© Die PTA in der Apotheke
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Gereizte Kehrseite

HÄMORRHOIDEN

Er ist Sitzpolster und gilt auch als Objekt der Begierde. Doch Millionen Menschen machen Jucken, Brennen und Schmerzen in diesem sensiblen Bereich zu schaffen. Hier ist Ihr Einfühlungsvermögen als PTA gefragt.

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Sie jucken, bluten, brennen und stören beim Sitzen. Hämorrhoiden plagten schon den Pharao, wie alte Schriften überliefern. Auch Ritter und Feldherren wie Napoleon Bonaparte hatten mit diesen schmerzhaften Ausstülpungen am Enddarm zu kämpfen, sodass er seine entscheidende Schlacht bei Waterloo nicht im Sattel verbringen konnte. Diese Anekdote – ob wahr oder nicht – macht jedoch deutlich, wie wichtig das Funktionieren des Enddarms für unser Wohlbefinden und unsere Leistungsfähigkeit ist. Nur spricht niemand gerne darüber.

Eine Frage des Grades Kaum zu glauben, denn Hämorrhoiden sind eigentlich etwas Gesundes und Notwendiges – jeder Mensch hat sie. Ein ringförmiges Geflecht von Blutgefäßen innerhalb des Enddarms, die zusätzlich zum dortigen Schließmuskel dem Feinverschluss des Darmausganges dienen. Deshalb spricht die Medizin von einem Hämorrhoidalleiden, wenn diese mit Blut gefüllten Gefäßpolster krankhaft verändert sind. Heute leidet etwa jeder zweite Erwachsene daran, Männer etwas häufiger als Frauen, 50-Jährige häufiger als Jugendliche.

Und sie alle gehen statt zum Arzt lieber erst einmal in die Apotheke. Umso wichtiger ist es, dass Sie im Beratungsgespräch gezielt nach den genauen Beschwerden fragen. Die Frage, die sich für einen Mediziner bei Patienten mit diesem Leiden sofort stellt, lautet: welchen Grades? Denn ob er Salbe, Zäpfchen oder Sitzbäder empfiehlt, verödet, abbindet oder gar operiert, richtet sich danach, wie ausgeprägt die Gefäßknoten sind.

Das Gespräch aufnehmen Verlangt Ihr Kunde ein Hämorrhoidenmittel, müssen Sie deshalb zunächst klären, ob er die Beschwerden selbst behandeln darf oder einen Arzt aufsuchen sollte. Bringen Sie außerdem im Gespräch in Erfahrung, ob er das Arzneimittel selbst anwenden möchte. Fällt die Antwort positiv aus, ist dann vorsichtiges Herantasten an das Thema angebracht: „Darf ich fragen, wie sich Ihre Probleme äußern?“ Handelt es sich um einen harmlosen Juckreiz und ein leichtes Wundgefühl oder hat er auch Schmerzen beim Stuhlgang und Blutspuren auf dem Stuhl, Toilettenpapier oder in der Unterwäsche festgestellt? Verspürt er ein stärkeres Jucken, Brennen oder Nässen, ein Fremdkörpergefühl, einen Afterprolaps ? Wo treten die Schmerzen hauptsächlich auf? Äußerlich im Schleimhautbereich oder im Analkanal?

Es ist zu bedenken, dass manchen Kunden das Wort Hämorrhoiden peinlich ist und sie freier reden können, wenn es nur um die Begleitprobleme geht. Wichtig ist auch zu wissen, ob die Diagnose von einem Arzt abgeklärt ist. Denn Analfissuren, perianale Ekzeme, Fisteln oder Analthrombosen sind nur einige Erkrankungen, die ganz ähnliche Beschwerden verursachen wie Hämorrhoiden. Leidet der Kunde unter Obstipation und muss deshalb auf dem stillen Örtchen meist stark pressen? Nimmt er regelmäßig Abführmittel? Welche Pflegemittel in Bad und Toilette werden benutzt? Ernährt er sich ballaststoffarm? Besteht eine Schwangerschaft? Hat das verlangte Arzneimittel in der Vergangenheit geholfen? Treten die Symptome erstmalig auf, sollte immer ein Arzt eine Diagnose stellen. Das gilt auch, wenn ein Patient schon über Wochen oder Monate leidet oder die Beschwerden oft zurückkehren.

