© nathan4847 / iStock / Getty Images

Durchfall und Verstopfung

ALARM IM DARM

Die Themen Durchfall und Verstopfung gehören zu den Dauerbrennern im OTC-Bereich. Damit die Grenzen der Selbstmedikation nicht überschritten werden, ist es wichtig, den Ursachen auf den Grund zu gehen.

Seite 1/1 12 Minuten

Seite 1/1 12 Minuten

Nicht nur Durchfall, sondern auch Verstopfung können die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Dabei sind beide Beschwerden keine Krankheit, sondern immer ein Symptom. Von Obstipation, also Verstopfung, spricht man, wenn eine erschwerte oder zu selten stattfindende Defäkation (Darmentleerung) stattfindet. Dabei ist der Bereich des „Normalen“ sehr groß: Er reicht von mehrmals täglich bis alle zwei bis drei Tage. Entscheidend ist, dass die Entleerung keine Beschwerden bereitet. Von Diarrhö, also Durchfall, wird gesprochen, wenn eine mehrfache Ausscheidung von zu flüssigem Stuhl besteht. Man unterscheidet hier eine akute Diarrhö, die kürzer als 14 Tage besteht, und eine chronische. Beide Formen haben unterschiedliche Ursachen.

Der Weg der Nahrung durch den Körper Um Störungen der Verdauung zu erkennen, muss man ihre Stadien kennen. Verdauung beginnt nämlich schon im Mund, wenn die Nahrung durch die Zähne zerkleinert wird und das Enzym alpha-Amylase im Speichel erste Molekülzerkleinerungen vornimmt. Im Magen sorgt dann die Salzsäure für eine gute Durchmischung und die weitere Zersetzung des Speisebreis. Dies dient zur Vorbereitung der Hauptarbeit der Verdauung im Dünndarm. Der Magen gibt die vorbereitete Masse portionsweise an den Zwölffingerdarm, den obersten Abschnitt des Dünndarms weiter. Hier gelangt Pankreassaft – und zwar etwa 1,5 Liter pro Tag - für die Spaltung von Fetten, Eiweißen und Kohlenhydraten zum Speisebrei.

Wenn der Stuhl später wässrig, voluminös oder schaumig erscheint oder sogar noch unverdaute Nahrungsreste erkennbar sind, liegt der Verdacht nahe, dass die Verdauungsstörung bereits hier im Dünndarm vorgelegen hat. Der Dickdarm bildet den letzten Abschnitt des Verdauungsweges. Da die Verdauung und die Resorption der Nährstoffe im Dünndarm bereits abgeschlossen sind, muss der Dickdarm vor allem eine große Menge Wasser und Elektrolyte rückresorbieren. Hierdurch wird der Darminhalt auf eine Ausscheidungsmenge von etwa 150 bis 200 ml pro Tag eingedickt. Nach Speicherung im Rektum, dem letzten Abschnitt des Dickdarms wird dieser dann als halbfester Stuhl (Fäzes, Kot) über den After ausgeschieden (defäkiert).

Die Defäkationshäufigkeit ist abhängig von der Ernährungsweise, der Bewegung und der Gewöhnung. Die Darmentleerung stellt einen unserem Willen unterworfenen Vorgang dar, der reflektorisch abläuft. Und das geht so: Hat sich genügend Fäzes im Darm angesammelt, übt dieser einen Reiz auf die dortigen Dehnungsrezeptoren aus. Über parasympathische Nervenfasern gesteuert, erschlafft der innere Schließmuskel, der aus glatter Muskulatur besteht. Eine Öffnung des Schließmuskels kann jedoch nur erfolgen, wenn auch der äußere Schließmuskel – der aus quergestreifter Muskulatur besteht und auch unserem Willen unterworfen ist, ebenfalls erschlafft.

Durch die reflektorisch gesteuerte Kontraktion des gesamten Enddarmes und durch die Bauchpresse der Bauchmuskulatur (auch diese gehorcht unserem Willen), wird der intraabdominelle Druck dann so erhöht, dass die Fäzes ins Freie tritt. Ein Aufschub der Stuhlentleerung über eine gewisse Zeit ist deshalb möglich, weil in die reflektorischen Abläufe unser Wille hineinspielt und auch das Großhirn beteiligt ist. Die Entleerungshäufigkeit des Darmes ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Dementsprechend variiert auch die Verweildauer des Darminhaltes im Rektum von zwölf bis über 60 Stunden erheblich.

