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Diabetes Life

BEWEGTES LEBEN

Aktiv sein lohnt sich für Menschen mit Diabetes in mehrfacher Hinsicht. Doch viele schrecken zurück, wenn sie nur das Wort Sport hören. Erklären Sie Ihren Kunden mit Diabetes, worauf es bei Bewegung ankommt und wie sie aktiver werden können.

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Viele Menschen mit Typ-1-Diabetes sind regelrechte Sportskanonen. Sie laufen Halb- oder sogar einen ganzen Marathon, fahren ausgiebig Rad, schwimmen oder wandern gerne. Bewegung gehört für sie zu ihrem Leben einfach dazu. Und das ist gut, denn regelmäßig aktiv zu sein hilft beim Umgang mit der individuellen Diabetes-Therapie. Sport und Alltagsbewegung haben einen direkten Einfluss auf den Blutzucker.

Typ-2-Diabetes ist kein Alterszucker Allerdings haben rund 90 bis 95 Prozent der Menschen mit Diabetes hierzulande einen Typ-2, auch Lifestyle-/Lebensstil-Diabetes genannt. Die Bezeichnung Alterszucker für Typ-2 ist längst überholt. Denn heute gibt es sogar schon Kinder, die an dieser Diabetes-Form leiden. Zu den Ursachen bei den Kids gehören neben Übergewicht, ungesundem und kalorienreichem Essen auch Bewegungsarmut. Bei Erwachsenen spielt neben Genetik, Übergewicht, herabgesetzter Sensibilität gegenüber Insulin und gestörter Insulinausschüttung ebenfalls der Bewegungsmangel eine zentrale Rolle bei der Entstehung.

Ein bewegtes Leben tut jedem Menschen gut. Bei Diabetes, insbesondere vom Typ-2, zählt regelmäßig aktiv sein im Alltag sowie extra Bewegung heute mit zu den wichtigsten Therapiebausteinen. Denn Bewegung kann helfen Blutzuckerwerte zu verbessern und Übergewicht gesund, langfristig und dauerhaft abzubauen. Ein Leben mit dem nötigen Quantum Bewegung ist, insbesondere bei dieser chronischen Stoffwechselerkrankung, überaus wichtig. Dabei ist nicht gemeint sportliche Höchstleistungen zu erbringen, sondern etwas zu finden, was Spaß macht.

Nach langer Sportpause vorher zum Arzt Viele Menschen mit Typ-2-Diabetes waren während ihrer Schulzeit oder als junge Erwachsene das letzte Mal so richtig aktiv. Fragen Sie im Kundengespräch nach, wie lang es her ist, dass aktiv Sport getrieben wurde. Empfehlen Sie die Rücksprache mit dem Hausarzt oder dem Diabetes-behandelnden Arzt, bevor sich, Ihre Kundin oder Ihr Kunde dazu entschließt, künftig wieder aktiver zu werden. Der Arzt kann individuelle Vorschläge für geeignete Sportarten geben.

Wichtig ist auch, dass die jeweilige Diabetes-Therapie angepasst wird. Tipps und Hilfen rund um das Thema Sport bei Diabetes bietet die Arbeitsgemeinschaft Sport der Deutschen Diabetes Gesellschaft DDG unter www.diabetes-sport.de sowie die Deutsche Diabetes Hilfe unter: www.diabetesde.org/diabetes-sportgruppen-deutschland. Die Teilnahme an Diabetes-Sportgruppen bietet eine gute Motivation mit mehr Aktivität zu starten und vor allem am Ball zu bleiben.

So beeinflusst Sport den Blutzuckerspiegel Wer aktiv ist, auch wenn es nur die Garten- oder Hausarbeit ist, kann mit einer Veränderung des Blutzuckerspiegels rechnen. Falls Blutzuckermessungen nicht täglich dazugehören, empfiehlt es sich trotzdem den Blutzucker zu kontrollieren. Wird Insulin gespritzt oder werden oralen Antidiabetika eingenommen, sollte unbedingt vor und nach der Bewegung getestet werden. Insulin, aber auch Sulfonylharnstoffe und Glinide, könnten in Kombination mit mehr Bewegung eine Unterzuckerung bewirken. Empfehlenswert ist es, die Werte digital im Gerät oder manuell zu dokumentieren.

