Arzneitees & Pflanzensäfte
PTA-Fortbildung

Pflanzenkraft in Tee und Saft

Phytotherapie ist beliebt. Hochwertige pflanzliche Spezialextrakte überzeugen mit evidenzbasierten Studien. Damit können Arzneitees und Pflanzenpresssäfte nicht dienen. Haben sie heute noch eine Bedeutung?

21 Minuten

Heilpflanzentees bei Erkältung Der Vorteil von Tees bei Husten und Erkältung liegt auf der Hand. Neben den enthaltenen Wirkstoffen tut die warme Flüssigkeit gut und unterstützt die Verflüssigung des oft festsitzenden Bronchialsekrets. Klassische Pflanzenwirkstoffe in Arzneitees sind Ätherisch-Öl-, Saponin- und Schleimdrogen. Wichtig ist viel Flüssigkeit aufzunehmen, der Arzneitee kann – um die Menge der warmen Flüssigkeit zu erhöhen – zusätzlich auch mit Früchte- oder Kräutertee ergänzt werden.

Auch ein wirkstofffreier Tee verhindert, dass die Schleihäute austrocknen. Das erschwert Krankheitserregern den Eintritt. Die ätherischen Öle regen die serösen Drüsenzellen in der Bronchialschleimhaut der Atemwege an, mehr Sekret zu produzieren, der Schleim wird dünnflüssiger und lässt sich leichter abhusten. Weiterhin stimulieren sie die Flimmerhärchen des Bronchialepithels zum Abtransport des Bronchialschleims. Die meisten ätherischen Öle wirken antibakteriell und entzündungshemmend, wie zum Beispiel das Thymol aus dem Thymiankraut (Thymi herba).

Auch die Früchte von Anis (Anisi fructus) und bitterem Fenchel (Foeniculi fructus) – am besten frisch angestoßen – sind bei Husten sehr wohltuend und besonders gut für Kinder geeignet. Sie wirken krampflösend und auswurffördernd. Weitere Heilpflanzen mit ätherischen Ölen, die häufig bei Erkältungen traditionell eingesetzt werden, sind Eukalyptusblätter (Eucalypti folium) und Pfefferminzblätter (Menthae piperitae folium), sie sind aber nicht für Kleinkinder geeignet.

Besonders beliebt bei Katarrhen der Atemwege ist es, die Dämpfe eines Aufgusses von Kamillenblüten (Matricariae flos) zu inhalieren. Ihre ätherischen Öle gelten als antiphlogistisch und spasmolytisch. Saponinhaltige Drogen weisen eine sekretolytische und expektorierende Wirkung auf. Die Wirkung kommt auf unterschiedliche Weise zustande: Vermutet wird zum einen, dass sie durch Spreitung über die Rachenschleimhaut direkt in die Bronchien gelangen. Hier regen ihre oberflächenaktiven Eigenschaften die Bronchialschleimhaut zur Schleimproduktion an.

Daneben gibt es eine indirekte Wirkung: Ihre Wirkstoffe reizen die Magenschleimhaut, die über afferente parasympatische Bahnen das Brechzentrum stimulieren. Dadurch regen sie reflektorisch über den Nervus vagus die Drüsen in den Bronchien an, mehr Schleim zu produzieren und so den Auswurf zu verflüssigen (gastropulmonaler Reflex). So lösen sie festsitzenden Schleim und unterstützen beim Abhusten. Wichtige Saponindrogen in Hustentees sind Süßholzwurzel (Liquiritiae radix), Wollblumenblüten (Verbasci flos), rote und weiße Seifenwurzel (Saponariae rubrae radix, Gypsophilae radix) und Schlüsselblume (Primulae flos).

Als dritte Wirkstoffgruppe in Bronchialtees werden Schleimdrogen verwendet. Sie lindern den Hustenreiz, indem sie die entzündeten Schleimhäute in Rachen und Kehlkopf mit einem dünnen Schleimfilm überziehen. Einen besonders hohen Anteil an Schleimstoffen enthält Eibisch; in der Wurzel ist er besonders hoch, in den Blättern ist die Konzentration geringer (Althaea officinalis radix/ folium), weshalb man beides oft in reizlindernden Hustentees findet. Weitere Schleimdrogen, sind Spitzwegerichkraut (Plantaginis lanceolatae herba), Malvenblüten und -blätter (Malvae flos), Isländisch Moos (Lichen islandicus) sowie Wollblumenblüten (Verbasci flos).

