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Heilpflanzen

ARTISCHOCKE

Bis ins Mittelalter galt sie als Pflanze der Reichen, heute ist die Artischocke ein verbreitetes Heilmittel mit choleretischen, hepatoprotektiven und cholesterinsenkenden Eigenschaften.

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Cynara cardunculus L. ssp. flavescens Wikl. ist eine ausdauernde, distelartige Pflanze aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae), die bis zu zwei Meter hoch werden kann. Die ursprünglich in Äthiopien beheimatete frostempfindliche Staude liebt warme, sonnige Standorte und wird heute hauptsächlich im Mittelmeergebiet und in den USA kultiviert.

Lange Geschichte Schon den alten Römern war die Artischocke als Heilpflanze bekannt. Plinius schätzte sie nicht nur als eine schmackhafte Delikatesse, sondern empfahl sie auch bei Verdauungsstörungen. Lange Zeit konnten sich nur Wohlhabende die Pflanze leisten und sie geriet fast in Vergessenheit. Heilkundliches Interesse fand die Artischocke erst wieder im Mittelalter.

Die Araber sorgten für ihre Verbreitung auf der Iberischen Halbinsel, was sich auch im deutschen Namen zeigt, der auf das arabische al-harshuf zurückgehen soll und übersetzt Erddorn oder Erddistel heißt. Auf das distelähnliche Erscheinungsbild nimmt auch der Artname cardunculus Bezug, der aus dem Lateinischen kommt und Distelchen bedeutet.

Wirksame Blattrosette Auffällig sind die dekorativen faustgroßen, körbchenartigen Blütenstände, die Artischockenköpfe. Ihr Blütenstandsboden sowie die fleischigen Hüllblätter können roh oder gekocht verzehrt werden. Werden sie nicht als Gemüse geerntet, zeigen sich im Sommer zahlreiche rote, violette oder blaue Röhrenblüten. Arzneilich kommen vor allem die Laubblätter zum Einsatz (Cynarae folium), die im frischen oder getrockneten Zustand zu Trockenextrakten verarbeitet werden.

Die Blätter sind bis zu 50 Zentimeter groß, meist fiedrig geformt und unterseits graufilzig behaart. Teilweise tragen sie Dornen, worauf der Gattungsname Cynara zurückzuführen ist, der vom griechischen Wort kynára = Hund abstammt und sich auf die bedornten, an Zähne erinnernden Blattspitzen bezieht. Für die Extraktherstellung werden die grundständigen, einjährigen Blätter der Blattrosette vor dem Einsetzen des Blütenausstriebs geerntet, da zu diesem Zeitpunkt der Gehalt an wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffen am höchsten ist.

Achtung
Vorsichtshalber sollte auf eine Einnahme bei bekannter Allergie auf Korbblütler verzichtet werden. Artischockenpräparate sind zudem nicht für Patienten geeignet, die unter einem Verschluss der Gallenwege leiden. Liegen Gallensteine vor, sollte der Arzt über eine Anwendung entscheiden, da Artischockenpräparate über einen vermehrten Gallenfluss ruhende Steine in Bewegung bringen und damit die Gallengänge blockieren können. Ein Arzt muss auch zu Rate gezogen werden, wenn der Patient blutgerinnungshemmende Arzneimittel vom Cumarintyp einnimmt, da die Wirkung von Antikoagulantien wie Phenprocoumon und Warfarin abgeschwächt werden kann.

Blätter abgeernteter Gemüsekulturen können keine therapeutisch ausreichenden Konzentrationen mehr gewährleisten und gelten als Ware von minderwertiger Qualität. Darüber hinaus sind Presssäfte erhältlich, die neben den Blättern auch die frischen grünen Blütenköpfe in die Verarbeitung mit einbeziehen.

Dreifach wirksam Seit langem bekannt und in Studien belegt ist der choleretische Effekt, der über eine Steigerung des Gallenflusses und Anregung der Gallensäureproduktion die Fettverdauung optimiert und damit verdauungsfördernd wirkt. In der Monografie der Kommission E werden daher als Indikation dyspeptische Beschwerden genannt, die durch eine verminderte Gallensekretion bedingt sind. Doch die Wirkung der Artischockenblätter geht über die choleretischen Effekte hinaus.

Inzwischen konnten Studien belegen, dass der Extrakt in der Lage ist, den Gesamtcholesteringehalt zu senken. Artischockenextrakt kann auf verschiedene Weise den Serumcholesterinspiegel positiv beeinflussen. Er hemmt die Neubildung von Cholesterin in der Leber und steigert gleichzeitig seine Ausscheidung. Zudem verschiebt er das Verhältnis von schädigendem LDL-Cholesterin zu Gunsten von schützendem HDL-Cholesterin.

Es liegen auch Untersuchungen zu antioxidativen Effekten vor, die eine Auflösung bestehender Cholesterinablagerungen zeigen, die auf eine Hemmung der LDL-Oxidation zurückgeführt wird. Außerdem wird von einer leberschützenden (hepatoprotektiven) Wirkung ausgegangen, für die unter anderem auch der antioxidative Effekt verantwortlich sein soll. Letztere werden drei Inhaltsstoffgruppen zugesprochen, wobei der gesamte Pflanzenextrakt als Wirkstoff gilt: Caffeoylchinasäurederivate (z. B. Chlorogensäure, Cynarin), Flavonoide (z. B. Luteolin, Cynarosid) und Sesquiterpenbitterstoffe (z. B. Cynaropikrin).

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/14 ab Seite 32.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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