEWAND

Die rote Farbe der Tomate ist legendär. Was aber, wenn sie plötzlich lila wäre? Genau das ist einem Forscherteam nun mittels  des natürlichen Lebensmittelfarbstoffs der Roten Beete gelungen. Doch hinter dieser Art der Erzeugung steckt weit mehr. Auch bei der Herstellung von Medikamenten wird es eine Rolle spielen.

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Sie schmeckt nicht nur gut, sondern sie sieht auch noch gut aus: die Tomate. Wir essen Tomaten im Salat, auf dem Brot oder einfach mal zwischendurch. Innerhalb der Studie war es nicht das primäre Ziel des Forscherteams des Leibniz-Instituts für Pflanzenbiochemie (IPB) eine neue Tomatensorte für die Verbraucher zu entwickeln. An erster Stelle stand vielmehr die Weiterentwicklung der Genetic Engineering-Methoden, die sich mit der Produktion eines gut sichtbaren Farbstoffes sehr viel einfacher analysieren lassen. Pflanzen sind effektiv, aber ihre Produktionssysteme bleiben kompliziert. So können Pflanzen über eine Vielzahl an Regulationsmechanismen die gesamte Biosynthese einer zu produzierenden Substanz drosseln oder steigern. Der Leiter der Studie Sylvestre Marillonnet erklärt hierzu: „Diese komplexen Rückkopplungen sind bisher kaum verstanden. Hier bedarf es noch viel Forschungsarbeit“.

Die Studie

Das Team um Marillonnet musste einiges planen und im Nachgang verändern, um die erhoffte Biosyntheseleistung zu bekommen. Hier stand der natürliche Lebensmittelfarbstoff der Roten Beete, Betanin, der ursprünglich nicht in Tomaten vorkommt, im Fokus. Die Hallenser Wissenschaftler haben neben den drei für die Betaninproduktion erforderlichen Biosynthesegene zusätzlich noch mehrere genetische Schalter mit denen die eingeschleusten Gene nur in den Früchten und alle gleichzeitig exakt zur Reifezeit aktiviert werden konnten in die Tomatenpflanze gebracht. Trotz dieser ganzen Maßnahmen gab es zu Beginn nicht den erhofften Erfolg, da die Betaninproduktion zu gering ausfiel. Zünglein an der Waage war letztlich ein viertes Gen, dass für die Bereitstellung eines wichtigen Ausgangsstoffes verantwortlich ist. Dadurch war es möglich, die Biosynthese des Farbstoffes nachhaltig zu steigern.  So wurden aus tiefroten Tomaten pupurfarbene Tomaten, die sogar eine höhere Menge an Betanin enthalten als Rote Beete. 
 

Auch zum Verzehr geeignet

Die Forscher können aus den Ergebnissen wichtige Erkenntnisse hinsichtlich gentechnischer Methoden ziehen. Zusätzlich weist der Leiter der Studie darauf hin, dass die Tomaten auch zum Verzehr geeignet seien und zudem einen gesundheitsfördernden Effekt hätten. Das Betanin besitzt eine stark antioxidative Wirkung. Außerdem kann man die lila Früchte als Quelle des Lebensmittelfarbstoffes Betanin verwenden. Es gab bereits erste Versuche, Joghurt und Limonade mit Tomaten-Betanin zu färben. Die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend. 
 

Großer Forschungsbereich am IPB

Am Leibniz-Instituts für Pflanzenbiochemie werden neben dem Genetic Engineering – der Stoffproduktion in Pflanzen - alle gängigen Verfahren zur Gewinnung von pflanzlichen Wirkstoffen detailliert erforscht. Hierunter fallen neben der klassischen organischen Synthese auch die Entwicklung von biotechnologischen Methoden. Durch diese Herangehensweise können die gewünschten Produkte von Bakterien oder Hefen erzeugt werden. Auch das Verfahren der Biokatalyse wird am Institut bearbeitet. Das noch relativ junge Verfahren zeigt aber bereits vielversprechende Ansätze. Bei diesem Verfahren werden die Gene von pflanzlichen Biosyntheseenzymen gentechnisch in Mikroorganismen modifiziert, sodass neue Enzyme mit gewünschten Eigenschaften entstehen. Die dadurch neu entstandenen Enzyme werden dazu genutzt, im Reagenzglas neue Synthesen von begehrten Produkten zu designen.
Welche Herangehensweise man wählt, hängt letztlich von der strukturellen Beschaffenheit der zu produzierenden Substanz ab. Es gibt pflanzliche Wirkstoffe, wie beispielsweise Morphin oder andere Schlafmohnalkaloide, die einen solch komplexen Aufbau haben, dass es nach wie vor am wirtschaftlichsten ist, wenn man sie aus der Pflanze selbst gewinnt. 

Quellen:
Ramona Grützner, Ramona Schubert, Claudia Horn, Changqing Yang, Thomas Vogt & Sylvestre Marillonnet: Engineering Betalain Biosynthesis in Tomato for High Level Betanin Production in Fruits. Frontiers in Plant Science, doi.org/10.3389/fpls.2021.682443
https://idw-online.de/de/news776844
 

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