Ernährungsumstellung
Die einfachste, aber effektivste Maßnahme, einer Verstopfung vorzubeugen, ist eine entsprechende Ernährung. Sie besteht in einer Zusammenstellung von faserreicher Kost (z.B. Vollkornbrot, Obst und Gemüse). Dazu morgens ein Glas lauwarmes Wasser auf nüchternen Magen trinken. Das regt die Darmtätigkeit ähnlich an wie Weizenkleie oder Leinsamen.

Wer zu Verstopfung neigt, sollte bereits bei den ersten Anzeichen auf stopfende Nahrungsmittel wie kakaohaltige Produkte, Bananen, Äpfel, schwarzen Tee, Heidelbeeren und Milch verzichten und lieber abführende Nahrungsmittel wie Rhabarber, Sauerkraut, eingeweichte Dörrpflaumen, Buttermilch, Melonen und Feigen essen. Generell sollte viel Wasser getrunken werden. Und noch eins ist wichtig: sich Zeit fürs stille Örtchen zu nehmen. Nichts wirkt verstopfender auf den Darm als der ständige Gedanke an den Stuhlgang.

Was übrig bleibt Der Stuhl besteht aus eingedickten und durch Bakterien zersetzten unverdaulichen Rest des Nahrungsbreis. Er setzt sich zusammen aus teilweise zersetzten, unverdaulichen Nahrungsbestandteilen (vorwiegend Zellulose) abgestoßenen Epithelzellen der Darmschleimhaut Schleim Bakterien Sterkobilin, das im Darm durch Umwandlung des Gallenfarbstoffes Bilirubin gebildet wird und dem Stuhl seine braune Farbe verleiht. „Verfälscht“ wird diese Farbe manchmal durch aufgenommene Nahrungsmittel – wie Lakritze, Rote Beete, Heidelbeeren oder Spinat, aber auch Eisenpräparate. Gärungs- und Fäulnisprodukten, die bei den bakteriellen Zersetzungsprozessen im Dickdarm entstehen und für den unangenehmen Geruch der Fäzes verantwortlich sind sowie Entgiftungsprodukten – das sind Arzneimittel, Giftstoffe und deren Abbauprodukte

Obstipation – schmerzhaft und quälend Bei einer akuten Obstipation können die Ursachen vielfältig sein. Dazu gehören eine plötzliche Änderung der Lebensgewohnheiten (zum Beispiel eine Reise oder viel Bettruhe) oder ein akuter depressiver Schub. Die chronische Obstipation hat andere Ursachen. Wird zum Beispiel der Stuhlgang unterdrückt, so bewegt sich die Fäzessäule wieder zurück in den Dickdarm – und dieser zieht beharrlich immer weiter Wasser heraus und dickt ihn ein. Nach einiger Zeit füllt sich das Rektum wieder mit Fäzes und es entwickelt sich erneut ein Gefühl des Stuhldranges. Die Ausscheidung ist dann wegen der verhärteten Fäzes oftmals sehr schmerzhaft.

Häufiges Unterdrücken der Defäkation kann zur chronischen Obstipation führen, da der Entleerungsreiz verloren geht und die Eindickung zu lange erfolgt. Eine weitere wesentliche Ursache chronischer Obstipation liegt in der faserarmen Ernährung in unseren hochindustrialisierten Ländern. Denn unverdauliche Bestandteile in der Nahrung – wie zum Beispiel Pflanzenfasern – erhöhen das Stuhlgewicht beträchtlich, sodass der Defäkationsreiz von selbst verstärkt wird. Sie verkürzen damit die Passierzeit durch den Darm.

