Tatort Apotheke

AMOXICILLIN – DIE PTA ERMITTELT

Damit Medikamente richtig wirken, muss man sie korrekt anwenden. Doch selbst wenn zuvor ein Gespräch mit dem Arzt stattgefunden hat, sind viele Patienten schlecht informiert und dadurch verunsichert.

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Frau Wiesenberger betritt mit ihrem dreijährigen Sohn Ben die Apotheke. Die beiden kommen gerade vom Kinderarzt. Er hat bei Ben eine Mittelohrentzündung diagnostiziert und ihm zwei Rezepte ausgestellt, eines über Amoxicillin-Trockensaft, das andere über Ibuprofensaft und abschwellende Nasentropfen. Die PTA beeilt sich, die Medikamente zu holen, denn Ben geht es wirklich nicht gut.

Frau Wiesenberger wirkt überfordert, als sie die drei Medikamente vor sich stehen sieht. „Der Arzt hat nur etwas von einem Antibiotikum gesagt. Wieso bekommt Ben denn jetzt drei Sachen?“ fragt sie. „Und ich habe in der Aufregung auch gar nicht alles verstanden. Mit dem Antibiotikum soll ich bis morgen warten. Aber Ben hat doch solche Schmerzen. Sie können sich nicht vorstellen, was wir für eine Nacht hatten!“

Pharmakologischer Hintergrund Die akute Mittelohrentzündung äußert sich durch plötzlich einsetzende stechende Ohrenschmerzen mit Druckgefühl, Fieber und allgemeinem Krankheitsgefühl, häufig auch Hörminderung und Schwindel. Es ist eine der häufigsten Erkrankungen bei Kleinkindern. Bei ihnen ist die Ohrtrompete (Eustachische Röhre) noch recht kurz, sodass Bakterien über den Rachen leicht ins Mittelohr vordringen können.

Sehr häufig tritt die Mittelohrentzündung im Zusammenhang mit einer Erkältung auf. Wegen der nun zugeschwollenen Verbindungen zwischen Ohr, Rachen und Nase kann das gebildete Sekret das Mittelohr nicht mehr verlassen. Manchmal reißt infolge des steigenden Drucks das Trommelfell ein, was sich am eitrigen Ausfluss und an der plötzlichen Schmerzlinderung bemerkbar macht. Eine Otitis media ist extrem schmerzhaft, heilt aber in den meisten Fällen auch ohne Behandlung folgenlos ab, selbst nach einer Trommelfellperforation.

Die Antibiotikagabe wird daher auch in der Fachwelt kontrovers diskutiert. Wenn jedoch nach ein bis zwei Tagen (unter ärztlicher Kontrolle) keine Besserung eintritt, wird zur Verkürzung des Krankheitsverlaufes und vor allem wegen der Gefahr schwerer Komplikationen, wie dauerhafte Hörminderung bzw. Hörverlust, Durchbruch des eitrigen Sekrets in umliegendes Gewebe oder Meningitis, die Gabe eines Antibiotikums empfohlen. Dann allerdings ist es wichtig, das Medikament richtig anzuwenden.

Zurück zum Fall Die PTA erklärt, dass die Erkrankung häufig nach ein bis zwei Tagen von alleine abheilt. Darum habe der Arzt gesagt, sie solle den heutigen Tag abwarten. Gegen Bens Schmerzen hilft sofort der Ibuprofensaft. Und mit den Nasentropfen soll die Verbindung zwischen Ohr und Rachen geöffnet werden, damit das Sekret abfließen kann. Wenn bis morgen allerdings keine deutliche Besserung eintritt, ist es Zeit für das Antibiotikum.

Die PTA zeigt Frau Wiesenberger auch, wie man den Trockensaft richtig anrührt und schaut mit ihr die Dosierung entsprechend Bens Gewicht nach. Sie weist sie darauf hin, dass er den Saft auch nach Abklingen der Beschwerden noch ein paar Tage nehmen muss. In der Regel sind fünf bis sieben Tage insgesamt ausreichend. Zuletzt gibt sie ihr noch den Tipp mit dem Zwiebelsäckchen (eine frisch gehackte Zwiebel, in Mull eingewickelt, über Wasserdampf erwärmt, an das Ohr gelegt), das rasch Schmerzen lindert.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/11 auf Seite 77.

SB

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