Üblicherweise stellt man einen Tee aus Schleimdrogen als Kaltmazerat her, das vor dem Trinken nochmal aufgekocht wird. Sind diese Pflanzen in Teemischungen eingebunden, werden sie als Kompromiss meist als Infus zubereitet. Bei einem grippalen Infekt mit mäßiger, subfebriler Temperaturerhöhung bis 38,5 Grad Celsius (°C) kann Lindenblüten- (Tiliae flos) oder Holunderblütentee (Sambuci flos) unterstützen. Beide Tees enthalten Flavonoide und Gerbstoffe und gelten als schweißtreibend.

Sie heizen die Körpertemperatur noch ein bisschen an. Dazu soll man den Tee möglichst heiß trinken. Die Erhöhung der Temperatur unterstützt den Körper beim Kampf gegen die Erreger von Erkältungskrankheiten, bei denen es sich meist um thermolabile Viren handelt. Eine solche Schwitzkur ist jedoch nur für kreislaufstabile Menschen geeignet. Ein Tee aus Weidenrinde (Salicis cortex) hingegen gilt aufgrund des Inhaltstoffes Salicin (und anderer Vorstufen) und der daraus freigesetzten Salicylsäure als mild antipyretisch, antiphlogistisch und analgetisch.

Bei Halsschmerzen sind Salbeiblätter (Salviae officinalis folium) der Klassiker aus dem Pflanzenreich. Aus der Droge bereitet man einen Aufguss zum Gurgeln oder Mundspülen. Das thujonreiche ätherische Öl der Heilpflanze – weitere Wirkkomponenten sind Cineol und Campher – gilt als bakterizid und fungistatisch.

Salbeiblätter enthalten aber auch Gerbstoffe, deren adstringierender Effekt beim Gurgeln antientzündlich auf die Mund- und Rachenschleimhäute wirkt. Weitere beliebte Gerbstoff-haltige Drogen, die als Mund- und Rachenspülungen oftmals in Teemischungen eingesetzt werden, sind Eichenrinde (Quercus cortex) Ringelblumenblüten (Calendulae flos) und Spitzwegerichkraut (Plantaginis lanceolatae herba), 

Streit ums Bio-Siegel

Sie kennen die Frage natürlich aus dem Kundengespräch: Ist das auch bio? Jetzt fangen Sie hektisch an, die Packung zu drehen und siehe da, hier steht es schwarz auf weiß: „Aus ökologischem Landbau“ und schon können Sie die Kundschaft beruhigen. Ist damit jetzt Schluss? Wenn es nach Meinung des Oberlandesgerichts (OLG) in München geht: ja. Denn die Verwendung eines firmeneigenen Biosiegels sei Werbung und keine Patienteninformation nach § 10 Arzneimittelgesetz (AMG).

Dort steht, dass auf der Verpackung eines Arzneimittels nur Angaben stehen dürfen, die im Zusammenhang mit der Verwendung des Arzneimittels und für die gesundheitliche Aufklärung von Patienten wichtig sei. Die Europäische Union (EU) hingegen sieht das nicht so streng: Sie lässt seit Anfang des Jahres auf „traditionellen pflanzlichen Zubereitungen auf pflanzlicher Basis“ eine EU-Biokennzeichnung zu.

Deshalb ist ein Hersteller von Bioarzneitees gegen das Urteil in die nächsthöhere Instanz gegangen. Wie auch immer der Streit ausgehen mag: In der Apotheke dürfen Sie Ihre Kunden natürlich darüber aufklären, welche Produkte aus ökologischem Landbau stammen – im Discounter wird es hingegen schwierig für den Kunden, hier eine Auskunft zu bekommen.

Tee hilft bei Magen- und Darmproblemen Auch bei diesem breitgefächerten Anwendungsgebiet finden Tees vielfach Anwendung. So werden die Bitterstoffdrogen zur Anregung des Appetits und der Magensaftsekretion eingesetzt und verschiedene Ätherisch-Öl-Drogen gegen Magen-Darmkrämpfe oder Blähungen. Als Vielstoffgemische weisen Tees oft ein breites Wirkprofil auf und greifen an unterschiedlichen Stellen des Magen-Darm-Traktes an, sodass sie oft mehrere Beschwerden auf einmal lindern können.