Damit es während der körperlichen Aktivität nicht zur Unterzuckerung (Hypoglykämie) kommt, sollten Ihre Kunden mit Diabetes schnell verdauliche Kohlenhydrate wie beispielsweise eine Banane, Trockenobst oder einen Müsliriegel zu essen und etwas Traubenzucker dabei zu haben. Bei Blutzuckerwerten ab 250 mg/dl (14,0 mmol/l) kommt es zur Übersäuerung des Blutes. Zusätzliche Bewegung treibt den Blutzucker kurzfristig weiter in die Höhe, daher ist Sport in diesem akuten Fall keine sinnvolle Maßnahme, den Blutzucker zu senken. Verantwortlich dafür ist Glucose, die durch die kurzfristige Aktivität aus dem Blut zur Energiebereitstellung in den Muskel wandert. Regelmäßige, moderate Bewegung senkt den Blutzucker dagegen und sorgt langfristig dafür, dass weniger Insulin gebraucht wird beziehungsweise sich die Insulinempfindlichkeit der Zellen erhöht.

Empfehlenswerte Sportarten Zügiges Gehen, Nordic Walking, Radfahren, Schwimmen, Skilanglauf, Wandern oder strammes Spazierengehen bieten sich als geeignete Bewegung bei Typ-2-Diabetes an. Kardiotraining ist besonders gut geeignet zur Unterstützung einer gesunden Gewichtsabnahme. Zahlreiche Studien belegen, dass sich ein moderates Krafttraining in Kombination mit regelmäßigem Ausdauertraining im Verhältnis 40 zu 60 oder 50 zu 50 sehr gut für Menschen mit Typ-2-Diabetikes eignet. Damit werden Muskeln und das Herz-Kreislauf-System perfekt trainiert. Auch die innere Balance profitiert, denn depressive Verstimmungen kommen bei Menschen mit Diabetes gehäuft vor. Sport hilft dabei, Stress abzubauen und Endorphine (Glückshormone) freizusetzen. Das macht auf Dauer zufrieden, hebt die Laune und verbessert zudem die Schlafqualität. Empfehlenswert sind zwei bis drei Einheiten zu jeweils einer halben Stunde pro Woche.

Alltagsbewegung für mehr Wohlbefinden Neben den empfohlenen drei Fitnesseinheiten pro Woche ist Alltagsbewegung besonders wichtig, wieder aktiver zu werden und damit auch den Blutzuckerspiegel positiv zu beeinflussen. So bietet es sich an, zunächst erst einmal bewusst mehr Schritte zu gehen. Der Durchschnittsbürger geht rund 5000 Schritte täglich. Die Gesundheit profitiert besonders, wenn jeden Tag mindestens 8000, besser noch 10 000 Schritte geschafft werden. Empfehlen Sie Ihren Kundinnen und Kunden dazu beispielsweise einen Schrittzähler, eine Fitnessuhr oder eine App fürs Smartphone.

Prima ist es, erst einmal eine Ist-Aufnahme zu machen und davon ausgehend Stück für Stück die Schrittzahl auf die empfohlene Menge zu erhöhen. Empfehlen Sie im Alltag bewusst Stufen statt den Aufzug zu nehmen. Gerät Ihr Kunde aus der Puste, einfach langsamer gehen oder eine Pause einlegen. Die Kondition bessert sich dabei recht schnell und motiviert weiterhin Treppen zu nutzen. Empfehlen Sie sämtliche Wege, die kürzer als einen Kilometer sind, stets zu Fuß zu erledigen. Für weitere Strecken bietet sich das Rad oder ein E-Bike an.

Auch wenn E-Bikes mit Motor fahren, ist das Training trotzdem effektiver, als mit dem Auto zu starten. Optimal für Alltagsfitness sind auch Momente, in denen man ohnehin warten muss. Sei es beim Kochen, Warten auf die Bahn oder den Bus, aber auch beim Fernsehen, Telefonieren oder Zähneputzen. Geeignet sind Dehnübungen, Kniebeugen, auf einem Bein stehen, auf die Zehenspitzen stellen oder Füße abwechselnd kreisen. Oder beim Telefonieren umherlaufen und jede Stunde bewusst fünf Minuten aufstehen und sich bewegen. Solche kleinen Dinge summieren sich über den Tag verteilt und sind eine echte Bereicherung für Körper, Seele und Blutzucker.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/2021 ab Seite 120.

Kirsten Metternich von Wolff, freie Journalistin

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