Repetitorium

ASTHMA – TEIL 3

Wie sieht die essenzielle Langzeittherapie aus? Und was ist bei den bei Asthma bronchiale viel verordneten Inhalationssystemen zu beachten?

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Inhalative Kortikosteroide sind Mittel der ersten Wahl für die Asthmalangzeittherapie, heutzutage also Basistherapie. Glukokortikoide zeigen bekanntlich die stärkste antientzündliche Wirkung auf die entzündete Bronchialschleimhaut, vermindern zudem die Schleimbildung, verbessern die mukoziliäre Clearance, reduzieren das Bronchialödem, hemmen teilweise die bronchiale Epithelzerstörung und verstärken sogar die Wirkung von beta2-Sympathomimetika.

Vorteil der lokalen inhalativen Anwendung von Wirkstoffen wie Beclometason, Budesonid, Flunisolid oder Fluticason-17-propionat ist, dass im Vergleich zur systemischen Applikation hohe lokale Konzentrationen erreicht werden und die Gesamtdosis relativ niedrig gehalten werden kann. Damit werden die systemischen Nebenwirkungen weitgehend eliminiert. Leider stehen in der Akzeptanz bei vielen Asthmatikern auch bei inhalativer Therapie häufig noch „Kortisonängste“ der Einnahme entgegen. Dabei gilt: Je früher der Behandlungsbeginn konsequent einsetzt, desto niedriger kann die Dosis gewählt werden und desto besser sind die Erfolgsaussichten, schnell den Status eines kontrollierten Asthmas zu erreichen.

Therapeutisch wird empfohlen, mit der niedrigsten noch wirksamen Dosis zu beginnen. Der Behandlungserfolg hängt ganz wesentlich von der richtigen Inhalationstechnik mit möglichst wenig Verschlucken des Wirkstoffs und der regelmäßigen Anwendung ab. Auf dem Markt befinden sich Treibgas(Dosier)aerosole, atemzugausgelöste Dosieraerosole oder Pulverinhalatoren. Als wichtigste Nebenwirkungen können Heiserkeit aufgrund einer reversiblen Myopathie der Kehlkopfmuskulatur, Mundtrockenheit oder ein Soorbefall auftreten. Deshalb sollte bei der Abgabe von inhalativen ICS den Patienten empfohlen werden nach jeder Inhalation den Mund mit lauwarmem Wasser zu spülen oder die Zähne zu putzen. Bei einem Soorbefall empfiehlt sich die lokale Behandlung mit einem geeigneten Antimykotikum wie Nystatin.

Um die Wirksamkeit zu erhöhen, die Anwendung zu vereinfachen und um unerwünschte Wirkungen noch weiter zu reduzieren, ist bei Patienten, die Glukokortikoide als Dosieraerosol anwenden, der Gebrauch eines Spacers, einer großvolumigen Inhalationskammer, zu empfehlen. Nur in begründeten Fällen kann auch eine orale Glukokortikoidtherapie, etwa mit Prednisolon, erfolgen. Die Nebenwirkungen wie Ödembildung mit Gewichtszunahme, deutliche Schwächung der Immunabwehr, Förderung der Entstehung und Verstärkung eines Diabetes mellitus, einer Osteoporose, eines Magengeschwürs, sollte Kunden, die mit einem oralen Glukokortikoidrezept in die Apotheke kommen, aufgrund der weitverbreiteten „Kortisonangst“ mit entsprechendem Fingerspitzengefühl erläutert werden. Um die systemische Dosierung aufgrund ihrer wesentlich höheren Nebenwirkungen so gering wie möglich zu halten, wird auch hier empfohlen – wenn machbar – die inhalative Glukokortikoidgabe beizubehalten.

Lang wirksame beta2-Sympathomimetika (LABA, long acting beta-2-agonists) rufen durch selektive Bindung an beta2-Rezeptoren auf längere Sicht eine Bronchialmuskulaturerschlaffung hervor, wirken also nicht so schnell wie die kurz wirksamen beta2-Sympathomimetika (RABA) zur Akutbehandlung. Einen verzögerten Wirkungseintritt weist insbesondere der Wirkstoff Salmeterol auf, während Formoterol zusätzlich zur längeren Wirkung einen schnellen Wirkeintritt besitzt und deshalb auch in der Bedarfsmedikation Einsatz findet.

Allein Formoterol für die Akut- und die Langzeitmedikation zu geben, reicht aber nicht, da der Wirkstoff nicht antientzündlich wirkt, die Entzündung der Bronchialschleimhaut hierdurch nicht behandelt würde. Zudem hat die US-amerikanische Arzneibehörde FDA eine – ohnehin gemäß Versorgungsleitlinien nicht vorgesehene – Monotherapie des Asthma bronchiale mit LABA untersagt. Hauptgrund hierfür sind Ergebnisse der Anfang 2010 bekannt gewordenen SMART-Studie, in der es im Salmeterol-Arm zu einem Anstieg asthmabedingter Todesfälle um den Faktor 4,37 kam. Für den Wirkstoff Formoterol wird von einem Klasseneffekt ausgegangen.

