Sexuell übertragbare Krankheiten
PTA-Fortbildung

Immer noch präsent

Geschlechtskrankheiten wurden schon im Altertum beschrieben. Und auch noch heute sind sexuell übertragbare Infektionen trotz aller medizinischen Errungenschaften ein Thema, über das man sprechen sollte.

21 Minuten

Gonorrhö – auch als Tripper bekannt Chlamydien-Infektionen treten häufig gemeinsam mit einer Gonorrhö auf. Weltweit zählt sie zu den Top 3 der STI. Da in Deutschland keine generelle Meldepflicht besteht – außer in Sachsen – gibt es bei uns keine genauen Erkrankungszahlen. Europäische Daten zeigen aber, dass die Anzahl der Erkrankten wieder ansteigt – vor allem bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM). Bei heterosexuellen Männern und Frauen sind die Zahlen hingegen konstant. Erreger sind Gonokokken (Neisseria gonorrhoeae), die wie Chlamydien bei sexuellem Verkehr über direkten Schleimhautkontakt sehr leicht übertragen werden können.

Die gramnegativen Bakterien befallen vorzugsweise die Schleimhäute des Harnleiters, des Gebärmutterhalses, des Afters, des Rachens sowie der Bindehaut der Augen und lösen entsprechende Entzündungen aus. In seltenen Fällen gelangen die Erreger in den Blutkreislauf und verursachen eine generalisierte Gonokokken-Infektion. Während die Infektionen bei Männern sehr häufig mit Beschwerden einhergehen, verlaufen sie bei Frauen oft symptomfrei oder sind nur mit geringen Symptomen verbunden.

Typisches Krankheitszeichen ist ein eitriger Ausfluss aus Vagina, Penis oder Po, der der Erkrankung den umgangssprachlichen Namen Tripper (von „in Tropfen herabfallen“) eingebracht hat. Weiterhin kommt es zu Zwischenblutungen, Brennen oder Schmerzen beim Wasserlassen sowie Juckreiz und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Eine pharyngeale Infektion äußert sich mit Halsschmerzen.

Ähnlich wie bei einer Chlamydien-Infektion ist die Unfruchtbarkeit eine gefürchtete Spätfolge. Ebenso können auch bei einer Gonorrhö unter der Geburt die Bakterien auf das Auge des Neugeborenen (Gonokokken-Konjunktivitis) übertragen werden und nachfolgend zur Erblindung führen.

Antibiotische Einmalgabe Beide Partner erhalten ein Antibiotikum. Früher kamen Penicillin und Cefuroxim zum Einsatz. Da die Gonokokken gegen diese älteren Antibiotika inzwischen resistent sind, besteht die Therapie bei unkomplizierten Verlaufsformen daher heute in der Regel aus der Einmalgabe von 1 g Ceftriacon i.m. oder i.v., teilweise kombiniert mit 1,5 g Azithromycin (p.o.).

Allerdings wird auch bei diesen Antibiotika bereits weltweit von Resistenzen berichtet. Wird eine Gonorrhö nicht behandelt, nimmt die Infektion nach Abklingen der akuten Symptome einen chronischen Verlauf und beim Mann zeigt sich der Ausfluss morgens als ein kleiner Tropfen aus der Harnröhre des Penis, der Bonjour-Tropfen genannt wird.

Syphilis – in mehreren Stadien Auch bei der Syphilis, auch Lues genannt, steigen die Erkrankungszahlen seit einigen Jahren wieder, wobei bei uns und in Westeuropa vor allem Risikogruppen in Ballungsräumen betroffen sind. Dazu zählen überwiegend Männer, die Sex mit Männern haben. Aber auch heterosexuelle Kontakte (z. B. Prostitution) spielen bei der Ausbreitung der Syphilis eine Rolle. Zudem tritt die STI zunehmend als Begleitinfektion bei HIV-positiven Patienten auf.

Das Bakterium wird hauptsächlich durch Kontakt- oder Schmierinfektion mit dem Inhalt der Syphilis-Geschwüre oder den nässenden Hautauschlägen weitergegeben. Daher ist der Sexualverkehr der häufigste Übertragungsweg. Aber auch der Kontakt mit infiziertem Blut (z. B. infizierte Spritzen) ist hochansteckend, aber seltener.

Möglich und gefürchtet ist zudem eine Weitergabe des Bakteriums von der infizierten Mutter auf ihr Kind während der Schwangerschaft und unter der Geburt, was zu schweren Schädigungen des Kindes oder Totgeburten führen kann. Bei der überwiegenden Zahl der Infizierten lösen die Spirochäten eine chronische Infektion aus, die sich in mehrere Stadien untergliedern lässt. Aber auch eine Spontanheilung ist möglich.

