Der Versorgungsauftrag ist für die meisten mit einer wohnortnahen Betreuung in der Apotheke vor Ort verbunden. Auch in der Nacht oder an Feiertagen nehmen wohl die wenigsten die Dienste einer Versand-Apotheke in Anspruch.© kzenon / 123rf.com

Politik | Neujahrsempfang NRW

GESUNDHEITSMINISTER NORDRHEIN-WESTFALENS SETZT SICH FÜR VERSANDHANDELSVERBOT EIN

Auf dem Neujahrsempfang der Apothekerkammer Nordrhein ging es dieses Jahr um die Zukunft des Vertriebs verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem europäischen Ausland. Der Tenor war eindeutig: Die wohnortnahe Patientenversorgung durch die Apotheke vor Ort muss gewährleistet bleiben!

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Apothekerinnen und Apotheker, Repräsentanten des Gesundheitssystems und Abgeordnete des Landtags Nordrhein-Westfalen und des Bundestages – über 200 Paar Ohren verfolgten die Beiträge des diesjährigen Neujahrsempfangs. Die Veranstaltung wurde moderiert und geleitet von Lutz Engelen, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein. Hauptpunkte des Abends: Der Richterspruch des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Versand verschreibungspflichtiger Arzneimittel und das umstrittene Honorargutachten des Bundeswirtschaftsministeriums.

Es war ein Schock für die meisten Apotheker: Im Oktober 2016 verkündete der EuGH in seinem Urteil, dass die bisherige Regelung, die auch EU-ausländische Versandapotheken zur Einhaltung der deutschen Arzneimittelpreisverordnung verpflichtet, eine nicht länger hinnehmbare Beschränkung des freien Warenverkehrs innerhalb europäischer Grenzen darstellt. Die Richter sahen eine starke wirtschaftliche Beeinträchtigung nicht-deutscher Apotheken, da die Arzneimittelpreise auch innerhalb der EU stark variieren. Um diesen Apotheken den Zugang zum deutschen Markt zu erleichtern, sind daher seit dem Urteil Boni auch auf verschreibungspflichtige Arzneimittel möglich – in Deutschland ansässige Apotheken müssen sich aber weiterhin an die hiesige Arzneimittelpreisverordnung halten. Seitdem versuchen Verbände und Kammern sich politisch Gehör zu verschaffen und ein Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel zu erwirken.

Unterstützung kam jetzt von Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Nordrhein-Westfalen. Durch seinen Sprecher, Helmut Watzlawik, der an diesem Abend als Gastredner auftrat, bekundete der Minister seine vehemente Zustimmung zu einem solchen Verbot mit Hinblick auf zwei wichtige gesundheitspolitische Ziele. Zum einen messe er der wohnortnahen Patientenversorgung mit der Apotheke vor Ort eine hohe Bedeutung bei, zum anderen müsse ein qualifizierter Nacht- und Notdienst weiter gewährleistet werden. Ebenso sieht das Ministerium in dem Richterspruch einen unfairen Wettbewerb für deutsche Apotheken, die keine Rabatte auf Rx-Arzneimittel erlassen dürfen.

Lutz Engelen sieht im Zusammenhang auf die Versorgung der Bevölkerung auch erhebliche Probleme in dem 2017 beauftragten und seit Ende des Jahres immer wieder durch die Medien geisternden Honorargutachtens des Bundeswirtschaftsministeriums. Das Gutachten sieht neben einer Kürzung des Fixzuschlages auf 5,80 € auch eine Umstrukturierung und Reduktion des Honorars von Apotheken und Großhandel vor. Das Ziel: Einsparungen bei verbesserter Versorgung der Bevölkerung mit Unterstützung durch den Versandhandel, denn das aktuelle Honorar sei unverhältnismäßig und schlecht verteilt und somit jede zweite Apotheke trotz hoher Zahlungen von der wirtschaftlich bedingten Schließung bedroht. „Wenn aber die Apotheken zu viel verdienen, frage ich mich, weshalb wir genau diese 200 Apotheken jährlich aus dem Versorgungsnetz verlieren“, zweifelt Engelen die Ergebnisse des Gutachtens an und nimmt damit Bezug auf die circa 200 Apotheken, die seit mehreren Jahren jährlich bundesweit schließen. Den gesetzlichen Versorgungsauftrag kann man eben nicht mit den klassischen Bewertungen der freien Marktwirtschaft vergleichen.

Farina Haase, Volontärin, Apothekerin

Quelle: Apothekerkammer Nordrhein

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