Empfängnisverhütung
PTA-Fortbildung

Sicher verhüten

Auch im Zeitalter der Gleichberechtigung ist meist die Frau gefordert, wenn es um Verhütung geht. Ihr stehen zahlreiche Optionen zur Verfügung, wobei individuell abgewogen werden muss, welche Methode die beste für sie ist.

22 Minuten

Alternative Mehrphasenpräparate Gleiches gilt für Mehrphasenpräparate. Auch bei ihnen muss die Einnahme der Tabletten in einer vorgegebenen Reihenfolge erfolgen, da sie Estrogen und Gestagen in unterschiedlichen Konzentrationen enthalten. Mit den variie­renden Hormondosierungen wird der natürliche Verlauf des weiblichen Menstruationszyk­lus genauer nachgeahmt, was zu weniger Nebenwirkungen führen soll.

Bei den Mehrphasenpräparaten sind verschiedene Regime (z. B. Zwei-­ und Dreiphasenpräparate) auf dem Markt, bei denen die Sexualhor­mone je nach Einnahmezyklus unterschiedlich hoch dosiert einzeln und/oder in Kombina­tion enthalten sind.

Zudem gibt es auch ein Vierphasenpräparat mit zusätzlich zwei Placebo-­Tabletten (26+2). Allerdings sind die geringeren unerwünschten Effekte prinzipiell mit einer un­sicheren kontrazeptiven Wir­kung verknüpft, vor allem, wenn die Einnahme einer Pille vergessen wird.

Typische Symptome eines thromboembolischen Ereignisses

Folgende Anzeichen erhöhen den Verdacht auf eine(n)
+ Beinvenenthrombose: starke Schmerzen oder Schwellungen eines Beins, begleitet von Druckschmerz, Erwärmung oder Änderung der Hautfarbe des Beins
+ Lungenembolie: plötzliche unerklärliche Atemlosigkeit, Atemnot oder schnelle Atmung; starke Schmerzen in der Brust, welche bei tiefem Einatmen zunehmen können; plötzlicher Husten ohne offensichtliche Ursache, bei dem Blut ausgehustet werden kann
+ Herzinfarkt: Brustschmerz (meist plötzlich auftretend), aber manchmal nur Unwohlsein, Druck, Schweregefühl; vom Oberkörper in den Rücken, Kiefer, Hals und Arm ausstrahlende Beschwerden, zusammen mit einem Völlegefühl, Verdauungsstörungen oder Erstickungsgefühl, Schwitzen, Übelkeit, Erbrechen oder Schwindelgefühl
+ Schlaganfall: Schwäche oder Taubheitsgefühl des Gesichtes, Arms oder Beins, die auf einer Körperseite besonders ausgeprägt ist; Sprach- oder Verständnisschwierigkeiten; plötzliche Verwirrtheit; plötzliche Sehstörungen oder Sehverlust; schwerere oder länger anhaltende Kopfschmerzen/Migräne

Verschiedene Generationen der Pille Während die Estrogenkomponente fast immer Ethinylestradiol ist, kommen als Gestagenkompo­nente viele verschiedene Gestagene zum Einsatz. Je nach Art des Gestagens und dem Zeitpunkt ihrer Entwicklung wer­ den die Pillen in verschiedene Generationen eingeteilt.

Die ersten Präparate enthielten Norethisteron (Pille der ersten Generation). Heute ist gängiger Kombinationspartner Levonor­gestrel in unterschiedlichen Konzentrationen (Pille der zweiten Generation). Zudem enthalten heutige Präparate neu entwickelte Gestagene, die sich durch verschiedene Partialwirkungen auszeichnen. Gestagene wie Desogestrel, Gestoden und Norgestimat weisen keine androgenen Effekte auf (Pille der dritten Generation) und Drospirenon, Chlormadinon, Dienogest und Nomegestrol sind Gestagene mit antiandrogener Aktivität (Pille der vier­ten Generation).