Neben der Ernährung spielt bei der chronischen Obstipation auch unsere Bewegungsarmut eine Rolle. Der Weitertransport des Fäzes im Dickdarm erfolgt nämlich nicht über dessen Kontraktionen, sondern durch die sogenannten propulsiven peristaltischen Wellen während des Tages – drei bis acht an der Zahl. Diese propulsiven Wellen können ausgelöst werden durch den gastrokolischen Reflex nach dem Essen oder durch Kontraktionen der Muskulatur, besonders der Bauchdecke. Das System ist empfindlich und reagiert auch auf psychonegative Einflüsse. Sehr viele Menschen leiden aber trotz faserreicher Ernährung, ausreichendem Trinken und Bewegung unter chronischer Verstopfung.

Ihnen hilft auch eine Veränderung der Lebensgewohnheiten nicht weiter und es bringt auch nichts, ihnen ein schlechtes Gewissen eizureden. Häufiger spielen nämlich krankhafte Veränderungen des Darmes eine Rolle. So kann es zum Beispiel beim Reizdarmsyndrom oder aufgrund von Verwachsungen nach Operationen im Bauchraum zu Verstopfung kommen. Bei der slow-transit-Obstipation bewegt sich der Darminhalt durch eine mangelnde Beweglichkeit des Darmes nur langsam vorwärts. Da dem Darminhalt ständig Wasser entzogen wird, entsteht harter Stuhl und die Ausscheidung kann um mehrere Tage bis zu zwei Wochen verzögert sein. Die Langzeitanwendung von Laxanzien, die auf die Darmperistaltik und den Wasserein- beziehungsweise Ausstrom Einfluss nehmen, wie Natriumpicosulfat oder Bisacodyl, wird mittlerweile auch bei chronischer Obstipation, wenn andere Maßnahmen nicht helfen, empfohlen und nicht mehr verteufelt.

Bei bestimmungsgemäßer Anwendung, wenn also damit ein normaler Stuhlgang erreicht wird, ist weder ein Gewöhnungseffekt noch eine Dosissteigerung zu befürchten. Auch die Leitlinien wurden inzwischen entsprechend formuliert. Beraten Sie Ihre Kunden mit chronischer Obstipation entsprechend. Eine Einbuße der Lebensqualität durch den harten, schmerzhaften Stuhl muss niemand ertragen. Und schon gar nicht, weil sich veraltete Vorstellungen, die längst widerlegt sind, in den Köpfen halten. Zur Behandlung von akuter oder chronischer Verstopfung kann zu folgenden Präparaten und Wirkstoffen geraten werden:

Füll- und Quellmittel Hier kommen besonders Weizenkleie, Leinsamen (Semen lini) und Flohsamen (Semen psyllii) und schwer verdauliche Zellulosederivate ins Spiel. Sie müssen mit großen Mengen Flüssigkeit eingenommen werden, da sie sonst verklumpen, was im schlimmsten Fall zum Darmverschluss führen kann.

Osmolaxanzien Sie können die Darmwand nicht durchdringen und binden mittels osmotischer Kräfte Wasser im Darmlumen. Es kommt dann zu einer Verflüssigung oder zumindest Erweichung des Darminhaltes und einer Volumenvermehrung. Salinische Osmolaxanzien sind Natriumsulfat (Glaubersalz), Magnesiumsulfat (Bittersalz). Sie wirken nach vier bis zehn Stunden. Organische Osmolaxanzien sind Lactulose, Lactose und Zuckeralkohole.Lactulose ist ein synthetisches Kohlenhydrat, das durch die Enzyme des Dünndarms nicht gespalten werden kann. Dies erfolgt erst im Dickdarm (in Milch- und Essigsäure).

Lactulose kann auch eine Normalisierung der Bakterienflora, des Mikrobioms, bewirken, kann aber auch zu unangenehmen Blähungserscheinungen führen. Lactose (Milchzucker) wirkt dadurch, dass nach Spaltung in Glucose und Galaktose die Galaktose im Darm nicht mehr weiter aufgespalten werden kann, im Darm verbleibt und Wasser bindet. Milchzucker wird vor allem in der Kinderheilkunde eingesetzt. Macrogol, ein Polyethylenglycol-Derivat, bindet über Wasserstoffbrücken durch seine vielen OH-Gruppen sehr viel Wasser. Als synthetisches Polymer können PEG im Darm nicht abgebaut und auch nicht resorbiert werden. Sie gelten als sehr gut verträglich und zur Langzeitanwendung geeignet.

