Sortiment
PKA-Fortbildung

Das Warenlager der Apotheke

Möchten Sie gerne frischen Wind in das Sortiment Ihrer Apotheke bringen? Dann sollten Sie vorher unbedingt einen Blick in die Gesetzestexte werfen, um die Bedürfnisse Ihrer Kunden im rechtlichen Rahmen zu erfüllen.

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Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. November 2021

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Was ist das Ziel einer guten Lagerhaltung? Es ist ein ständiges Abwägen zwischen einer schnellen Lieferfähigkeit auf der einen Seite und geringen Lagerkosten auf der anderen Seite. Natürlich ist eine schnelle Lieferfähigkeit für die Zufriedenheit der Kunden besonders wichtig. Auch schon vor der Corona-Pandemie waren immer wieder Arzneimittel zeitweise nicht lieferbar. Da sich die Lieferprobleme verstärkt haben, sind fast alle Apotheken bestrebt, wichtige Arzneimittel großzügiger zu bevorraten. Dies ist nur durch eine bestimmte Lagermindestgröße zu erreichen. Andererseits kostet jede mehr an Lager genommene Packung Geld und Mühe: Jeder Artikel muss nicht nur finanziert werden, er muss auch ins Warenwirtschaftssystem eingepflegt werden und der Verfall muss regelmäßig überprüft werden.

Außerdem muss genug Raum für die Lagerung vorhanden sein. Vielerorts ist auch gewerblicher Raum teuer, er muss oft gemietet oder finanziert werden. Natürlich muss auch die Temperatur während der Lagerzeit überprüft werden. Die Lagerung von Kühlartikeln braucht Strom und kostet dadurch zusätzliches Geld. Auch nicht-kühlpflichtige Artikel müssen unter 25 Grad Celsius (°C) gelagert werden, um die Qualität zu gewährleisten, was im Sommer durch die steigenden Temperaturen aufgrund des Klimawandels immer häufiger den Einsatz von Klimaanlagen bedeutet. Zusätzlich muss eine Möglichkeit zur Lagerung von Arzneimitteln unter 20 °C bestehen. Wo und wie, ist aber nicht vorgeschrieben.

In der Offizin befindliche Artikel müssen regelmäßig abgestaubt werden und dabei kontrolliert werden, ob die Packungen mit dem kürzesten Verfall vorne liegen. All dies ist personalintensiv und damit kostspielig. Einige Apotheken sind mittlerweile dazu übergangen, ihren Sichtwahlbereich ausschließlich als auf Monitoren eingeblendete Packungen anzuzeigen. Das spart auf Dauer sicherlich Personalkosten und ist modern, allerdings schreckt es vielleicht auch Kunden ab, die extra in eine Vor-Ort-Apotheke kommen, um neben der vielen Zeit im Home-Office auch einen Teil ihres Lebens in der reellen Welt zu verbringen. Sie möchten die Produkte nicht nur auf dem Bildschirm sehen.

Breites und tiefes Warenlager Durch die gesetzlichen Vorgaben hat jede Apotheke von vornherein im Vergleich zu vielen boutiqueartigen Einzelhandelsgeschäften ein breites Warenlager, es besteht also aus vielen verschiedenen, durchschnittlich rund 10 000 Artikeln. Die Bereithaltung ist arbeitsintensiv, aber notwendig, um den öffentlichen Auftrag, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen, zu erfüllen. In vielen Bereichen haben sie aber jeden Artikel wesentlich mehr als nur einmal vorrätig. Denken Sie nur an Ihren Herbst/-Wintervorrat an Erkältungsmedikamenten oder an Ihren Antiallergika-Vorrat im Frühjahr. In diesen Fällen handelt es sich um ein tiefes Warenlager.

Wo wird gelagert? Der Großteil des Lagers ist vor den Blicken der Kunden versteckt im Generalalphabet oder in einem Komissionierautomat. Sehr große Packungen, die nicht in die Schubladen passen oder im Komissionierautomaten zu viel Platz einnehmen, werden gerne in gesonderten Regalen aufbewahrt. Wichtig ist hierbei, dass alle Mitarbeitenden diese Sonderplätze auch gut finden können, es braucht also eindeutige Hinweise und Regeln dazu. Auch falls es mehrere Benennungsmöglichkeiten für Artikel gibt, sind Hinweise an den Stellen, wo die Artikel gerne gesucht werden, ratsam. So steht isotonische Kochsalzlösung in der einen Apotheke unter K wie Kochsalz, in einer anderen Apotheke unter I wie isotonisch, in einer dritten Apotheke unter N aufgrund der chemischen Abkürzung NaCl.

Auch unter dem Firmennamen können die Packungen zu finden sein. Gerade wenn es sich um größere Packungen handelt, bleibt der angestammte Platz oft bestehen, weil an der nach Alphabet logischeren Stelle kein Platz für die Packungen ist. Auch die Lagerung von Btm in Tresoren und von Kühlartikeln bietet wenig Spielraum für eigene Ideen. Aber hier ist es besonders wichtig, dass die Arzneimittel übersichtlich gelagert werden, damit weder der Kühlschrank noch der Tresor unnötig lange beim Suchen offenstehen. Wichtig ist auch, bei Änderungen im Bestellverhalten die Größe von Kühlschrank und Tresor im Auge zu haben, damit auch alle Packungen ordentlich unterkommen.