Letztere Kont­razeptiva werden bei Frauen mit starker Akne, Seborrhoe oder Androgenisierungser­scheinungen, wie einer ver­mehrten Körperbehaarung (Hirsutismus), oder beim Poly­zystischen Ovarialsyndrom (PCOS) verordnet. Drospi­renon eignet sich darüber hinaus bei Frauen mit Wassereinla­gerungen (Ödemen) aufgrund antimineralcorticoider Eigen­schaften.

Estrogenfreie Minipille Neben den Estrogen-­Gestagen-­Kombinationen sind auch reine Gestagen-­Präparate zur Kontrazeption auf dem Markt. Diese als Minipille bezeichne­ten Kontrazeptiva werden täg­lich 28 Tage lang ohne Einnahmepause genommen. Während ältere Minipillen als Gestagen Levonorgestrel enthalten, wird in den neueren zu­meist Desogestrel als Gestagen eingesetzt. Ganz neu ist eine Minipille mit Drospirenon, die im Mai 2021 in Deutschland zu­gelassen wurde.

Letztere folgt einem 24/4-­Einnahmeschema, das heißt nach 24 wirkstoffhalti­gen Tabletten folgen vier Pla­cebo-­Tabletten (24+4). Die Minipille mit 30 µg Levonor­gestrel ist quasi die klassische Minipille. Sie weist im Vergleich zu den Kombinationspräpara­ten eine geringere Sicherheit (PI 0,5 bis 3) auf, da sie lediglich peripher über eine verminderte Beweglichkeit der Eileiter, eine Verdickung des Zervixschleims und eine Wachstumshemmung der Gebärmutterschleimhaut wirkt.

Den Eisprung vermag sie hingegen nicht zu hemmen. Weiterer Nachteil ist ihr kleines Einnahmefenster. Eine Mini­pille mit Levonorgestrel muss immer zur selben Tageszeit ein­ genommen werden. Bereits ab einer Verspätung von drei Stun­den ist der Verhütungsschutz beeinträchtigt. Die neueren Minipillen mit 75 µg Desogestrel sind hingegen in der Lage, in 97 Prozent aller Anwendungen zu­sätzlich den Eisprung zu verhindern. Ihre kontrazeptionelle Sicherheit ist daher mit der her­kömmlichen Pille, also mit den Estrogen-­Gestagen-­Kombinationen, vergleichbar (PI 0,5).

Zudem erlauben sie eine maxi­male Überschreitung des Ein­nahmezeitpunktes um zwölf Stunden. Ebenso wird mit dem Drospirenon­-Monopräparat eine zusätzliche Ovulations­hemmung erreicht. Sein PI liegt bei 0,73, womit es ähnlich si­cher wie die Desogestrel­-Minipille ist. Vorteil scheinen weni­ger Blutungsstörungen als mit Desogestrel und ein größeres Einnahmefenster zu sein. In einer klinischen Studie zeigt das Präparat ferner eine gleichblei­bende kontrazeptive Sicherheit trotz verspäteter Tablettenein­nahme um 24 Stunden.

Minipillen sind auch für Frauen geeignet, die stillen. Gestagene gehen zwar in geringen Mengen in die Muttermilch über. Sie haben aber weder einen Einfluss auf die Milchproduktion noch negative Auswirkungen auf das Kind. Mit der Einnahme der Minipille sollte frühestens sechs Wochen nach der Entbindung begonnen werden. Sie erfolgt täglich ohne Pause. Durch die kontinuierliche Gestagengabe verändert sich das Blutungs­muster. Meist wird die Mens­truation schwächer und die Zahl der Blutungstage nimmt ab.