Hydragoge und antiresorptive Laxanzien Sie werden auch als Kontaktlaxanzien bezeichnet und weisen, egal ob synthetisch oder pflanzlich, im Wesentlichen die gleichen Wirkungen auf: Sie fördern den Einstrom von Wasser und Elektrolyten in das Darmlumen (hydragoge Wirkung) durch Permeabilitätserhöhung der Kittleisten des Darms. Sie hemmen gleichzeitig die Wasser- und Natriumresorption aus dem Darmlumen durch ihre antiresorptive Wirkung. Und fördern die Peristaltik auf neuro-muskulärem Weg. Bisacodyl stellt ein Prodrug dar, das erst im Organismus in seine endgültige Wirkform umgewandelt wird.

Damit Bisacodyl nicht schon in den oberen Abschnitten des Magen-Darmtraktes aufgespalten und umgewandelt werden kann, wird der Wirkstoff mit einem magensaftresistenten Überzug versehen, sodass er pH-abhängig erst im Dickdarm freigesetzt wird. Dort kommt es nach seiner Metabolisierung zum eigentlichen Wirkstoff zu einer Förderung der Motilität der glatten Darmmuskulatur. Die resultierenden Kontraktionen sind praktisch identisch mit der natürlichen Peristaltik. Darüber hinaus wirkt Bisacodyl auch antiresorptiv und sekretagog, was zu einer Volumenvermehrung des Stuhls führt und so zusätzlich die Darmperistaltik anregt.

Die Wirkung tritt innerhalb von fünf bis zehn Stunden nach oraler Gabe ein, wird daher gern beim Zubettgehen genommen, da am nächsten Morgen der Erfolg eintritt. Zäpfchen wiederum wirken deutlich schneller, innerhalb von 20 bis 30 Minuten. Natriumpicosulfat hingegen erreicht fast unverändert den Dickdarm und wird erst dort über die Darmbakterien in das freie Diphenol übergeführt. Die Wirkung tritt je nach Dosierung (5 bis 10 mg) nach acht bis zwölf Stunden ein. Es kann wegen seiner Reizlosigkeit und der individuellen Dosiermöglichkeit auch in flüssiger Form angeboten werden.

Klistiere oder Suppositorien Sie enthalten lokal reizende oder osmotisch wirkende Substanzen wie Glycerin, Sorbit, Seifen oder Salze. Es gibt auch gasbildende Kombinationen, die CO2 entwickeln. Alle eint, dass sie kurzfristig den fehlenden Stuhlreiz entwickeln und sich wegen praktisch fehlender Nebenwirkungen gerade in der Kinderheilkunde durchgesetzt haben. Aber auch bei Erwachsenen sind sie nach wie vor wegen ihrer schnell einsetzenden Wirkung beliebt. Bei einer akuten Obstipation, die schnell behoben werden soll, sind sie das Mittel der Wahl.

Durchfall und Verstopfung beim Reizdarmsyndrom
Entzündungsprozesse an der Darmschleimhaut und Störungen der Darmbarriere sind charakteristisch für den Reizdarm. Dadurch kann es neben krampfartigen Schmerzen und Blähungen sowohl zu Durchfall als auch zu Verstopfung kommen. Hier finden spezielle Arzneimittel auf Basis von hochdosiertem Pfefferminzöl, auch in Kombination mit Kümmelöl, aufgrund ihrer spasmolytischen Wirkung Verwendung. Auch Produkte, die eine schützende Gelschicht auf der angegriffenen Darmwand bilden, vor allem in Kombination mit Präbiotika, sowie spezielle Probiotika, haben sich bewährt.

