Mann mit dickem Bauch
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Forschung | Bauch

NEUES ORGAN GEFUNDEN - DAS GEKRÖSE

Das Gekröse oder Mesenterium soll in die Liste der menschlichen Organe aufgenommen werden. Seine Funktion ist jedoch noch nicht geklärt.

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Es liegt etwas versteckt und in sich gefaltet zwischen den unteren Enden von Dick- und Dünndarm, bildet die Verbindung zur Bauchwand. Wie eine dünne Haut, verzweigt und verästelt, schmiegt es sich an die Darmabschnitte und genauso fest haftet es am Bauchfell. Über das Gekröse laufen die Blutgefäße in den Darm, versorgen ihn mit Blut, bevor die Nährstoffe über andere Gefäße wieder abgeleitet werden. Gleichzeitig ist es eine Art Halterung, „denn der Darm liegt ja nicht wie ein langer Gartenschlauch im Bauchraum, sondern er ist an einer Aufhängung befestigt“, erklärte Professor Tobias Goeser, Leiter der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie am Uniklinikum Köln im Deutschlandfunk.

Die Wissenschaft ging bisher davon aus, dass diese Aufhängungen einzelne, voneinander unabhängige Strukturen darstellten; sie bekamen deshalb abschnittsweise den Namen des anhängenden Darmabschnittes zugewiesen. Die irischen Wissenschaftler Calvin Coffey und Peter O'Leary von der Universität Limerick zeigten im November 2016 in der Fachzeitschrift „Lancet Gastroenterology & Hepatology“ jedoch, dass es sich doch um ein zusammenhängendes Gewebe handelte und eine eigenständige Funktionseinheit darstellt. „Wir kennen jetzt die Anatomie und die Struktur. Jetzt müssen wir noch die Funktion herausfinden. Wenn man die Funktion versteht, wissen wir auch, wann das Organ nicht normal arbeitet und können somit neue Krankheiten des Verdauungstraktes erkennen“, schrieb Coffey im „Lancet“.

Doch sein Kölner Kollege ist da skeptisch. Goeser meint: „Ein Organ ist ein zusammenhängendes Gebiet mit einer bestimmten Funktion. Das haben die Autoren so gelöst, dass sie gesagt haben: Wenn man genau guckt, kann man schon sehen, dass auch in den Bereichen, wo wenig Gekröse ist, doch irgendwie auch ein bisschen Aufhängung ist.“ Der Professor hält den Punkt mit der Funktion für „noch nicht ganz geklärt“ und ist daher mit der Begriffsbezeichnung „Organ“ zurückhaltend. Im „Pschyrembel“, ist das Gekröse noch eine „Bauchfellduplikatur“, im englischen Standardwerk „Grays Anatomy“ jedoch seit allerneuestem bereits ein eigenes Organ.

Unbestritten ist jedoch, dass die Erforschung des Mesenteriums – ob nun Organ oder nicht – wertvolle Erkenntnisse über bestimmte Krankheiten ergeben würde. Darmkrebs beispielsweise, entzündliche Darmerkrankungen, Diabetes oder Adipositas. Fettleibige Menschen lagern nämlich im Gekröse besonders viel Fett ein. Dieses wiederum sorgt für inflammatorische Botenstoffe, die letztendlich Atherosklerose verursachen. Der „Dicke Bauch“ und sein Umfang gelten nicht umsonst als Wurzel vieler Übel, angefangen bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, endend bei Schlaganfall und Herzinfarkt.

Alexandra Regner, PTA, Redaktion

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