In Stadium I ist die Infektiosität am höchsten. Auch in Stadium II ist die Weitergabe des Bakteriums noch möglich. Das Stadium III ist schließlich nicht mehr ansteckend, wenngleich es die schwersten Symptome auslöst. Das Anfangsstadium beginnt wenige Tage nach der Infektion und ist durch Krankheitszeichen am Ort des Eintritts gekennzeichnet. Es bilden sich an Penis, Schamlippen, After oder Mund schmerzlose, harte Knötchen, die zu einem flachen, scharf begrenzten, harten Geschwür zusammenwachsen.

Zudem schwellen in der Nähe die Lymphknoten an. Das Geschwür wird umgangssprachlich harter Schanker genannt. Der Begriff stellt ein bekanntes Synonym für diese STI dar. Eine weitere umgangssprachliche Bezeichnung für die Syphilis ist übrigens Franzosenkrankheit. Die ersten lokalen Symptome, die medizinisch die Bezeichnung Primäraffekt tragen, sind schmerzlos und heilen nach wenigen Wochen spontan ab. Nach etwa vier bis zehn Wochen setzt das Sekundärstadium ein, das sich durch eine Vielzahl an generalisierten Symptomen bemerkbar macht und sich monatelang mit einem rezidivierenden-chronischen Verlauf zeigt.

Zu den möglichen Anzeichen zählt ein nicht juckender und zunächst nicht nässender Hautauschlag am Oberkörper, an den Handflächen und Fußsohlen. Später treten nässende Hautauschläge auf, die nach einiger Zeit abheilen und dann wieder erneut ausbrechen. Zugleich sind Allgemeinsymptome wie Abgeschlagenheit, Fieber, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen, Entzündungen unterschiedlicher Organe und ein stellenweiser Haarausfall zu verzeichnen.

Die Symptome werden im Laufe der Zeit schwächer bis sie nach ein bis zwei Jahren ganz verschwunden sind. Darauf folgt eine Latenzphase, die mehrere Jahre, manchmal sogar Jahrzehnte, symptomfrei andauern kann. Schließlich breiten sich die Bakterien im ganzen Körper aus und schädigen die inneren Organe, das Herz-Kreislaufsystem und das Gehirn derart, dass Lebensgefahr besteht.

Typische Anzeichen dieses Tertiärstadiums sind gummiartig verhärtete Knoten (granulomatöse Veränderungen, Gummen), die im und am ganzen Körper auftreten können. Zuletzt endet die Erkrankung im vierten und letzten Stadium mit der Neuroyphilis, die durch neurologische und psychiatrische Symptome gekennzeichnet ist und meist tödlich verläuft.

Stichwort Safer Sex

Safer Sex umfasst mehrere Maßnahmen, mit denen das Risiko einer Ansteckung und Verbreitung von STI verringert werden soll. Ein Baustein dabei ist die regelmäßige Verwendung von Kondomen, um das Eindringen und den Kontakt mit infizierten Körperflüssigkeiten wie Sperma, Vaginalsekret oder Blut zu verhindern. Kondome zählen vor allem bei häufig wechselnden Geschlechtspartnern zu den wichtigsten Methoden. Frauen können auf Femidome, also Kondome für die Frau, zurückgreifen. Diese werden von der Frau ähnlich einem Diaphragma in die Vagina eingeführt.
Für den Oralverkehr stehen Lecktücher (Dental Dams) zur Verfügung. Diese dünnen Latex- oder Polyurethanfolien werden als Barriere zwischen Vulva oder After und dem Mund der Sexualpartner gelegt. In den USA macht derzeit Einmal-Unterwäsche aus Naturlatex von sich Reden, die als Alternative zu den Lecktüchern beim Oralsex vor STI schützen soll. Bei uns ist diese „Funktionswäsche“ allerdings noch nicht zugelassen.
Nicht zu vergessen sind Impfungen (z. B. HPV-, Hepatitis-Impfung), die auch Bestandteil von Safer Sex sind.
Bei HIV-Patienten zählt darüber hinaus die medikamentöse Vorsorge PrEP zu den Safer Sex-Maßnahmen. Ebenso ist Hygiene von Bedeutung, auch wenn STI prinzipiell nichts mit mangelnder Hygiene zu tun haben und Hygienemaßnahmen im engeren Sinne nicht zu Safer Sex gerechnet werden. Dennoch werden einige Erreger auch durch Schmierinfektion übertragen, sodass eine adäquate Intimpflege vor und nach dem Geschlechtsverkehr ebenso wichtig ist wie das Waschen der Hände und die Reinigung von Sexspielzeug. Übertriebene Körperhygiene gilt es aber zu vermeiden, da sie das Risiko für STI erhöht, indem sie die physiologische Bakterienbesiedlung aus der Balance bringt, sodass die Erreger von STI die Chance erhalten, leichter einzudringen.

