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Dokumentation

AUFSCHREIBEN UND AUFBEWAHREN!

Gemeint sind die diversen Dokumentationen in den unterschiedlichen Bereichen, die selbstverständlich mit zum Apotheken-Alltag gehören. Sind sie nur nerviges Übel oder sinnvolles Muss?

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In der Apotheke sind Dokumentationen verpflichtend. Sie nehmen ebenso wie Kundenberatung, Belieferung von Rezepten oder Anfertigung von Rezepturen einen wichtigen Platz ein. Doch warum gibt es diese Vorschriften? Und wieso gibt es unterschiedliche Aufbewahrungsfristen für die Belege?

Es geht um die Sicherheit Arzneimittel müssen sicher sein, was ihre Wirkung, Nebenwirkungen und Anwendung betrifft. Daher ist auch in der Apotheke eine Überprüfung der Qualität von Ausgangsstoffen oder von Fertigarzneimitteln erforderlich. Die dabei erhaltenen Ergebnisse werden schriftlich festgehalten und abgespeichert. Weitere Bereiche, in denen eine Dokumentation obligatorisch ist, sind beispielsweise alles, was den Umgang mit Betäubungsmitteln oder die Abgabe verschreibungspflichtiger Tier-Arzneimittel betrifft. Ebenso müssen sämtliche Aufzeichnungen rund um die Herstellung einer Rezeptur oder Defektur dokumentiert werden. Es stehen unterschiedliche Formblätter oder Formulare zur Verfügung, in die, je nach Bereich, verschiedene Informationen zu einem Arzneimittel selbst, dem Verschreibenden oder dem Kunden einzutragen sind.

Grundsätzlich sind entweder ein Ausdruck auf Papier oder das Abspeichern der Daten in digitaler Form möglich. Die Aufbewahrungsfristen sind konkret festgelegt und für die verschiedenen Bereiche jeweils unterschiedlich lang. Auch wenn man es nicht immer nachvollziehen kann: Sie richten sich nach dem Ausmaß und der Gefährdung, die von den jeweiligen Substanzen ausgehen. Daher ist es auch wichtig, dass alle verpflichtenden Einträge kontinuierlich und tagesaktuell erstellt werden. Bei einer Besichtigung der Apotheke durch die Aufsichtsbehörde müssen unter anderem auch diese Dokumentationen zur Überprüfung vorgelegt werden. Schwerwiegende Fehler im Bereich der Dokumentationen können, wie andere Beanstandung bezüglich der Nichteinhaltungen der gesetzlichen Vorschriften auch, zu einem vorübergehenden Entzug der Betriebserlaubnis oder sogar zur Schließung der Apotheke führen.

Nie wieder Contergan! Was manchmal als lästige Arbeitsbeschaffungsmaßnahme empfunden wird, macht doch Sinn, wenn man auf die Vorkommnisse der letzten etwa 100 Jahre Arzneimittelentwicklung blickt. Einerseits waren die Entwicklungen revolutionär. Die Entdeckung des Penicillins und anderer Antibiotika gehörten zu den vielen positiven Errungenschaften. Brandaktuell sind die verfügbaren COVID-19-Impfstoffe, die ohne die Vielzahl an Forschungsansätzen, national und weltweit, in der Kürze der Zeit sicher noch nicht zur Verfügung stünden. Leider gab es aber auch in der Vergangenheit negative Beispiele, die unter dem Stichwort „Arzneimittelskandale“ Erwähnung finden. Beispielsweise der Contergan-Skandal aus den 1960er Jahren: Missbildungen an Ungeborenen traten im Zusammenhang mit der Einnahme dieses Schlafmittels auf.

Contergan enthielt den Wirkstoff Thalidomid. Heute fragt man sich, wieso die teratogene Wirkung des Thalidomids nicht schon während des Zulassungsverfahrens entdeckt wurde. Aber so weit war man damals noch nicht. Erst durch dieses furchtbare Ereignis wurde der Einsatz von Arzneimitteln in der Schwangerschaft grundsätzlich überdacht. Heute ist der Wirkstoff Thalidomid wieder auf dem Markt, allerdings mit einer ganz anderen Indikation. Er darf, wie die Derivate Pomalidomid und Lenalidomid nur auf einem besonderen Rezeptformular, dem T-Rezept verschrieben werden. Genaueres dazu und zur nötigen Dokumentation finden Sie in einer späteren Folge von „Dokumentation“. Ein weiteres Negativ-Beispiel aus den frühen 1980er Jahren sind mit HI-Viren verunreinigte Blutzubereitungen, die weltweit auf dem Markt waren und verabreicht wurden.

Die Konsequenz hieraus war die Einführung strenger Kontrollmechanismen für Blutprodukte, Sera und Hämophilie-Produkten. Heute werden alle Blutspenden Tests unterzogen, unter anderem auf HIV und Hepatitis-C-Erreger. Erst nach negativem Befund wird eine Blutspende zur Weiterverarbeitung einer fertigen Blutzubereitung freigegeben. Damit eine Rückverfolgung einzelner Produkte bis zum Patienten, der es erhalten hat, chargengenau möglich ist, muss die Dokumentation für Blutprodukte in der Apotheke 30 Jahre lang aufbewahrt werden. Es könnte ja sein, dass erst viele Jahre später ein neuer Krankheitserreger festgestellt wird, den man zum Zeitpunkt der Applikation noch gar nicht kannte.

Wie lange aufbewahren? Für alle Dokumentionen im Bereich Betäubungsmittel gilt eine Dauer von drei Jahren, von der letzten Eintragung an gerechnet. Dokumentiert werden neben dem Wareneingang, die Abgabe, der Bestand, die Verarbeitung in Rezeptur oder Defektur sowie die Vernichtung von Wirkstoffen und Fertigarzneimitteln. Ebenso erfolgt bei einer Substitutionsmitteleinnahme die Eintragung in die Patientenkartei. Eine fünfjährige Aufbewahrungsfrist gilt für Dokumentationen verschiedener Bereiche. Der Erwerb und die Abgabe von verschreibungspflichtigen Tier-Arzneimitteln beispielsweise, aber auch Meldungen über Arzneimittelrisiken oder Qualitätsmängel an die Arzneimittelkommission (AMK).

Fünf Jahre müssen ebenso alle Varianten von Prüfprotokollen sowie Protokollen rund um die Rezeptur und Defektur aufgehoben werden. Erwähnenswert ist auch die Besonderheit der Dokumentation rund um das T-Rezept, die ebenso für fünf Jahre aufzubewahren ist. Eine Aufbewahrungsfrist von 30 Jahren gilt, wie gesagt, für die Dokumentationen zum Erwerb und der Abgabe von Blutzubereitungen, Sera und Hämophilie-Produkten. Hier gilt die höchste Sicherheitsstufe. Daher benötigt auch nach erfolgter Zulassung durch die EMA (European Medicines Agency) oder das PEI (Paul-Ehrlich-Institut) jede einzelne Charge eine erneute Freigabe durch das PEI.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/2021 ab Seite 96.

Bärbel Meißner, Apothekerin

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