10 TIPPS FÜR HÄMORRHOIDENGEPLAGTE
Oberstes Gebot: Sauberkeit! Aber bitte mit Vorsicht, damit der After nicht übermäßig gereizt
wird. Eine Reinigung mit weichem Papier und eine gründliche Spülung mit Wasser (z. B. Bidet oder Sitzbadewanne) bzw. mit Wasser befeuchteten Einmaltüchern sind ausreichend.
Atmungsaktive, hautfreundliche und kochfeste Baumwollunterwäsche tragen.
Nur auf die Toilette, wenn man muss – nicht wenn man will!
Starkes Pressen beim Stuhlgang vermeiden!
„Keine „Sitzungen“ auf der Toilette mit Lektüre: Der Halteapparat und die Bänder des Schwellkörpers sind überlastet und geben nach.
Schmerzlindernde Mittel sollten nicht länger als drei Tage verwendet werden – außer in Absprache
mit dem Arzt!
Entzündungshemmende Präparate auf Hamamelis-Basis können zur Langzeit-Therapie angewendet
werden.
Täglich mindestens zwei Liter Flüssigkeit trinken, das fördert die Verdauung.
Mehr Bewegung, Sport und eine ballaststoffreiche Kost – der Darm dankt es!
Täglich die Beckenbodenmuskulatur durch gezielte Übungen trainieren (wiederholtes Anspannen
des Schließmuskels als ob man den Stuhlgang verhindern will. Dabei bis zehn zählen und den Muskel danach wieder locker lassen).
Offen mit dem Arzt sprechen und ggf. einen Enddarm-Spezialisten aufsuchen.

Von harmlos bis Aftervorfall Hellrote Blutspuren, Druckgefühl, Jucken, Brennen, Nässen und Entzündungen rund um den Anus – diese Symptome legen den Verdacht nah, dass vergrößerte Hämorrhoiden im Spiel sind. Je nach Ausprägung teilt man sie in vier Stadien ein, nach denen sich dann auch die Therapie richtet.

Hämorrhoiden ersten Grades machen wenig Beschwerden und gehen oft von alleine wieder zurück. Der Schwellkörper ist nur innerhalb des Analkanals vergrößert. Von außen bemerkt man das nicht. Erstes Anzeichen ist gelegentlich etwas hellrotes Blut auf dem Stuhl oder am Toilettenpapier. Vergrößern sich die Gefäßpolster weiter, entwickeln sie sich zu solchen zweiten Grades: Beim Pressen und während der Darmentleerung treten sie aus dem After nach außen, ziehen sich dann aber von selbst wieder zurück. Brennen, Jucken, Nässen und leichte Blutungen beim Stuhlgang sind hier weitere Symptome.

Vom dritten Grad sprechen Ärzte, wenn die Hämorrhoiden nur noch manuell zurückgelagert werden können. Nässen, Juckreiz, gelegentlich Schmerzen und vor allem Blutungen kennzeichnen dieses Stadium. Vierten Grades sagen sie, wenn ein Prolaps endgültig ist und nur noch chirurgisch entfernt werden kann. Weitere Anzeichen: Fremdkörpergefühl, Blutungen, Wundsein und Schmerzen. Brennen, Jucken und Schmerzen örtlich betäuben Sind vergrößerte Hämorrhoiden ersten und zweiten Grades die Verursacher von Beschwerden in der Analregion, kann mit Präparaten im Rahmen der Selbstmedikation Abhilfe geschaffen werden.

