Arzneitees & Pflanzensäfte
PTA-Fortbildung

Pflanzenkraft in Tee und Saft

Phytotherapie ist beliebt. Hochwertige pflanzliche Spezialextrakte überzeugen mit evidenzbasierten Studien. Damit können Arzneitees und Pflanzenpresssäfte nicht dienen. Haben sie heute noch eine Bedeutung?

21 Minuten

Arzneimittelzubereitung: Kundensache Da Teedrogen mit Wasser extrahiert werden, müssen die Wirkstoffe natürlich wasserlöslich sein: Wirkstoffgruppen wie Flavonoide, Saponine, Gerb- und Bitterstoffe erfüllen dieses Kriterium. Für Ätherisch-Öl-Drogen ist ein wässriger Auszug nicht optimal und der Aufguss sollte unbedingt abgedeckt ziehen. Bessere Extraktionsergebnisse lassen sich erzielen, wenn das Teewasser mit heißer Milch versetzt wird, in dessen Lipidphase sich die ätherischen Öle besser lösen.

Ob der Arzneitee dem Kunden den gewünschten heilsamen Effekt bringt, hängt nicht nur davon ab, was Sie als PTA empfohlen haben, sondern auch davon, ob er die Drogen oder Drogenmischung zu Hause richtig zubereitet. Denn das eigentliche Arzneimittel stellt der Kunde ja bei einem Tee selbst her. Da man bei der Teezubereitung einiges falsch machen kann, hat der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel bei der Europäischen Arzneimittel Agentur (EMA) eine neue Anleitung zu Packungsbeilagen für Teezubereitungen herausgegeben.

Im Wesentlichen wird darauf aufmerksam gemacht, dass es Unterschiede gibt, wenn der Tee als Infus, Mazerat oder Dekokt hergestellt werden soll. Deshalb muss die Teezubereitung auf der Abgabepackung vermerkt sein. Insbesondere dann, wenn es sich nicht um den klassischen Teeaufguss mit heißem Wasser handelt, ist es sinnvoll, wenn Sie die Zubereitung bei der Abgabe auch noch einmal kurz erläutern.

»Arzneitees sind beliebte Ergänzungen bei leichten Beschwerden.«

Das Infus: Die häufigste Zubereitungsform eines Tees ist der heiße Aufguss, in der Fachsprache Infus genannt. Er eignet sich für zarte Pflanzenteile wie Blüten, Blätter oder auch das ganze Kraut sowie für fein zerkleinerte Wurzeln und Rinden. Man verwendet dazu einen gestrichenen Teelöffel des getrockneten Pflanzenteils und übergießt mit 150 Millilitern (ml) sprudelnd! kochendem Wasser. Dieser Hinweis ist wichtig, denn bei der Siedetemperatur von Wasser werden die meisten Mikroorganismen aus dem Naturprodukt abgetötet.

Man spricht von einer Keimreduktion auf circa zehn Prozent. Da hitzestabile Sporen beim längeren Stehenlassen auskeimen können, soll der Aufguss, sofern er nicht zeitnahe getrunken wird, nicht länger als 24 Stunden abgedeckt im Kühlschrank aufbewahrt werden. Als Ziehzeit gilt als grober Richtwert sieben Minuten. Je nach Inhaltsstoff, der extrahiert werden soll, kann dies etwas länger dauern, so benötigen beispielsweise Flavonoide wie Goldrute in diuretischen Tees längere Ziehzeiten von zehn bis 20 Minuten.

Sind ätherische Öle in der Teezubereitung, soll der Aufguss unbedingt abgedeckt und nur etwa drei Minuten ziehen. Das am Deckel niedergeschlagene Kondensat lässt man anschließend wieder in den Aufguss zurückfließen, es enthält besonders viel ätherisches Öl. Auch für thermolabile Wirksubstanzen wie Bitterstoffe ist die Ziehzeit zu verkürzen oder leicht abgekühltes Wasser zu verwenden. Vor dem Abfiltrieren durch ein Teesieb sollte das Infus umgerührt oder bei einem Filterbeutel mehrmals geschwenkt und der Rückstand nach dem Abseihen mit einem Löffel ausgepresst werden.

