Staphylococcus Aureus-Bakterien auf der Haut.© selvanegra / iStock / Getty Images Plus
Staphylococcus-Aureus-Bakterien können die Symptome von Neurodermitis-Patienten verschlimmern.

Bakterien

ENZYME ZERLEGEN MIKROBIOM DER HAUT

Die Bakterien, die auf unserer Haut leben, schützen uns einerseits, können andererseits aber Krankheiten auslösen. Bislang konnte man das Mikrobiom kaum entschlüsseln. Forschern gelang nun ein besonderer Kniff, der die Therapie von Neurodermitis und Akne verbessern könnte.

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Staphylococcus aureus, Propionibakterien, Laktobazillen: Diese und noch mehr sind Bestandteil unseres Hautmikrobioms. Der Bakterienfilm schützt uns vor Krankheitserregern. Bei Hautkrankheiten wie Neurodermitis, Schuppenflechte oder Akne sind die Hautkeime aus dem Gleichgewicht geraten.

Dr. Martin Köberle, Leiter des Labors Dermatoinfektiologie am Klinikum Rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM), erklärt: „Unser Ziel ist es herauszufinden, welche Rolle die verschiedenen Hautbakterien bei solchen Erkrankungen spielen.“ Das Problem: Bislang ist die genaue Zusammensetzung des Mikrobioms nicht bekannt.

Analyse scheitert an Störfaktoren

Die althergebrachte Anzucht auf Agar agar-Nährböden kann das Verhältnis der Bakterien zueinander nicht entschlüsseln. Einige Bakterien eines Hautabstrichs vermehren sich auf dem Medium langsamer, andere besser. So können einzelne Arten oder Stämme übersehen werden. Neuere Analysemethoden sequenzieren die Erbsubstanz einer Probe. Auch das ist ungenau, denn eine Probe enthält nicht nur die lebendigen Bakterien des Mikrobioms, sondern auch DNA aus Hautzellen und Bruchstücke toter Bakterien – ob früherer Teil des Mikrobioms oder beseitigter Eindringling. Ein neues Verfahren musste her.

Damit beschäftigten sich Köberle und sein Kollege, der Biologe Dr. Yacine Amar, beide Mitarbeiter des Dermatologen Professor Dr. Tilo Biedermann an der TUM, gemeinsam mit weiteren internationalen Forschern aus verschiedenen Bereichen. Ihre Idee: Wenn man die Fremd-DNA aus toten Bakterien und Hautzellen aus einer Probe entfernen könnte, bliebe nur das Mikrobiom übrig. Der Schlüssel dazu war ein Enzym.

Steckbrief Benzonase
Benzonase ist eine Nuklease, ein Enzym zum Abbau von Erbsubstanz. Benzonase zerlegt also lange Nukleotid-Ketten in kleine Stücke, die dann abzentrifugiert werden können. Das nutzt man beispielsweise, um DNA-Reste aus biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln zu entfernen. Das Enzym arbeitet auch in Anwesenheit von Detergenzien, Harnstoff, Phenol und anderen störenden Substanzen. Es zerlegt Erbsubstanz im Einzel- oder Doppelstrang und auch in Kreisform.

Was stört, wird zerstört

Das Team griff zu Benzonase. Der besondere Clou: Das Enzym kann zwar die Erbsubstanz aller Lebeweise zerkleinern, dann wäre auch die des Mikrobioms ruiniert. Lebende Bakterien haben im Gegensatz zu menschlichen Zellen und toten Keimen jedoch eine Zellwand. Diese schützt das Erbgut vor der Benzonase. So zerstörten die Forscher nur die störenden Zellen und konnten die übrig gebliebenen Bakterien anschließend gezielt untersuchen.

Amar berichtet: „Unsere Experimente haben gezeigt, dass sich mit dieser Methode tatsächlich die Fremd-DNA vollständig eliminieren und das Mikrobiom der Haut selektieren lässt.“ Zunächst testete er das Verfahren an künstlichen Proben mit verschiedenen Zelltypen in fixem Verhältnis. Nach der Vorbehandlung mit Benzonase ergab die Sequenzierung präzise das erwartete Ergebnis: die Zusammensetzung der intakten Bakterien. Auch Analysen von echten Hautabstrichen zeigten keine Rest-DNA von toten Bakterien.

Das Verfahren im Video

Chancen für Hautkranke

Köberle sieht in der Methode großes Potenzial für die Dermatologie: „Die enzymbasierte Selektion von lebendigen Hautbakterien kann uns helfen, einerseits mikrobielle Biomarker für bestimmte dermatologische Krankheiten zu finden, andererseits aber auch die Bakterien zu identifizieren, die den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. Sie könnten vielleicht eines Tages gezielt für eine Therapie eingesetzt werden.“ Man könnte dann in Patientenproben untersuchen, ob das Hautmikrobiom gestört ist, und es anschließend gezielt aufbauen.

Quellen:
https://idw-online.de/de/news774106
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-312018/oekogemeinschaft-mensch/
https://www.youtube.com/watch?v=qMsYJGqJLlQ&t=2s

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