Auch im neuen Jahr 2018 wird es einige Neuzugänge auf dem Arzneistoffmarkt geben. In der Pipeline der pharmazeutischen Industrie warten unter anderem Immuntherapien und-modulatoren, Antibiotika, Onkologika und Antipsychotika. © Chobsak Dararuang / 123rf.com

Arzneistoffentwicklung | Pipeline

NEUZULASSUNGEN 2018: WAS KOMMT NEUES AUF DEN ARZNEISTOFFMARKT?

Neben Migränemitteln, Neuroleptika und Antibiotika werden die kommenden Neuzulassungen wohl um den Schwerpunkt Immunsystem kreisen. Wie auch im vergangenen Jahr werden einige Vertreter aus der Gruppe der Immun- und Krebstherapeutika erwartet.

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Bereits 2017 kamen zehn der insgesamt 30 neu zugelassenen Arzneistoffe mit onkologischer Indikation auf den Markt. Dieses Jahr wird sich einiges in den Bereichen Blasen-, Mamma- und Ovarial-Karzinom tun. Ein neuer Checkpoint-Inhibitor (Durvalumab) ist zur Zulassung angemeldet. Nach Gabe des Antikörpers kommt es zur Blockade eines unter Tumorkontrolle befindlichen Immun-Checkpoints, wodurch das Immunsystem entartete Krebszellen erkennen und bekämpfen kann. Auch weitere Kinase-Hemmer sind geplant, ebenso die Einführung des bereits in den USA gegen Eierstockkrebs eingesetzten Rucaparib. Der PARP-1- und -2-Hemmer verhindert durch seine Enzymblockade die Reparatur von DNA-Einzelstrangbrüchen des Tumors, sodass dieser zugrunde geht. Mit Padeliporfin kommt ein neuer innovativer Wirkstoffkandidat auf den Markt: Das wasserlösliche Palladium-Bakteriochlorophyll-Derivat wird in die Blutgefäße des Tumors injiziert und durch Laserstrahlen aktiviert. So kann es den Tumor selektiv abtöten.

Immunmodellierende und zellmanipulierende Verfahren ergänzen das Portfolio der Onkologika. Bei zum Beispiel Zalmoxis® von MolMed handelt es sich um eine Gentherapie für Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie (ALL). Sie soll eine Abstoßungsreaktion nach Stammzelltransplantation verhindern, indem gentechnisch veränderte T-Zellen eine Immunantwort unterdrücken, sodass keine weiteren Immunsuppressiva eingenommen werden müssen. Ein ähnlicher Gedanke liegt ATIR-101 zugrunde: Dem Stammzellspender werden Lymphozyten entnommen, diese werden mit den Empfänger-Lymphozyten und einem fototoxischen Wirkstoff gemischt. Der Stoff sammelt sich in den Lymphozyten an, wodurch sie, nach Infusion, durch externe Bestrahlung jederzeit abgetötet werden können, sollten sie aktiv werden.
Bereits seit Ende 2017 in aller Munde, warten nun auch zwei CAR(Chimeric Antigen Receptor)-T-Zell-Therapien in der pharmazeutischen Pipeline. Es sind ebenfalls Gentherapien, bei denen veränderte T-Zellen aktivierte B-Zellen binden und diese zerstören.

Auch im Indikationsgebiet der Autoimmunerkrankungen könnten Neuzugänge verzeichnet werden. Gerade von der EU-Kommission zugelassen wurde der Antikörper Ocrelizumab (Ocrevus® von Roche). Es handelt sich um den ersten Wirkstoff zur Behandlung der primär progressiven, das heißt nicht schubförmig verlaufenden, sondern stetig verschlechternden Form der Multiplen Sklerose. Bereits in den Startlöchern steht der ebenfalls gegen eine überschießende Immunreaktion wirksame Antikörper Tildrakizumab. Er soll für Patienten mit Psoriasis zum Einsatz kommen. Für Typ-2-Diabetiker wird es voraussichtlich ebenfalls zwei Novitäten geben. Das GLP(Glucagon-like Peptid)-1-Analogon Semaglutid gehört wie das bereits zugelassene Exenatid (Byetta®) zu den Inkretin-Mimetika, muss aufgrund seiner langen Wirksamkeit allerdings nur einmal wöchentlich appliziert werden. Ertugliflozin wird voraussichtlich die Gruppe der SGLT(Sodium dependent glucose Co-transporter)-2-Inhibitoren ergänzen, die über eine Hemmung der Glucose-Rückresorption in der Niere zu einer vermehrten Ausscheidung und somit zu einem Absinken des Glucose-Spiegels beitragen.

Neue Kandidaten zur Immunsystem-Aktivierung sind gleichermaßen in Planung. Chingrix® (der Firma GlaxoSmithKline), ein Impfstoff gegen Gürtelrose für Erwachsene ab 50 Jahren, ist bereits in den USA auf dem Markt und befindet sich seit November 2017 auch im EU-Zulassungsverfahren. Mit Dengvaxia® (Sanofi Pasteur) ist die Einführung eines Vakzins gegen Dengue-Viren geplant. In Ländern mit hoher Krankheitslast (Mexiko, Brasilien, Philippinen) wird der Impfstoff bereits verwendet, geriet zuletzt allerdings auf den Philippinen in Kritik, da Geimpfte nach einer Infektion schwerer erkrankten als Ungeimpfte.

Neben Immuntherapeutika oder solche, die das Immunsystem betreffen, sind auch neue Arzneistoffe in den Bereichen Antiinfekta (Virustatika, Antibiotika), Antikoagulanzien und Antikörper bei Blutgerinnungsstörungen, Asthma-Medikamente, Antikörper zur Migräneprophylaxe und Neuroleptika zur Behandlung psychischer Erkrankungen geplant.

Farina Haase, Volontärin, Apothekerin

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

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