Testen und behandeln Da jede zweite Infektion asymptomatisch verläuft, wissen viele Betroffene gar nichts von ihrer Erkrankung. Menschen mit häufig wechselnden Partnern wird daher von der Deutschen Aidshilfe geraten, sich regelmäßig beim Arzt auf Syphilis testen zu lassen, um Infektionen früh zu erkennen und nicht weiterzugeben. Vor Selbsttests wird gewarnt, da diese oft zu ungenau sind. Schwangere werden im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge auf Syphilis getestet.

Die Behandlung – idealerweise eine Partnerbehandlung – erfolgt bereits seit über 70 Jahren erfolgreich mit Penicillin. Lediglich beim Vorliegen einer Penicillin-Allergie muss auf Cephalosporine, Makrolide oder Tetracycline ausgewichen werden. Während Resistenzen auf Penicilline nach wie vor sehr selten sind, treten diese zunehmend bei Makroliden wie Azithromycin auf. Je nach Stadium der Syphilis ist eine unterschiedlich lange Therapiedauer erforderlich. Während in den ersten drei Stadien eine intramuskuläre Gabe von Benzathin-Benzylpenicillin erfolgt, wird bei der Neurosyphilis Penicillin G intravenös verabreicht, da Benzathin-Benzylpenicillin nicht ZNS-gängig ist.

Trichomoniasis – meist unbekannt Die durch den Parasiten Trichomonas vaginalis übertragene Trichomoniasis zählt zu den eher unbekannten Erkrankungen, obwohl sie zugleich eine der häufigsten STI ist. Sie bleibt häufig viele Monate oder gar Jahre unentdeckt, da die Mehrzahl der Infizierten keine Beschwerden verspürt. Vor allem ist das weibliche Geschlecht betroffen.

Zeigen sich Symptome, dann sind sie bei Frauen eindeutig. Ein schaumiger, grünlich-gelber, nach Fisch riechender Ausfluss ist ein untrügerisches Zeichen für den Befall der Vagina. Zudem stellen sich Juckreiz und brennende Schmerzen beim Geschlechtsverkehr ein. Greift die Infektion auf die Harnröhre über, kommen häufiger Harndrang und Beschwerden beim Wasserlassen als Zeichen für die Urethritis hinzu. Auch beim Mann infizieren Trichomonaden die Harnröhre, seltener treten Entzündungen der Prostata (Prostatitis) und des Nebenhodens (Epididymitis) auf.

Allerdings verläuft die Infektion bei den meisten Männern unbemerkt. Wie bei vielen anderen STI stellen sich auch bei einer Trichomoniasis zusätzlich weitere Infektionen ein, vor allem sind Mischinfektionen mit Chlamydien und Gonokokken häufig. Zudem ist das Risiko einer Infektion mit HIV beim Vorliegen von Trichomonaden erhöht. Unbehandelt kann die Trichomonaden-Infektion chronisch verlaufen, vor allem bei Frauen.

Entzündungen der Gebärmutter, der Eileiter oder der Eierstöcke sind dann die Folge, die Verklebungen sowie Verwachsungen und damit das Risiko für Eileiterschwangerschaften und Unfruchtbarkeit nach sich ziehen können. Durch Infektionen während der Schwangerschaft steigt das Risiko für eine Fehlgeburt oder für ein vermindertes Geburtsgewicht. Eine Übertragung des Einzellers unter der Geburt auf das Kind ist zwar selten, doch möglich.

Orale Einmalgabe Mittel der Wahl ist die orale Applikation von Metronidazol (2 g). Eine lokale Anwendung in Form einer Creme oder als Vaginalzäpfchen reicht allein nicht aus, kann aber zusätzlich unterstützend erfolgen, vor allem bei Rezidiven. Zudem erfordern Rezidive oder ein chronischer Verlauf eine zweimal tägliche Einnahme von 500 mg fünf bis sieben Tage lang. Und wie bei anderen STI auch, muss sich ein infizierter Partner ebenfalls einer Behandlung unterziehen.

Gode Chlond, Apothekerin


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