Auch Filterbeutel drückt man aus, um mehr Filtrat zu erhalten und die Lösung anzureichern. Ätherisch-Öl-Drogen aus Früchten, wie zum Beispiel Anis, Kümmel und Fenchel müssen vor dem Zubereiten im Mörser angestoßen werden, damit sie das ätherische Öl freisetzen können. Falls der Kunde keinen Mörser besitzt, können Sie das Anstoßen in der Apotheke für ihn übernehmen. Weisen Sie den Kunden aber darauf hin, dass der Tee dann innerhalb von zwei Wochen aufgebraucht sein soll.

Das Kaltmazerat: Ein Auszug mit kaltem Wasser kommt nicht so häufig vor und eignet sich für schleimhaltige Drogen, da diese durch die Hitze abgebaut werden Bei Heilpflanzen wie Eibischwurzel wird das Kaltmazerat auch angewendet, damit die enthaltene Stärke oder Pektine nicht mit heißem Wasser verkleistern. Auch wenn durch einen heißen Aufguss unerwünschte oder toxische Bestandteile verstärkt in Lösung gehen wie bei Mistelblättern das Viscotoxin, Harze in Sennesblättern und magenschleimhautreizende Gerbstoffe in Bärentraubenblättern, wird der Auszug kalt angesetzt.

Nach dem Abseihen wird die Flüssigkeit aber trotzdem kurz erhitzt. Der Nachteil einer solchen Zubereitung ist, dass die Keimbelastung relativ hoch ist und sich schnell Schimmel bildet. Deshalb sollte immer nur eine Portion angesetzt werden, die dann auch unverzüglich getrunken wird.

Das Dekokt: Bei der Abkochung wird die Droge zunächst mit einem Mörser zerkleinert und mit kaltem Wasser angesetzt. Dieser Ansatz wird zum Sieden gebracht und je nach Droge fünf bis 15 Minuten gekocht. Nach kurzem Stehenlassen wird der Rückstand abfiltriert. Ein Dekokt eignet sich für harte Wurzeln und Rinden wie Blutwurz oder Eichenrinde. Auch für Drogen mit schwer löslichen Bestandteilen ist die Abkochung gut geeignet, wie dem Ackerschachtelhalm, der seine Inhaltsstoffe, die Kieselsäure, nur unter großer Hitze freigibt.

Bei dieser Art der Zubereitung ist die Keimreduzierung am größten, allerdingt können durch die lange Hitzeeinwirkung auch Wirkstoffe zerstört werden. Eine Teemischung ist hinsichtlich der Zubereitung meist ein Kompromiss. Der Verbraucher übergießt sie am besten mit sprudelnd heißem Wasser und lässt den Tee abgedeckt zehn Minuten ziehen.

Wann sind Tees sinnvoll? Auch wenn Arzneitees den Nachteil haben, dass ihr Wirkstoffgehalt nicht standardisiert ist, beispielsweise aufgrund von Abweichungen bei der Teelöffelgröße, der Ziehzeit oder des Zerkleinerungsgrads der verwendeten Droge, weisen sie auch Vorteile gegenüber von Fertigarzneimitteln im Sinne von Dragees oder Tropfen auf.

Bei vielen Indikationen sind sie eine sinnvolle, beim Kunden beliebte Ergänzung, insbesondere bei Befindlichkeitsstörungen und leichten Beschwerden. Klassische Indikationen für Arzneitees sind Erkältungssymptome, Unruhe, Nervosität und Schlafprobleme, Nierengrieß und Blasenleiden, Störungen im Magen-Darm-Bereich sowie Gallenwegserkrankungen.

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