© Die PTA in der Apotheke
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Tatort Apotheke

ARZNEIMITTELEXANTHEME

Eine Exanthembildung nach Arzneimitteleinnahme verläuft zeitlich verzögert zum Einnahmebeginn. Deshalb ist detektivischer Spürsinn nötig, um die Ursache richtig einzuschätzen.

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Herr Beck, Stammkunde und 45 Jahre alt, betritt die Apotheke. Er verlangt Tropfen oder eine Creme gegen Juckreiz der Haut. Die PTA erkundigt sich, ob er das Mittel selber benötigt. Es stellt sicher heraus, dass Herr Beck seit zwei Tagen am ganzen Oberkörper einen juckenden Hautauschlag hat. Besonders in der Nacht kann er schlecht schlafen. Herr Beck berichtet, dass er noch nie allergische Reaktionen gehabt habe und nicht wisse, wo er sich diese Hauterkrankung eingefangen habe.

Die PTA beruhigt ihn und fragt, ob er in den vergangenen zwei Wochen Medikamente eingenommen habe oder sonst etwas anders war als üblich. Hintergrund ihrer Frage: Sie weiß, dass Hautreaktionen auf eine Arzneimitteleinnahme häufig aufgrund einer Allergie oder Pseudoallergie auftreten. Und sie lag richtig mit ihrer Vermutung: Der Patient hatte vor einigen Tagen eine schwere Mittelohrentzündung, die unter Antibiotika abgeklungen ist. In der Kundenkartei liest die PTA, dass Herr Beck vor zehn Tagen das Antibiotikum Ampicillin bekommen hat.

Pharmakologischer Hintergrund Arzneimittelexantheme sind häufige Auslöser allergischer oder pseudoallergischer Reaktionen. Bei etwa zehn Prozent der mit Ampicillin Behandelten entsteht ein Ampicillinexanthem, das zu den Pseudoallergien zählt. Im Unterschied zu einer Penicillinallergie bilden sich die typischen kleinen roten juckenden Flecken und Knötchen erst mit einer deutlichen Latenzzeit von sieben bis zehn Tagen nach Therapiebeginn. Die Symptome der Penicillinallergie stellen sich bereits nach ein bis drei Tagen ein.

Das Exanthem ist vermutlich auf eine unspezifische B-Zell-Aktivierung zurückzuführen. In der Regel bildet sich das Hautbild innerhalb weniger Tage wieder zurück. Manchmal haben die Patienten auch etwas erhöhte Temperatur. Diese Hautreaktion bedeutet nicht zwangsläufig, dass bei einer wiederholten Einnahme von Ampicillin diese erneut auftreten muss, während bei einer diagnostizierten Penicillinallergie unbedingt auf die nochmalige Einnahme verzichtet werden sollte. Wichtig ist zu wissen, dass Ampicillin bei einer Eppstein-Barr-Infektion kontraindiziert ist, da 95 Prozent der mit Ampicillin oder Amoxicillin behandelten Patienten ein Exanthem entwickeln.

Zurück zum Fall Herr Beck sollte auf jeden Fall die Symptomatik durch einen Arzt abklären lassen. Bisher hatte er keine allergischen oder pseudoallergischen Beschwerden. Tatsächlich kommt er nach Besuch beim Mediziner zurück in die Apotheke und bestätigt die Diagnose des Ampicillinexanthems. Er bekommt Dimentidentropfen zur Linderung des Juckreizes auf einem grünen Rezept verordnet.

Da Herr Beck keinerlei andere Medikamente einnimmt, erklärt die PTA ihm nun die Anwendungsweise. Drei Mal täglich soll er 30 bis 40 Tropfen schlucken und die Einnahme nicht mit Alkohol kombinieren. Außerdem weist sie darauf hin, dass Dimentiden ein Antihistaminikum mit einer beruhigenden Wirkung ist und deshalb die Reaktionsfähigkeit einschränkt. Zusätzlich gibt sie ihm noch eine juckreizstillende Gerbstofflotion für die äußere Behandlung mit. Die PTA erläutert Herrn Beck, dass die Beschwerden normalerweise nach einer Woche wieder abgeklingen. Außerdem rät sie ihm, einen Allergiepass mit dem Hinweis auf das Ampicillinexanthem anzulegen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/12 auf Seite 82.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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