Es gibt verschiedene Mittel mit unterschiedlichen Wirkstoffen. Wenn vor allem Jucken und Brennen im Afterbereich den Betroffenen quälen, eignen sich beispielsweise Salben, die Quinisocain enthalten (z. B. Haenal® akut). Lokal betäubend wirkende Substanzen blockieren die Reizweiterleitung, wodurch der Schmerz schnell ausgeschaltet und auch der Juckreiz gestillt wird. Ihre Wirkung beginnt bereits nach wenigen Minuten und hält mehrere Stunden an. Die Creme wird nur ein bis zweimal täglich dünn auf die zu behandelnden Haut- und Schleimhautpartien aufgetragen und mit dem Finger vorsichtig eingerieben. Hilft die Akutbehandlung mit dem Lokalanästhetikum nicht binnen drei Tagen, sollten Sie unbedingt zur Abklärung der Beschwerden einen Arztbesuch empfehlen, am besten einen Proktologen.

Neben Quinisocain sind außerdem Lidocain, Cinchocain, Benzocain oder Polidocanol gängige örtlich betäubende Wirkstoffe. All die diese Medikamente eignen sich nur für den kurzfristigen Einsatz, aber keinesfalls zur Dauertherapie.

Zaubernuss gegen Nässen und Entzündungen Ursache für das Brennen und Jucken bei vergrößerten Hämorrhoiden ist eine Entzündung der Analschleimhaut. Darum sollte die Behandlung der Entzündung im Vordergrund stehen. Wer eine pflanzliche Alternative für den Tag sucht, dem kann der Trockenextrakt aus der Rinde der Zaubernuss (Hamamelis) empfohlen werden, deren Gerbstoffe entzündungshemmend, adstringierend, leicht blutstillend und juckreizlindernd wirken (z. B. Haenal® fact Hamamelis Salbe). Die Schleimhäute ziehen sich zusammen, die Haut beruhigt sich und wird zur Heilung angeregt. Juckreiz, Nässen und Brennen im Analbereich werden gemildert, das Abheilen vergrößerter Hämorrhoiden kann so gefördert werden.

Die pflanzliche Behandlung lässt sich kombinieren, zum Beispiel Quinisocain am Tag und nachts Hamamelis Zäpfchen (z. B. Haenal® Hamamelis Zäpfchen), die von innen ihre heilende Wirkung entfalten. Wichtig zu wissen: Kein Präparat kann vergrößerte Hämorrhoiden beseitigen oder dem Leiden vorbeugen. Sie können aber die Beschwerden lindern. Wie gut dies gelingt, hängt auch von der Anwendung ab. So sollten Betroffene darauf achten, dass Zäpfchen nur so weit eingeführt werden, dass das untere Ende noch ertastet werden kann. Gleiches gilt für Salben, die mit einer Applikationshilfe benutzt werden. Vergrößertes Hämorrhoidalgewebe lässt sich nur beim Proktologen entfernen. Prinzipiell sollten alle Präparate zur symptomatischen Behandlung von Hämorrhoidalleiden, aber auch von anderen Analerkrankungen, bevorzugt nach der Stuhlentleerung angewendet werden.

Veröden, ligieren, operieren Das Übel an der Wurzel packen gezielte Therapien, die der Arzt ausführt. Hämorrhoiden zweiten und dritten Grades werden verödet (Sklerotherapie) oder mit einer Gummibandligatur beseitigt. Im vierten Stadium kommen die Patienten hingegen meist um eine Operation nicht mehr umhin. Wer das vermeiden will, sollte daher seine Scheu überwinden und so rasch wie möglich ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Obwohl das Leiden schon so lange bekannt ist, konnte bis heute das Rätsel um den genauen Entstehungsmechanismus nicht gelöst werden. Was wir jedoch kennen, sind jene Faktoren, welche die knotigen Veränderungen begünstigen: Chronische Verstopfung, durchfallartiger Stuhl, Missbrauch von Abführmitteln, Übergewicht, Bewegungsarmut, ballaststoffarme Ernährung, Alkohol, Kaffee, scharfe Gewürze sowie Schwangerschaft oder familiäre Veranlagung.