LABA werden in der Regel inhaliert, nur in begründeten Ausnahmefällen wird der Arzt zur oralen Therapie raten. Die Indikation zum Einsatz der LABA besteht insbesondere bei nächtlichen Atemwegssymptomen trotz regelmäßiger Inhalation von Glukokortikoiden (ICS) in ausreichender Dosierung oder bei ausgeprägtem Engegefühl am Morgen. Gemäß Stufentherapieschema der Nationalen Versorgungsleitlinie (NVL) erfolgt die Gabe von LABA nur in Verbindung mit inhalativen Glukokortikoiden (ICS). ICS bewirken neben ihrem antientzündlichen Effekt nämlich auch eine Steigerung der beta2-Rezeptoren und damit spricht die Bronchialmuskulatur auf die beta2-Agonisten besser an. Fixe Kombinationspräparate eines ICS mit einem LABA (Salmeterol plus Fluticason; Formoterol plus Budesonid; Formoterol plus Beclometason) sind deshalb im Handel und können die Patientencompliance steigern.

Der Leukotrien-Rezeptor-Antagonist Montelukast ist bei Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen Mittel der zweiten Wahl in der medikamentösen Langzeittherapie des Asthmas. Als Monotherapie ist er für Babys ab sechs Monaten (als Granulat) bis zu Jugendlichen mit 14 Jahren zugelassen, falls hier ICS nicht zum Einsatz kommen können. Ab dem 15. Lebensjahr gilt es nur noch als „Add-on-Antiasthmatikum“. Der Wirkstoff hemmt selektiv die Cysteinyl-Leukotrien1-Rezeptoren, wodurch wiederum die Aktivitäten vieler körpereigener Entzündungsstoffe reduziert werden.

In klinischen Studien erwies sich Montelukast als wirksam bei Anstrenungsasthma, Asthma nach Provokation mit kalter Luft oder Allergenen sowie bei Analgetika-induziertem Asthma. Die Wirkung der abends vor dem Schlafengehen oral als Granulat (Babys) oder in Tablettenform eingenommenen Substanz wird erfahrungsgemäß etwa nach einer Woche spürbar. Nicht ganz unbeachtlich sind die geschilderten Nebenwirkungen, insbesondere Kopf- und Bauchschmerzen, Durchfall, Überempfindlichkeitsreaktionen mit Hautausschlag und Gesichtsschwellung sowie seltener das Auftreten von Muskelschmerzen, Ruhelosigkeit, Albträumen oder Halluzinationen.

Retardiertes Theophyllin (unretardiert kann es als Bedarfsmedikation verwendet werden) kann in begründeten Fällen ebenfalls zur Asthmaprophylaxe dienen. Problematisch an dem Wirkstoff sind die starken interindividuellen Unterschiede der Wirksamkeit, die Plasmaspiegel schwanken vergleichsweise stark, was eine häufige Blutspiegelkontrolle notwendig macht. Durch die Retardierung können unerwünschte Plasmaspiegelspitzen zwar weitgehend vermieden werden, dennoch sind aufgrund der engen therapeutischen Breite des Wirkstoffs bei höheren Plasmakonzentrationen die möglichen Nebenwirkungen hoch (siehe Repetitorium Teil 2).

Hinzu kommen vergleichsweise viele Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Insbesondere Makrolidantibiotika, Cimetidin, Ciprofloxacin, Enoxacin, Allopurinol, Antibabypillen, Kalzium-Antagonisten sowie Influenza-Impfstoffe können zu einer Erhöhung der Plasmakonzentrationen von Theophyllin führen, was für die Asthmatherapie eine kontrollierte Dosisreduktion erforderlich machen würde. Auch verstärkt Theophyllin die Wirkung von beta2-Sympathomimetika. Umgekehrt führen Enzyminduktoren wie Barbiturate, Carbamazepin, Rifampicin, aber auch Rauchen zu niedrigeren Theophyllinplasmaspiegeln. Wenn möglich wird in der modernen Asthmatherapie der Wirkstoff deshalb vermieden.

Der monoklonale Antikörper Omalizumab ist als Zusatztherapie bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren bei äußerst schwerem, ganzjährig auftretendem allergischem Asthma bronchiale möglich, wenn trotz konsequenter täglicher Therapie mit hoch dosiertem ICS und LABA schwere Asthmaanfälle auftreten. Der Arzneistoff wirkt, indem er selektiv das Schüsselenzym der allergischen Reaktion, Immunglobulin E (IgE), blockiert. Dadurch unterbricht er die Kettenreaktion bereits kurz nach dem Start, sodass die Allergie- und Asthmasymptome ausbleiben oder deutlich gemindert werden. Da auch weniger freies IgE von den IgE-Rezeptoren gebunden werden kann, wird die Freisetzung von Entzündungsmediatoren wie Histamin oder Leukotrienen aus den Mastzellen zudem gehemmt. Dosiert wird nach Körpergewicht und IgE-Spiegel des betroffenen Asthmatikers alle zwei Wochen subkutan, wobei in der Regel nach 16 Wochen eine deutliche Wirkung zu spüren ist.

