Nach so einem schönen Cocktail-Abend mit Freunden kann einem schon einmal der Schädel brummen. Schuld daran ist Acetaldehyd, ein Zwischenprodukt des Alkohol-Abbaus im Körper. © foodandmore / 123rf.com

Onkologie | Ethanol

ALKOHOLISCHE GETRÄNKE ERHÖHEN KREBSRISIKO

Ein gesunder Lebensstil mit einer ausgewogenen Ernährung, regelmäßiger Bewegung und dem maßvollen Konsum von Genussmitteln können zu einer Verhütung von Krebserkrankungen beitragen – das ist nichts Neues. Wie genau nun Alkohol zur Krebsentstehung beiträgt, veröffentlichte vor kurzem eine US-amerikanische Forschergruppe im Nature Journal.

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Bei dem Alkohol, den wir in Form von Wein, Bier, Sekt oder Spirituosen zu uns nehmen, handelt es sich um Ethanol. Er entsteht auf natürlichem Weg durch die Vergärung von Zucker aus beispielsweise Früchten. Es handelt sich dabei um eine der ältesten bekannten biochemischen Reaktionen. Um nicht beim versehentlichen Verzehr vergorener Früchte umzukommen, besitzt der Körper verschiedene Abbau-Wege, um den Ethanol zu eliminieren. Eine kleine Teilmenge wird unverändert über die Haut, den Atem und den Urin ausgeschieden. Der Großteil wird in der Leber unter Einfluss der Enzyme Alkoholdehydrogenase (ADH) und Katalase zu Acetaldehyd und mittels Aldehyddehydrogenase (ALDH) weiter zu Essigsäure oxidiert, die im Folgenden in den Citratzyklus eingebaut werden kann. Sind diese Wege blockiert oder fällt viel Ethanol für den Stoffwechsel an, kann der Alkohol auch über das Cytochrom P450-System (CYP2E1) abgebaut werden. Manche ethnischen Gruppen, beispielsweise die Bevölkerungsgruppe der Japaner, können aufgrund eines Defekts oder Mangels an ALDH Ethanol nicht komplett verstoffwechseln, vertragen daher oft weniger Alkohol und sammeln somit schneller Acetaldehyd im Körper an.
Das entstehende Zwischenprodukt Acetaldehyd führt dabei zu den bekannten „Kater“-Erscheinungen (Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen). Und eben dieser Metabolit wird nun auch für DNA-Schäden und somit für die Entstehung von Krebs verantwortlich gemacht.

Die Ursachen für eine onkologische Erkrankung sind vielfältig, doch weiß man, dass Schäden an der DNA das Risiko für Krebserkrankungen erhöhen und eine daraus resultierende Mutation (vor allem im Tumorsuppressorgen) meist am Anfang der Entwicklung stehen. Das Team um Ketan Patel von der Universität von Cambridge konnte jetzt in verschiedenen Experimenten zeigen, dass Acetaldehyd zu Doppelstrangbrüchen an der DNA führt. Die Konsequenz können dann Mutationen aufgrund einer fehlerhaften Reparatur (vor allem durch das FANCD2-System) darstellen, die zur unkontrollierten Zellbildung und so zur Tumorbildung führen können.

Nach den Forschungsergebnissen entwickeln Kinder, die sowohl eine Defekt im FANCD2- als auch im ALDH-Gen aufweisen, frühzeitig eine Knochenmarkserkrankung mit onkologischen Folgen. Ebenso weisen erwachsene Japaner, die trotz Gen-Defekts Alkohol zu sich nehmen, ein höheres Risiko für Speiseröhrenkrebs oder Hals-Kopf-Tumoren auf. Dies spricht für die pro-kanzerogenen Eigenschaften von Acetaldehyd, da sich genau bei diesen Patienten aufgrund des Gen-Defekts bevorzugt Acetaldehyd in größeren Mengen ansammelt. Dagegen spricht allerdings die Beobachtung verschiedener Studien, die Disulfiram eine krebspräventive Wirkung zuschreiben. Dabei handelt es sich um einen Wirkstoff, der zur Einhaltung der Abstinenz bei alkoholkranken Patienten eingesetzt werden kann. Disulfiram verhindert den letzten Oxidationsschritt von Acetaldehyd zu Essigsäure, was zu einer Kumulation des Aldehyds führt und somit zu massiven, schnell einsetzenden „Kater“-Erscheinungen, durch die der Patient davon abgebracht werden soll, weiterhin Alkohol zu trinken. Nun sollte dieses Patientenkollektiv eigentlich ein höheres Krebsrisiko aufweisen, dem ist aber nicht so. Man konnte sogar zeigen, dass die Einnahme von Disulfiram während einer Chemotherapie bei einer bestimmten Tumor-Art die Wirkung der Therapie verstärkt. Tierexperimentelle und Beobachtungsstudien sind oftmals nicht 1:1 auf das tatsächliche Risiko übertragbar.

Farina Haase, Volontärin, Apothekerin

Quelle: Ärzteblatt

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