Ein klassischer Heilpflanzentee zur Beruhigung von Magen und Darm ist der Kamillenblütentee, welcher spasmolytisch, antientzündlich, ulkusprotektiv und so insgesamt beruhigend auf den Gastrointestinaltrakt wirkt, weshalb das Infus auch gerne als Rollkur verwendet wird. Dazu bereitet man einen Tee aus zwei Esslöffeln Kamillenblüten in Arzneibuchqualität mit 500 Millilitern kochendem Wasser und lässt 15 Minuten ziehen. Nach dem Absieben trinkt man diesen Tee, am besten morgens nüchtern, und legt sich auf die linke Seite.

Danach wechselt man auf den Bauch, anschließend auf die rechte Seite und am Schluss auf den Rücken. In allen Positionen sollte man circa fünf Minuten liegenbleiben und abschließend noch etwas ruhen. Auch Süßholzwurzel (Liquiritiae radix), die neben den entkrampfenden Flavonoiden auch die schleimhautprotektive Glycyrrhizinsäure enthält, ist ein wesentlicher Bestandteil von Teemischungen für den entzündeten und gereizten Magen. Beruhigend und krampflösend bei Blähungen, Völlegefühl und Krämpfen im Verdauungstrakt wirken auch die ätherischen Öle aus den Blättern von Pfefferminze und Melisse (Melissae folium).

Während bei Melisse die blähungstreibenden Effekte im Vordergrund stehen, wirkt Pfefferminze durch den Wirkstoff Menthol vor allem entkrampfend an der glatten Muskulatur des Magen-Darm-Traktes, das kann auch gegen Übelkeit helfen. Darüber hinaus wirkt Pfefferminze choleretisch und appetitanregend. Bei gereizter Magenschleimhaut ist die Heilpflanze aber fehl am Platz, da ihre Inhaltsstoffe die Beschwerden verstärken können. Neben ätherischem Öl enhalten beide Drogen auch Lamiaceen-Gerbstoffe.

Bei der Melisse sind noch Flavonoide an der Wirkung beteiligt. Kümmel, Fenchel und Anis werden häufig als Carminativa verwendet, insbesondere für Babys und Kleinkinder. Oftmals werden sie als Dreierkombination eingesetzt. Damit ihre ätherischen Öle aus den Früchten gut extrahiert werden können, sollten sie vor Gebrauch angestoßen werden. Bei Appetitlosigkeit und dyspeptischen Beschwerden haben die Bitterstoffdrogen die Nase vorn.

Sie sind keine chemisch einheitliche Gruppe, ihnen ist nur gemeinsam, dass sie einen bestimmten Rezeptor aktivieren: Die Wurzeln des Gelben Enzians (Gentianae radix) enthält mit Amarogentin (Bitterwert von 58 Mio) einen der bittersten Vertreter im Pflanzenreich. Unter anderem enthält die Enzianwurzel aber auch das Disaccharid Gentiobiose, das aus zwei Glucosemoleküle besteht, und erstaunlicherweise auch bitter schmeckt. Weitere Bitterstoffdrogen sind Wermutkraut (Absinthii herba) und Löwenzahnwurzel mit -kraut (Taraxaci radix cum herba), Schafgarbenkraut oder -blüten (Millefolii herba/ -flos) Tausendgüldenkraut (Centaurii herba), Angelikawurzel (Angelicae radix), Pomeranzenschale (Aurantii pericarpium).

Ein Teeextrakt dieser Bitterstoffdrogen regt die Rezeptoren auf den Geschmacksknospen an und löst reflektorisch eine Erhöhung der Speichel- und Magensaftsekretion aus. Zudem wirken Bitterstoffe direkt auf die Magenschleimhaut und führen zur Gastrinfreisetzung, wodurch sie die Gallen- und Bauchspeicheldrüsentätigkeit anregen und die Magen-Darm-Muskulatur aktivieren. Auch wenn sich – wie man inzwischen weiß – die Geschmacksrezeptoren nicht nur auf der Zunge, sondern im gesamten Verdauungstrakt befinden, zeigt sich hier, dass ein Teegetränk sinnvoll sein kann, da die Geschmacksknospen auf der Zunge beim Teetrinken bereits aktiviert werden.

Als Leber- und Gallemittel (Cholagoga) werden Curcumawurzelstock (Curcumae longa rhizoma), Artischockenblätter (Cynarae folium) und auch die Mariendistel (Cardui mariani fructus) verwendet. Sie eignen sich bei dyspeptischen Beschwerden, die auf einer verminderten Gallensekretion beruhen. Denn sie fördern den Gallenfluss regen die Gallensäureproduktion an. Auch diese Wirkung lässt sich ganz unterschiedlichen Stoffen zuordnen, wie beispielsweise ätherischen Ölen bei Curcuma und Cynarin aus der Artischocke.

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