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Rezeptoren

ADRENALIN PUR – TEIL 4

Indirekte Sympathomimetika erhöhen die Freisetzung und/oder vermindern den Reuptake der physiologischen Neurotransmitter. Somit wirken sie durch Konzentrationserhöhung von Noradrenalin an allen adrenergen Rezeptoren.

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Die erzielten Effekte der indirekten Sympathomimetika sind nicht selektiv und es sind alle Sympathikus-steigernden Wirkungen messbar. Leitsubstanz ist hier Ephedrin, das stark bronchospasmolytisch wirkt und sich bei topischer Anwendung auf der Nasenschleimhaut durch eine gute vasokonstriktorische Wirkung auszeichnet.

Verschiedene Einsatzgebiete Chemisch handelt es sich beim Ephedrin um ein Phenylethylamin-Derivat, das die Ausgangsstruktur für die meisten anderen Wirkstoffe dieser Gruppe darstellt. Pharmakologisch gesehen kann man die ganze Gruppe als Psychostimulanzien bezeichnen. Wirkstoffe dieser Arzneistoff-​Gruppe findet man, je nach Substanz, in Erkältungskombinationspräparaten, Anorektika (Appetitzügler) oder bei der Behandlung von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom) und Narkolepsie. Ihr Nebenwirkungsprofil ist weitgehend gleich, wobei die Ausprägung stark dosisabhängig ist.

Aufgrund der auslösenden zentralen Erregung ist die Grenze zur missbräuchlichen Verwendung als Droge oder im Doping sehr groß. Deshalb sind die meisten Wirkstoffe verschreibungspflichtig oder unterliegen teilweise sogar der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung. Die Ausnahme stellen die Kombinationen mit Pseudoephedrin in den Grippemitteln dar, die zu den apothekenpflichtigen Arzneimitteln gehören. Als Appetitzügler werden Wirkstoffe wie Cathin, Amfepramon, Naltrexon, Liraglutid oder Bupropion eingesetzt. Sie dienen zur unterstützenden Behandlung von adipösen Patienten mit einem BMI ≥ 30, bei denen andere Maßnahmen zum Abnehmen nicht angesprochen haben.

Bei ADHS kommen die Wirkstoffe Methylphenidat, Dexamfetamin, Lisdexamfetamin, Guanfacin oder Atomoxetin zum Einsatz. Für die Behandlung der Narkolepsie, eine Erkrankung, die mit exzessiver Schläfrigkeit einhergeht, ist aus dieser Arzneimittelgruppe neben Methylphenidat auch der Wirkstoff Modafinil zugelassen.

Tachyphylaxie Werden indirekte Sympathomimetika in zu kurzen Dosisintervallen eingenommen, kommt es zu einem schnellen Wirkungsverlust der Substanz, der als Tachyphylaxie bezeichnet wird. Grund hierfür ist, dass durch die Reuptake-​Hemmung die Vesikel an Neurotransmitter verarmen und zusätzlich dieser nicht so schnell neu synthetisiert werden kann. Somit kann nur weniger oder gar kein Neurotransmitter mehr freigesetzt werden. Eine Dosiserhöhung kann deshalb den Wirkungsverlust nur sehr kurzfristig ausgleichen.

Die Normalisierung der Steuerung sowie eine weitere Arzneistoff-Wirkung können erst nach Regeneration des Systems erfolgen. Alle indirekten Sympathomimetika können zu Herzklopfen, Tachykardie oder Herzrhythmusstörungen führen. Oftmals tritt auch Mundtrockenheit auf. An den Pupillen kann es zur Mydriasis (Pupillenerweiterung) kommen. Viele Anwender klagen über Erbrechen, Diarrhoe und Appetitverlust. Zu den Kontraindikationen gehören neben der manifesten Hypertonie, alle Formen von Herzerkrankungen und Gefäßveränderungen, Glaukom, BPH (benigne Prostatahyperplasie, gutartige Prostatavergrößerung) sowie Schwangerschaft und Stillzeit.

Indirekte Sympatholytika Diese Arzneistoffgruppe schwächt die Sympathikuswirkung ab. Ihr Effekt ist auf die Erniedrigung der Neurotransmitter-Konzentration durch Störung der Synthese, der Freisetzung und/oder Speicherung, vor allem von Noradrenalin, zurückzuführen. Eine massive Blutdrucksenkung begründet sich einerseits in der Dilatation der arteriellen Blutgefäße und der damit verbundenen Absenkung des peripheren Gefäßwiderstandes, andererseits kommt es zusätzlich zu einer zentralen Blutdruckabsenkung. Leitsubstanz ist Reserpin, ein Alkaloid aus Rauwolfia serpentina, der Indischen Schlangenwurzel, das schon im 18. Jahrhundert medizinisch eingesetzt wurde.

Das Gemisch aus circa 60 verschiedenen Alkaloiden wirkt abführend, beruhigend, blutdrucksenkend, krampflösend und stimmungsaufhellend. Aufgrund dieses Wirkprofils gehören Wirkstoffe wie Clonidin, Moxonidin oder Methyldopa nicht zu Mitteln der ersten Wahl in der Hypertonie-Behandlung und werden erst eingesetzt, wenn andere blutdrucksenkende Substanzen nicht wirksam oder kontraindiziert sind. Sie stehen als Reserve-Antihypertonika zur Verfügung.

Zu ihrem Nebenwirkungsprofil gehören neben Kopfschmerzen, Schwindel und Sedierung vor allem die psychischen Symptome wie Alpträume, vorübergehende Verwirrtheitszustände und Halluzinationen im Vordergrund. Außerdem kann es zur Steigerung der Magen-Darm-Motilität (Bewegung) und Veränderung der Blutparameter kommen. Bei Methyldopa handelt es sich um ein Prodrug, das erst in die aktive Substanz α-​Methyladrenalin umgewandelt werden muss. Methyldopa ist für die Behandlung der Hypertonie in der Schwangerschaft zugelassen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/18 ab Seite 84.

Bärbel Meißner, Apothekerin

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