Durchfall - ausgesprochen lästig Akute Diarrhöen, die kürzer als 14 Tage dauern, sind in der Regel harmlos. Sie hängen meist eng mit einer gestörten Darmflora zusammen – also dem Teppich der Bakterien, die in unserem Darm für eine gute Verdauung sorgen. Dieses Mikrobiom kann empfindlich in seiner Zusammensetzung gestört werden, zum Beispiel durch Antibiotika oder durch eine Infektion. Gründe für eine Diarrhö können sein:

  • Infektionen mit Bakterien oder Viren
  • Medikamente wie Antibiotika, aber auch Antidiabetespräparate, Blutdrucksenker oder Mittel gegen Sodbrennen
  • eine Dysbiose, also eine generell gestörte Darmflora
  • Psychische Faktoren wie Stress oder Angst
  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten, zum Beispiel gegen Milch- oder Fruchtzucker
  • die Überhandnahme von Hefepilzen im Darm
  • chronische Darmkrankheiten wie Zöliakie (Gluten-Unverträglichkeit), das Reizdarmsyndrom, Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa

Eine der häufigsten Ursachen für Durchfall ist die Infektion mit Bakterien oder Viren. Der Körper versucht, sie beschleunigt loszuwerden, indem er Durchfall verursacht. Da sind zum einen die Rotaviren, die besonders für Kinder gefährlich sind. Noroviren, die ebenfalls hoch infektiös sind, erzeugen vor allem in den Herbst- und Wintermonaten heftige Brechdurchfälle. Sie beginnen meist mit schwallartigem Erbrechen, Bauchkrämpfen und Durchfall und sind selbstlimitierend: Nach drei bis vier Tagen ist der Spuk vorbei. Gern tritt der Norovirus in Gemeinschaftseinrichtungen wie Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern auf.

Elektrolyte Bei akuten Durchfällen ist der Ausgleich der Elektrolyte besonders wichtig. Denn bei einer schweren Diarrhö kann der Körper den Flüssigkeitsverlust nicht mehr allein bewerkstelligen. Besondere Vorsicht ist geboten bei Kindern und älteren Menschen. Bei letzteren liegt oft bereits eine latente Dehydratisation vor. Elektrolytstörungen betreffen hier vor allem Kalium, wodurch die Herzfunktion beeinträchtigt werden kann. In der Apotheke gibt es entsprechende pulverförmige Elektrolyt-Glucose-Mischungen, aus denen leicht Rehydrationslösungen herzustellen sind.

Die alten Ärzte waren Klassiker
Wie so häufig in der Nomenklatur der Medizin stammen die Namen von Krankheiten, Befindlichkeiten oder Störungen des menschlichen Körpers aus der lateinischen und/oder der griechischen Sprache. So leitet sich das Wort Obstipation vom lateinischen „ob“ = zu, entgegen ab und von stipare, dem Wort für „stopfen, dicht zusammendrängen“. Diarrhö kommt hingegen von diarrhoia = Bauchfluss – dabei heißt dia „durch“ und rheo „fließen“

Loperamid Bei starker akuter Diarrhö kann über eine kurze Zeit (ein bis zwei Tage) die gesteigerte Darmmotilität mit Loperamid normalisiert werden. Loperamid dämpft die Peristaltik und erhöht den Tonus im Darm. Zugleich hemmt es den Flüssigkeitstransport. Die Anfangsdosis beträgt 4 mg, bei jedem weiteren ungeformten Stuhl 2 mg bis maximal 12 mg pro Tag. Ohne ärztliche Aufsicht sollte Loperamid nicht länger als zwei Tage angewendet werden.

Racecadotril Dieser Arzneistoff beeinträchtigt die natürlichen Darmbewegungen nicht, sondern normalisiert den durchfallbedingt starken Wasser- und Elektrolyteinstrom in den Darm. Dadurch kommt es im Anschluss an den Durchfall nicht zu Verstopfung, wie das bei Loperamid der Fall sein kann. Ist der Durchfall durch Bakterien oder Viren ausgelöst worden, ermöglicht Racecadotril die Ausscheidung der Erreger mit dem normalen Stuhl. Dennoch stoppt Racecadotril den Durchfall schnell – die Wirkung setzt bereits nach einer halben Stunde ein.