Häufig wird auch gar keine Blutung mehr ausgelöst (Amenorrhö). Allerdings sind Schmier-­ und Zwischenblutun­gen möglich, vor allem in den ersten Einnahmemonaten. Die Zyklusveränderungen werden von den Verwenderinnen unterschiedlich bewertet. Manche Frauen sind beim Fehlen einer Regelblutung beunruhigt, an­dere schätzen wiederum, dass nicht nur die Blutung, sondern auch eventuell damit verbun­dene Schmerzen ausbleiben.

Andererseits kann es besonders zu Beginn der Gestagen-­An­wendung zu Kopfschmerzen, Akne und depressiven Verstim­mungen kommen. Da aber die reinen oralen Gestagenpräparate keinen negativen Effekt auf das Gerinnungssystem haben und somit nicht das Throm­boembolierisiko erhöhen, sind sie auch für Frauen geeignet, die keine Estrogene einnehmen möchten oder dürfen.

Alternativen zur oralen Pilleneinnahme Mangelnde Compliance oder Durchfall und Erbrechen beeinträchtigen die Sicherheit oraler Kontrazeptiva. Zuverlässige Alternativen, bei denen nicht täglich an die Einnahme gedacht werden muss und die den Magen-­Darm-Trakt umgehen, können hor­monhaltige Depotformen sein.

Zur Auswahl stehen Präparate, die kontinuierlich eine Estro­gen­-Gestagen­-Kombination ab­geben, wie der Vaginalring und ein transdermales System (Hor­monpflaster). Daneben existie­ren reine gestagen­haltige Depotformen, wie das Implantat (Hormonstäbchen), ein intra­uterines System (Hormonspi­rale) oder die gestagen­haltige Depotspritze.

Vaginalring Ein durchsichti­ger, transparenter, weicher und flexibler Ring aus Ethylen­-Vinylacetat-­Copolymer kann ei­genständig von der Frau in die Vagina eingesetzt werden. Er setzt über drei Wochen hinweg kontinuierlich niedrige Kon­zentrationen an Estrogen (15µg Ethinylestradiol pro 24 Stunden) und Gestagen (120 µg Eto­nogestrel pro 24 Stunden) frei, die über die Vaginalschleimhaut absorbiert werden.

Nach drei­wöchiger Tragedauer wird der Ring entfernt. In der ringfreien Woche setzt dann die Abbruch­blutung ein. Ein neuer Ring wird in der folgenden Woche am gleichen Wochentag zur gleichen Uhrzeit appliziert. Sollte der Ring weniger als drei Stunden außerhalb der Vagina sein, ist der kontrazeptive Schutz nicht beeinträchtigt. Verhütungssicherheit, Zykluskontrolle, Wirkmechanismus und Gegenanzeigen sind die gleichen wie bei der Pille (PI 0,64 bis 0,96).

Verhütungspflaster Das transdermale Matrixpflaster zur Empfängnisverhütung wird ein­mal wöchentlich auf die Haut geklebt, nach drei Wochen er­folgt eine siebentägige Hormon­pause. Das Pflaster gibt konti­nuierlich Estrogen und Gestagen (Norelgestromin) ins Blut ab, wobei die Dosis der täglich freigesetzten Hormone mit 20 µg Ethinylestradiol der von Mikropillen entspricht. Auch Wirkprinzip, Verträglichkeit und Sicherheit sind die glei­chen wie die der Pille (PI 0,88).

Es ist allerdings nicht für Frauen über 90 Kilogramm geeignet, da bei ihnen der Empfängnisschutz nicht ausreichend gewährleistet werden kann. Sollte sich das Pflaster für weniger als 24 Stunden ganz oder teilweise ablösen, wird kein zusätzliches Kontra­zeptivum notwendig, wenn es an derselben Stelle wieder auf­geklebt oder durch ein neues Pflaster ersetzt wird. Die häu­figste unerwünschte Wirkung des Pflasters sind Hautreizun­gen, die zum Therapieabbruch führen können. Die Gegenan­zeigen entsprechen weitestge­hend denen der Pille.

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