Kleiner Pieks, großer Effekt: Laut einer neuen Studie könnte die Impfrate in Deutschland durch Impfungen in der Apotheke gesteigert werden. ©scyther5 / iStock / Getty Images Plus

Grippeimpfung | Impf-Switch

BESSERE IMPFQUOTE DANK APOTHEKE?

Es ist ein heiß diskutiertes Thema: Sollte man Apotheken mit in die Gesundheitsvorsorge einbeziehen und gegen Grippe impfen lassen? Neue Zahlen bekräftigen diesen Vorschlag, der aktuell von der Bundesärztekammer abgelehnt wird.

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Mittlerweile gilt die Grippewelle 2017/18 als beendet. Die Bilanz zeigt eine Verschärfung der Situation im Vergleich zur vorherigen Saison: mehr als 330 000 Menschen erkrankten an Influenza, knapp 1100 Infizierte verstarben. Gleichzeitig setzte eine gewisse Impfmüdigkeit ein, auch innerhalb der Risikogruppen (Senioren, Schwangere, Arbeitende im Gesundheitswesen) ist die Impfbereitschaft gesunken. Dies ist aus mehreren Gründen problematisch: Zum einen können so kaum Grippeerkrankungen und Todesfälle in Risikogruppen vermieden werden. Zum anderen könnte durch die reduzierte Impfstoffproduktion (aufgrund geringer Nachfrage) im Falle einer Pandemie nicht die benötigte Impfstoffmenge zur Verfügung stehen.

Die Frage lautet also: Impfpflicht oder Impf-Switch? Für Prof. Dr. Uwe May, Studiendekan des Master-Studiengangs „International Pharmacoeconomics, Health Economics&Market Strategies for Healthcare Products“ an der Hochschule Fresenius, scheint das nach seinen aktuellen Studienergebnissen keine Frage mehr zu sein. „Würden wir den Impf-Switch zulassen, das heißt den Influenza-Impfstoff aus der Verschreibungspflicht entlassen und die Apotheken-Impfung zulassen, würde das die Impfrate deutlich steigern und die Zahl der Erkrankungen signifikant senken.“

Laut den Ergebnissen der Studie könnte durch die Apotheken-Impfung eine Steigerung der Impfrate um zwölf Prozent erreicht werden, wodurch geschätzte 4700 Krankenhausaufenthalte oder 41 durch Grippeerkrankungen ausgelöste Todesfälle verhindert werden könnten. In seiner Funktion als Gesundheitsökonom rechnete May direkt weiter: Wirtschaftlich betrachtet bedeute die Apothekenimpfung knapp drei Millionen weniger Arbeitsunfähigkeitstage im Jahr, was einer Kosteneinsparung von über einer Milliarde Euro gegenüber der aktuellen Situation entspräche. Die für die Kostenträger entstehenden Kosten schätzt er auf knapp 340 Millionen Euro, eine moderate Aufwendung und in seinen Augen notwendig für die Durchführung des Impf-Switchs.

Als Basis seiner Rechnung dienten Zahlen aus dem Ausland, in denen die Grippeimpfung bereits in Apotheken verabreicht wird. Dadurch konnte beispielsweise Irland seine Impfquote von 9000 auf 78 000 steigern. Auch in Kanada stieg allein im Einführungsjahr des Impf-Switches die Rate unter den über 65-Jährigen um zehn Prozent an. Lange Wartezeiten beim Arzt sieht der Gesundheitsökonom weiterhin als große Hürde an, durch die Impfung in der Apotheke käme man somit nicht nur dem Patienten entgegen, man würde auch den Arzt entlasten. Und auch wenn May sich sicher ist, dass der Impf-Switch gut akzeptiert werden würde, sieht er die Apotheke auch heute schon als wichtigen Anlaufpunkt für Information und Beratung, letztlich um Ängste und Bedenken hinsichtlich der Grippeimpfung abzubauen.

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft

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