Yamswurzel© slowmotiongli / iStock / Getty Images

Botanicals

BEGEHRTE KNOLLEN

Unter den Yamswurzeln gibt es viele Arten mit unterschiedlichen Einsatzgebieten. In der Apotheke werden vor allem Präparate mit der Wilden Yamswurzel verlangt. Aber sind diese eigentlich empfehlenswert?

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Yam Yam – Mit diesen Worten wird im Allgemeinen ein Essen gewertschätzt, das ausgesprochen lecker ist. Yam basiert auf einem westafrikanischen Dialekt und bedeutet so viel wie „essen“. Botanisch wird mit Yam, Yams oder Yamswurzeln (Dioscorea) eine Pflanzengattung aus der Familie der Yamswurzelgewächse (Dioscoreaceae) bezeichnet, die mit circa 800 Arten vor allem in den Tropen verbreitet ist. Die ausdauernden krautigen Pflanzen gedeihen ab mindestens 20 Grad Celsius (°C) und benötigen regelmäßige Niederschläge, hohe Luftfeuchtigkeit sowie lockere, tiefgründige, humose Böden.

Tropische Kletterpflanze Die mehrjährigen Dioscoreen winden sich gerne mehrere Meter hoch an anderen Pflanzen empor. Sie tragen an ihren Stängeln wechsel- oder gegenständig angeordnet große herzförmige Blätter, die drei- bis siebennervig und in Blattstiel und Blattspreite gegliedert sind. Ihre Blüten sind entweder männlich oder weiblich (eingeschlechtlich). Meist wachsen sie auf verschiedenen Pflanzen (zweihäusig, diözisch), selten in getrennten Blütenständen auf der gleichen Pflanze (einhäusig, monözisch). Die Frucht ist eine dreikantige Kapselfrucht mit flachen, geflügelten Samen.

Von besonderem Interesse sind ihre Knollen, deren Wachstum unter Kurztagsbedingungen (höchstens 12 bis 14 Stunden Tageslicht) ausgelöst wird. Als Überdauerungsorgane werden Spross- oder Wurzelknollen gebildet, die sich je nach Art in Größe, Gestalt und Farbe unterscheiden können. Die bräunlichen Knollen besitzen eine raue Schale, die meistens haarig ist. Sie können eine Länge von bis zu zwei Metern erreichen und bis zu 20 Kilogramm schwer werden. Ihre Form ist keulenförmig bis rundlich und das Fruchtfleisch variiert von weiß-rötlich bis hin zu violett.

Ein Leckerschmecker Da die Knollen der verschiedenen Dioscoreen verzehrt werden können, wurde das tropische Gewächs schon in prähistorischer Zeit als Nahrungspflanze geschätzt. Um circa 3000 vor Christus begann man die Yamswurzel in West- und Südostafrika zu kultivieren, wo sie noch immer ein wichtiges Grundnahrungsmittel darstellt. Ihre essbaren Knollen sind vor allem aufgrund ihres hohen Stärkegehalts interessant. Yamswurzeln sind nach Kartoffeln, Maniok und Süßkartoffeln die viertwichtigste Gruppe der Stärke speichernden Knollenpflanzen. Zudem sind ihre Knollen reich an Provitamin A und Kalium.

Die meisten Sorten schmecken süßlich und ähneln im Geschmack Esskastanien und Kartoffeln, nur wenige sind leicht bitter. Die meisten Arten dürfen nur gekocht verzehrt werden, da sie im rohen Zustand durch ihren Gehalt an Alkaloiden toxisch sind. Sie lassen sich vielseitig zubereiten. Wurzeln mit zarter Schale lassen sich im Ganzen verwenden. Eine harte Schale sollte zuvor zunächst abgeschält und kleingeschnitten werden. Yamswurzeln eignen sich zum Kochen, Dämpfen, Frittieren oder Backen. Zu den gängigen Gerichten zählen ein gestampfter Brei (in Westafrika als „Fufu“ bekannt), gebratene Scheiben oder Pommes Frites sowie Suppen aus der Yamswurzel. Zudem werden die Knollen zur Herstellung von Yamsmehl und Yamsstärke genutzt.

Zu Ehren des berühmten griechischen Arztes Dioskurides (40 bis 90 n. Chr.) lautet die Gattungsbezeichnung der Yamswurzel Dioscorea.