Die noch vor einigen Jahren in der Prophylaxe angewandten Wirkstoffe Cromoglicinsäure und Nedocromil, die inhalativ angewandt durch eine Hemmung der Mastzelldegranulation dazu führen, dass weniger Entzündungsmediatoren freigesetzt werden, haben heutzutage in der Asthmatherapie keine Bedeutung mehr. Hingegen konnte eine kürzlich im New England Journal of Medicine veröffentlichte Vergleichsstudie zeigen, dass bei erwachsenen Asthmapatienten, die unter niedrigdosierten ICS keine Systemkontrolle erzielten, die zusätzliche Gabe des Anticholinergikums Tiotropiumbromid eine gleichwertige Alternative zu einem LABA ist. In Deutschland ist Tiotropiumbromid bisher nicht gegen Asthma, sondern als Bronchodilatator für die Dauerbehandlung von COPD zugelassen.

Inhalationssysteme im Vergleich Da die Asthmatherapie ganz entscheidend von der inhalativen Applikation von Wirkstoffen abhängt, sind die spezifischen Eigenschaften der einzelnen Inhalationssysteme und deren korrekte Anwendung äußerst wichtig für die Effektivität. Eine fehlerhafte Inhalationstechnik gefährdet den Therapieerfolg. Eine intensive Einweisung in die Handhabung jedes Inhaliergerätes sowie die regelmäßige Überprüfung der Inhalationstechnik sind daher von besonderer Bedeutung.

Die Auswahl des Applikationssystems hängt von den intellektuellen und manuellen Fähigkeiten des Asthmabetroffenen sowie dem Schweregrad der Erkrankung ab. Dabei sollte das System für den jeweiligen Asthmatiker einfach, sicher und mit nicht mehr als dem benötigten Zeitaufwand zu handhaben sein, bei hoher Dosiskonstanz, optimaler Wirkstoffablagerung und letztlich -absorption im gewünschten Bereich des Atemtraktes. Schlussendlich zählt nur, wie viel des Wirkstoffs tatsächlich im Bronchialsystem ankommt.

Bedacht werden muss: Ein bestimmter Prozentsatz des Medikamentes verbleibt immer im Darreichungssystem, ein durchaus größerer Teil deponiert schon im Mund-Rachen-Raum, ein weiterer Teil in Luftröhre und ersten Bronchialverzweigungen und ein gewisser Medikamententeil wird auch wieder ausgeatmet. Grundsätzlich wird unterschieden zwischen:

  • Dosieraerosolen,
  • Pulverinhalatoren,
  • elektrischen Verneblern.

Dosieraerosole, die seit Januar 2001 nur noch mit FCKWErsatzstoffen (Hydrofluralkane, HFA, beziehungsweise Norfluran, Apafluran) angeboten werden, sind robust, vergleichsweise preisgünstig, zeigen hohe Dosiergenauigkeit und eine Teilchengrößenverteilung (Partikelspektrum), die unabhängig von der Atemstromstärke des Asthmapatienten ist. Allerdings erfordern sie eine genaue Koordination zwischen Auslösung des Sprühstoßes und Inhalation, was laut Untersuchungen nur etwa dreißig Prozent der Anwender gut gelingt.

Bei der Abgabe in der Apotheke sollte darauf hingewiesen werden, dass die Systeme vor Anwendung in der Regel kurz zu schütteln sind, tief ausgeatmet wird, das Dosieraerosol in den Mund gesteckt, mit den Lippen fest umschlossen wird und dann beim tiefen Einatmen gedrückt und am besten die Luft angehalten bis zur Zahl Zehn gezählt wird. Auch großvolumige Spacer als Inhalierhilfen erleichtern den Inhaliervorgang und steigern die bronchiale Arzneistoffdeposition deutlich.

Pulverinhalationssysteme sind Atemzug-getriggert, das heißt der Wirkstoff wird durch einen kräftigen Atemzug zerstäubt. Sie sind nicht für Patienten geeignet, die nur geringe Atemflüsse aufbringen, wie etwa junge Kinder oder alte Personen. Dafür entfällt die bei Dosieraeraosolen so notwendige Synchronisation von ausgelöstem Sprühstoß und Inhalation.

Elektrische Vernebler gibt es als Ultraschall- und Druckluftbetriebene Systeme. Sie sind störanfällig, teuer und in der Anwendung zeitraubend. Auch geht ein Großteil des vernebelten Wirkstoffs in der Umgebungsluft verloren. Lediglich bei schwerem akutem Asthma mit hochgradiger Atemnot oder bei jungen Säuglingen, bei denen noch nicht mit Dosieraerosol plus Spacer gearbeitet werden kann, ist – laut Nationaler Versorgungsleitlinie (NVL) – ihre Anwendung zu rechtfertigen.

TIPP
Eine Tabelle zur Stufentherapie bei Asthma und zu den Vor- und Nachteilen von Dosieraerosolen, Pulverinhalatoren und Verneblern finden Sie hier.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/11 ab Seite 48.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin, Journalistin

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