Adsorbenzien und Adstringenzien Eher rückläufig ist der Gebrauch von Aktivkohle oder Pektin. Die beiden Adsorbenzien binden nicht nur die Bakterien, ihre Toxine oder lokal reizende Stoffe an ihrer Oberfläche, sondern besonders bei Aktivkohle auch Arzneistoffe, sodass eine gleichzeitige Gabe von Adsorbenzien und anderen Arzneistoffen zu vermeiden ist. Adstringenzien wie Gerbstoffe hingegen reagieren mit dem Eiweiß der obersten Zellschichten der Schleimhaut, sodass es zu einer Eiweißfällung kommt. Darüber hinaus wirken sie schwach antimikrobiell. So kommt es oberflächlich zu einer Schrumpfung des Gewebes und der Ausbildung einer Schutzschicht, die die Resorption toxischer Substanzen verhindert und die entzündeten Schleimhäute vor weiteren Reizungen schützt.

Pro-, Prä-, oder Sym-?
Probiotika sind Mikroorganismen mit besonderen gesundheitlichen Effekten, die vom Darm ausgehend wirken Präbiotika sind unverdauliche Ballaststoffe, die das Wachstum der nützlichen Darmbakterien fördern und dadurch positive gesundheitliche Wirkungen erzielen Symbiotika enthalten eine Kombination aus präbiotischen Substanzen und probiotischen Keimen.

Probiotika Der Bakterienteppich im Darm, Mikrobiom genannt, liegt seit einigen Jahren besonders im Fokus der Forschung. Darmbakterien sind schon lange als Verdauungshelfer bekannt. Die vielen Mikroben trainieren unser Immunsystem und ihre pure Masse sorgt dafür, dass sich die körpereigene Abwehr richtig entwickelt. Eine intakte Darmflora ist außerdem wichtig für die Funktion der Darmbarriere – diese kontrolliert, welche Stoffe vom Körper in den Darm gelangen und umgekehrt.

Das Mikrobiom passt sich immer unsere Ernährung an. Ist es optimal zusammengesetzt, läuft alles rund. Produziert der Darm Durchfall, so ist es in seiner Zusammensetzung gestört und man kann ihm helfen, sich wieder zu regenerieren. Probiotika sind Kleinstlebewesen wie Laktobazillen, Bifidobakterien oder Hefekulturen, die als besonders gesundheitsfördernd gelten. Die Weltgesundheitsorganisation definiert sie als „lebende Mikroorganismen, die dem Menschen einen gesundheitlichen Vorteil bringen, wenn sie in ausreichender Menge aufgenommen werden“. Probiotische Mikroorganismen können in Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln oder Arzneimitteln enthalten sein.

Um eine Wirkung zu erzielen, müssen sie allerdings in ausreichender Menge enthalten sein – das sind ungefähr 10 Millionen pro Gramm. Häufig eingesetzte Probiotika sind: Laktobazillen (Lactobacillus acidophilus, Lactobacillus casei, Lactobacillus rhamnosus) Bifidobakterien (Bifidobacterium lactis, Bifidobacterium bifidum Enterokokken Escherichia coli Hefekulturen (Saccharomyces boulardii, Sacchaomyces cervisiae) Bersonders zur Arzneihefe Saccharomyces boulardii liegen zahlreiche Studien vor, die die gute Wirkung bei Diarrhoe unterschiedlicher Ursache, auch bei Kindern, belegt.

Wann zum Arzt? Durchfall und Verstopfung, vor allem die akuten Formen, können oftmals gut in der Selbstmedikation behandelt werden. Die Grenzen sind erreicht, wenn sich beim Durchfall Fieber einstellt oder wenn sich Blut- oder Schleimbeimengungen im Stuhl zeigen, aber auch wenn weder Durchfall noch Verstopfung nach einigen Tagen von selbst aufhören. Das Reizdarmsyndrom, Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, die in ihren Anfangsstadien nicht von harmloseren Störungen zu unterschieden sind, gehören ebenso in ärztliche Behandlung.

Durchfall bei Kindern unter zwei Jahren ist wegen der Gefahr des starken Wasser- und Elektrolytverlustes und der möglichen Austrocknung immer ein Fall für den Arzt. Auch Senioren, Schwangere und geschwächte Menschen sollten von der Selbstmedikation absehen und den Arzt aufsuchen.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 07/2021 ab Seite 58.

×