Mühevolle Ernte Heute werden vor allem in Westafrika (90 Prozent der Welternte) mehrere unterschiedliche Yams-Arten als stärkeliefernde Nahrungspflanzen angebaut. Die wichtigsten Anbaugebiete liegen in Nigeria, Ghana und der Elfenbeinküste. Aber auch in Ost- und Südasien, Südamerika und der Karibik finden sich Kulturen. Der Yamsanbau ist sehr arbeitsintensiv, da die Knollen tief in der Erde wachsen, aus der sie per Hand ausgegraben werden müssen. Dafür werden sie einzeln freigelegt und aus lang gezogenen Erdhügeln möglichst unversehrt herausgezogen. Eine Verletzung der Wurzeln gilt es unbedingt zu vermeiden, da sie sonst schnell verderben. Von den etwa zwanzig als Nahrungspflanzen kultivierten Arten sind der Wasser-Yams (Dioscorea alata, Indien bis Malaysia), der Weiße Yams (Dioscorea rotunda, Westafrika) und der Gelbe Yams (Dioscorea cayenensis, Westafrika) die bedeutendsten.

Naturheilkundliches Interesse Die Wilde Yamswurzel (Dioscorea villosa L.) wird hingegen vor allem aus medizinischem Interesse kultiviert. Diese Yams-Art trägt auch aufgrund ihrer zottigen, herzförmigen Blattform das Synonym Zottige Yamswurzel, was bereits im Artnamen zum Ausdruck kommt (lat. villosa = zottig, rau). Dioscorea villosa L. ist eine im östlichen Nordamerika heimische Kletterpflanze, die sich mit ihren meist kahlen, längs gerieften oder geflügelten Stängeln in Wuchshöhen von bis zu sieben Meter winden kann. Ihr Verbreitungsgebiet reicht im Norden vereinzelt bis nach Kanada hinauf, im Osten und Süden ist sie bis zur Atlantikküste und dem Golf von Mexiko und im Westen bis zur Prärie zu finden. Dort kommt sie bis in Höhenlagen von 1500 Metern vor und besiedelt sowohl feuchte als auch steinige Areale. Diese Yams-Art ist zweihäusig getrenntgeschlechtlich und sowohl die kleinen weiblichen als auch männlichen Blüten haben eine grünlich-weiße Farbe.

Steroidsaponin Diosgenin Dioscorea villosa L. spielte schon bei den nordamerikanischen Ureinwohnern eine wichtige Rolle als Arzneipflanze. Traditionell wurde ihr getrockneter Wurzelstock (Dioscoreae villosae rhizoma) von den Indigenen zur Behandlung von Menstruations- und Wehenschmerzen verwendet. Auch galt ein alkoholischer Auszug aus dem Rhizom als ein Aphrodisiakum. Heute werden Nahrungsergänzungsmittel (NEM) mit der Wilden Yamswurzel vor allem zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden und gegen prämenstruelle Beschwerden (PMS) angeboten. Hintergrund dafür ist das im Wurzelstock enthaltene Steroidsaponin Diosgenin. Dieses soll – so die Annahme – im Körper zu Progesteron umgewandelt werden.

Da aber im Organismus keine Verstoffwechselung des Diosgenins zum Gelbkörperhormon stattfindet, ist die postulierte Wirkung der NEM unter den Wissenschaftlern umstritten. Theoretisch möglich und auch praktisch durchgeführt wird hingegen eine halbsynthetische Herstellung von Progesteron, wobei Diosgenin aus der Wilden Yamswurzel als Basis dient. Dieses aus pflanzlichen Vorstufen hergestellte Gelbkörperhormon wird häufig als natürliches Progesteron bezeichnet und findet in Fertigarzneimitteln Verwendung. Eindeutiger ist seine Bezeichnung als bioidentisches oder naturidentisches Progesteron.

TCM und Anthroposophie Die Anthroposophie schätzt die Chinesische Yamswurzel (Dioscorea batatas). Diese in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) bereits seit langem bei emotionaler Instabilität und Qi-Mangel eingesetzte Pflanze nannte Rudolf Steiner Lichtyam oder Lichtwurzel. Sie soll nach seiner Auffassung eine der wenigen Pflanzen sein, die in der Lage ist, in großen Mengen „Lichtäther“ zu speichern und diese Energie wieder über die Ernährung dem menschlichen Organismus zuzuführen. Die Anthroposophie schätzt Dioscorea batatas noch heute als Kraftspender zur Stärkung der Lebenskräfte.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/2021 ab Seite 130.

Gode Chlond, Apothekerin

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