Auch so ein Superfood: Moringa oleifera, der Meerrettichbaum, wächst in Indien und Afrika. Man verwendet seine getrockneten Teile auch in Tee. © privat

Exotische Heilpflanzen | Fälschungen

APFEL GEGEN GOJI: MUSS SUPERFOOD WIRKLICH SEIN?

Ist exotisches Superfood wirklich so super wie es klingt? Immer häufiger verbergen sich hinter Goji-Beeren und Chia-Samen ganz andere Pflanzen als auf der Packung angegeben. Peter Nick, Zellbiologe am Karlsruher Institut für Technologie, ist den Fakes auf der Spur.

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„Superfood ist ein Marketingbegriff, der Lebensmittel mit angeblichen Gesundheitsvorteilen beschreibt“ formuliert es Wikipedia. Und wenn so ein supergesundes Pflanzenteil in Mode kommt, „dann entsteht innerhalb kürzester Zeit eine hohe Nachfrage“, sagt Nick. Es gibt also plötzlich einen riesigen Markt für Heilpflanzen, die eigentlich nur in bestimmten Regionen vorkommen. „Man muss sich bei den plötzlich nachgefragten Mengen von Superfood schon fragen, wo diese eigentlich herkommen“, sagt Angela Clausen von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Denn so schnell lassen sich Anbaugebiete ja nicht aus dem Boden stampfen.“

Das sieht auch Peter Nick so, der die Diskrepanz zwischen tatsächlicher Ernte und den Exportmengen zum Anlass nahm, angebliche Superfoods genauestens unter die Lupe zu nehmen. Er entwickelte ein spezielles Verfahren, um einen genetischen Fingerabdruck einer Pflanze zu erstellen und den mit einer Probe aus im Handel erhältlichem Material zu vergleichen. Und häufig fand er etwas ganz anderes.

Zum Beispiel vor zwei Jahren, als er „Bambustee“ untersuchte – der war damals gerade schwer in Mode. Verzweifelt suchten die Hersteller nach verwertbarem Bambus und dabei kam es zu einer – gewollten oder ungewollten – sprachlichen Verwechslung. Im Chinesischen wird Nelke nämlich „Steinbambus“ genannt; Importeure bestellten also die asiatische Nelke, die dann auch im Tee nachgewiesen wurde. Schwangere aber dürfen Nelkentee nicht trinken, „Bambustee“ jedoch schon. „Aus gutem Grund ist in Deutschland die Regel: Was draufsteht, muss auch drin sein“, erläutert Nick und empfiehlt, Superfood immer testen zu lassen, um böse Überraschungen zu vermeiden.

Vor allem der Handel im Internet ist schwer zu kontrollieren. Generell mahnen deshalb die Experten: Je exotischer die Pflanze, desto häufiger sind Rückstände wie Schwermetalle oder Pestizide. „Wir hatten 2016 eine Moringa-Probe mit so hohem Nikotinrückstand, dass wir sie als gesundheitsschädlich beurteilen mussten“, berichtet Michaela Barthmann vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart. Moringa oleifera wird auch „Meerrettichbaum“ genannt, kommt in Indien und Afrika vor und gilt als ein Gewächs mit hoher Nährstoffdichte.

Wissenschaftliche Nachweise, dass Superfood aus exotischen Ländern gesünder ist als einheimisches Obst, gibt es übrigens nicht. „Deutschland ist kein Vitaminmangel-Land und es sind keine exotischen Früchte nötig, um unseren täglichen Nährstoffbedarf zu decken“, betont die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Und vielleicht ist diese Erkenntnis ja auch schon bei den Verbrauchern angelangt: Der Gesamtumsatz exotischer Superfoods wie Goji-Beeren, Chia, Amaranth oder Matcha-Tee ging im vergangenen Jahr um 9,2 Prozent zurück.

Alexandra Regner,
PTA, Redaktion

Quelle: Pharmazeutische Zeitung
   Badische Zeitung

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