Lohnt sich eine Marktanalyse? Auch wenn die apothekenüblichen Waren durchschnittlich nur etwa 10 Prozent des Apothekenumsatzes ausmachen, kann es sich lohnen, dass Sie sich diesem Bereich besonders widmen, weil hier Ihre Einflussmöglichkeiten besonders hoch sind. Im Gegensatz zur Bevorratung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln müssen Sie nicht befürchten, dass Ihre Planungen für die Lagerhaltung in kurzer Zeit durch geänderte Rabattverträge durchkreuzt werden. Andererseits stehen Sie hier auch in Konkurrenz mit Drogerien, Reformhäusern, Sanitätshäusern, Supermärkten oder Warenhäusern und natürlich auch mit dem Versandhandel als Mitbewerber. Deshalb ist eine Wettbewerbs- oder Marktanalyse wichtig.

Wenn zum Beispiel eine Drogerie in Ihrer Nähe ist, dann ist es wenig aussichtsreich Ihr Sortiment mit klassischen Drogerieartikeln zur Körperpflege zu erweitern. Erfolgversprechender ist wahrscheinlich eine Erweiterung von apothekenexklusiven Kosmetikartikeln. Dafür ist ein weiterer Kernbereich der Marktanalyse sinnvoll, der für das Ergänzungssortiment wichtig ist: die Kundenanalyse. Diese Analyse sollte Aufschluss über Zielgruppen, Alter, Geschlecht, Einkaufsverhalten, Einkaufsfrequenz, Anteil an Lauf- und Stammkundschaft und Kaufkraft der Kunden geben.

Alle Bereiche der Marktanalyse müssen von Zeit zu Zeit neu durchgeführt werden, da sich die Rahmenbedingungen sonst unbemerkt ändern können. Nachdem Sie mittels Fragebogen, Online-Umfragen, direkter Ansprache Ihrer Kunden oder eines „Kummerkastens“ die Bedarfe und Wünsche ermittelt haben, kann das Apothekenteam überlegen, welche Ideen sich in Taten umsetzen lassen und das Sortiment entsprechend umgestalten. Wie präsentieren Sie Ihr Warensortiment in Freiwahl und Sichtwahl? In der Freiwahl können Sie Ihre Kreativität am meisten entfalten. Dabei sollten Sie folgende Grundsätze beachten:

  • Ihre Offizin soll insgesamt ein einladendes Ambiente versprühen. Dabei wird der Einfluss der Beleuchtung auf das Wohlbefinden oft unterschätzt. Achten Sie beim Blick in eine andere Apotheke einmal bewusst darauf.
  • Die Einrichtung und deren Beschriftung kann den Kunden helfen, sich leichter zu orientieren. Werden die Packungen aus Kundensicht inhaltlich so zusammengestellt, dass die Kundschaft sich in ihrem Interessengebiet leicht zurechtfindet, wird von Category Management gesprochen. So kann zum Beispiel ein Kunde, der eine Sportsalbe braucht, im gleichen Regalabschnitt auch Tapeverbände und Mineralstoffpräparate finden.

Folgende Bereiche in der Offizin werden mehr beachtet und sind dadurch besonders verkaufsaktiv:

  • Rechts befindliche Waren, weil die meisten Menschen Rechtshänder sind und sich deshalb mehr an der rechten Seite orientieren.
  • Zonen, die Kunden längere Zeit sehen, wenn sie an der Kasse warten.
  • Die Sichtzone und die Griffzone in Regalen

Hat sich Ihre Sortimentsumstellung ausgezahlt? Es lohnt sich, dies nach erfolgter Umstellung zu kontrollieren. Dies können Sie entweder durch erneute Umfragen, einen Blick auf die Umsatz- oder Gewinnentwicklung ihres neuen Sortimentsteils oder Lagerkennzahlen wie die Lagerumschlagsgeschwindigkeit (LUG) ermitteln. Letztere beschreibt, wie häufig der Lagerbestand innerhalb eines bestimmten Zeitraums verkauft und wiederbeschafft wird. Zur Berechnung muss die jährlich umgesetzte Stückzahl durch den durchschnittlichen Lagerbestand geteilt werden.

Ein Beispiel: Wenn von einer Handcreme pro Jahr 50 Packungen verkauft werden und durchschnittlich 10 Packungen an Lager sind, so hat dieses Produkt eine Lagerumschlagsgeschwindigkeit von 5. Bei der Steuerung des Warenlagers mit betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wird übrigens auch von Controlling gesprochen. Aber eine Apotheke muss ihre Sortimenstsgestaltung nicht allein von reinen Kennzahlen steuern lassen. Sie als ausgebildete PKA wissen, welche Produkte sich hinter den Kennzahlen verbergen. Bleiben Sie auch im direkten Kontakt mit den Kunden und Kollegen, um deren Meinungen und Ideen zu hören. Dadurch entwickeln Sie ein Bauchgefühl, das die Lagerkennzahlen entscheidend ergänzen kann.


Ute Kropp, Apothekerin und PKA-Lehrerin


Die Autorin versichert, dass keine Interessenkonflikte im Sinne von finanziellen oder persönlichen Beziehungen zu Dritten bestehen, die von den Inhalten dieser Fortbildung positiv oder negativ betroffen sein könnten.

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