Darm-gesund leben Zum Glück können Betroffene selbst eine Menge tun, um Hämorrhoidalbeschwerden zu vermeiden oder dafür sorgen, dass sie sich nicht übermäßig verschlimmern – zum Beispiel durch ausgewogene Ernährung, viel Bewegung und ein gesundes Stuhlverhalten. Hier lässt sich die zwanglose Überleitung zu weiteren Empfehlungen im Gespräch mit dem Kunden mit den Worten: „Wenn Sie möchten, gebe ich Ihnen gerne Tipps, wie Sie mit einem Darm-gesunden Lebensstil Beschwerden effektiv vorbeugen können“ beginnen. Der Kunde wird nicht mit einer Beratung überfahren, die er womöglich nicht möchte, sondern seine Zustimmung wird aktiv abgefragt.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/11 ab Seite 68.



Haenal® akut. 5 mg/g Creme. Wirkstoff: Quinisocainhydrochlorid. Zus.: 5 mg Quinisocainhydrochlorid in 1 g Creme. Sonstige Bestandteile: Glycerol 85 %, Polysorbat 60, Methyl(4-hydroxybenzoat) (E 218), Propyl(4-hydroxybenzoat) (E 217) [Parabene], Cetylalkohol, Natriummonohydrogenphosphat-Dodecahydrat, weißes Vaselin, gereinigtes Wasser. Anwendungsgebiet: Linderung von Brennen und Juckreiz bei ano-rektalem Symptomenkomplex. Gegenanzeigen: Überempfindl. gg. Quinisocainhydrochlorid, Parabene (E 217 und 218) oder einen der sonstigen Bestandteile. Stark blutende Hämorrhoidalknoten. Nebenwirkungen: Sehr selten Reizungen oder allergische Hauterscheinungen. Parabene (E 217 und 218) können Überempfindlichkeitsreaktionen, auch Spätreaktionen, hervorrufen. Wechselwirkung: Haenal akut beeinträchtigt Reißfestigkeit und Sicherheit von Kondomen. Warnhinweis: enthält Cetylalkohol und Parabene (E 217 und E 218). Packungsbeilage beachten. Stand: Juni 2010. Haenal® fact Hamamelis Salbe. Wirkstoff: Hamamelisrinde-Trockenextrakt. Zus.: 10 g Salbe enthalten 129 mg Trockenextrakt aus Hamamelisrinde (5-7,7 : 1); Auszugsmittel: Ethanol 30 % (m/m). Sonstige Bestandteile: Glukosesirup (sprühgetrocknet), hochdisperses Siliciumdioxid, Cetylstearylalkohol (Ph.Eur.), Pfefferminzöl, weißes Vaselin, Wollwachsalkohole, Titandioxid (E 171). Anwendungsgebiete: Zur Besserung von Beschwerden wie Juckreiz; Brennen, leichten Blutungen in den Anfangsstadien von Hämorrhoidalleiden. Bei Entzündungen und leichten Hautverletzungen im Bereich des Darmausgangs. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gg. Hamamelis, Cetylstearylalkohol, Wollwachsalkohole o. einen der sonstigen Bestandteile. Nebenwirkungen: sehr selten allergische Reaktionen. Warnhinweis: enthält Cetylstearylalkohol und Wollwachsalkohole. Packungsbeilage beachten. Stand: Februar 2008. Haenal® Hamamelis Zäpfchen. Wirkstoff: Hamamelisrinde-Trockenextrakt. Zus.: 1 Zäpfchen enthält 66 mg Trockenextrakt aus Hamamelisrinde (5-7,7 : 1); Auszugsmittel: Ethanol 30 % (m/m). Sonstige Bestandteile: Glukosesirup, Hartfett, hochdisperses Siliciumdioxid. Anwendungsgebiet: Zur Besserung von Beschwerden wie Juckreiz; Brennen oder leichten Blutungen in den Anfangsstadien von Hämorrhoidalleiden. Entzündungen der Schleimhaut im Bereich des Darmausgangs. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gg. Hamamelis o. einen der sonstigen Bestandteile. Nebenwirkungen: sehr selten allergische Reaktionen. Stand: Februar 2008. Strathmann GmbH & Co. KG, Postfach 610425, 22424 Hamburg

Dr. Kirsten Schuster, Medizinjournalistin

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