Alkohol
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Alkohol: Rausch mit Konsequenzen

Alkohol ist die wohl älteste Droge der Welt. Und doch fester Bestandteil unserer Alltagskultur. Was Alkohol in unserem Körper anstellen kann und warum sich die WHO für gesundheitliche Warnhinweise auf alkoholischen Getränken einsetzt, erfahren Sie hier.

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Alkohol: Was ist das?

Wenn wir im Alltag von Alkohol sprechen, meinen wir Ethanol (Ethylalkohol, C2H5OH). Der Begriff Alkohol lässt sich vom arabischen Wort al-kuhl ableiten, das wörtlich übersetzt „das Feinste“ bedeutet. Gemeint waren damit feine Pulver, die beispielsweise für Schminke verwendet wurden. Paracelsus übertrug diese Bedeutung auf feine, flüchtige Substanzen, die sich bei der Destillation von Wein gewinnen ließen und berauschend wirken.

Im Fachbereich Chemie hat der Begriff Alkohol eine weitumfassende Bedeutung. Hier nennt man alle aliphatischen und aromatischen Kohlenwasserstoffe, bei denen ein oder mehrere Wasserstoffatome zu Hydroxylgruppen (-OH) oxidiert wurden, Alkohole.

 Champagnergläser mit einfarbiger Füllung Ethanol ist ein lineares Molekül mit einer Hydroxylgruppe.
Die Flüssigkeit ist

  • klar
  • farblos
  • leicht flüchtig
  • leicht entzündlich
  • besitzt charakteristischen Geruch und
  • schmeckt brennend.

Alkoholfrei – oder etwa doch nicht?

Es enthalten viel mehr Lebensmittel Alkohol als man meinen könnte, denn eine generelle Kennzeichnungspflicht existiert nicht. Bei Getränken findet sich erst ab 1,2 Volumenprozent Ethanol ein entsprechender Vermerk. In Saft und alkoholfreien Getränken können 0,5 Volumenprozent Ethanol enthalten sein, bei Limonaden 0,3. Wer auf Nummer Sicher gehen will, greift besser zu Produkten mit dem Vermerk 0,0 % Alkohol.

Soßen, Desserts, Pralinen oder Torten enthalten oft alkoholische Zusätze als Geschmackskomponente. Lose gepackt, zum Beispiel in der Auslage einer Konditorei, aber auch in der Speisekarte des Restaurants muss der enthaltene Alkohol nicht ausgewiesen werden, also am besten nachfragen.

Auch Obst enthält übrigens Ethanol, je reifer, umso mehr (vor allem Bananen). Genauso wie fermentierte Produkte (Sauerkraut, Kefir, Essig).

Ein Blick auf die Zutatenliste lohnt sich bei Fertigwaren wie Croissants, Blätterteig, Schokoladenriegeln, Fertigsuppen, Toastbrot, Konfitüren, Creme-Desserts oder Törtchen. Denn Alkohol dient in der Industrie häufig als Trägerstoff für Aromen oder als Konservierungsmittel. Im Falle des Trägerstoffes gilt Ethanol laut Lebensmittelrecht übrigens nicht als Zutat, weshalb er nicht zwingend auf der Packung aufgeführt werden muss, aber dennoch enthalten ist.

Alkohol entsteht bei Gärungsprozessen aus Zucker oder Stärke mit der Hilfe von Hefen (oder anderen Mikroorganismen). Die meisten kennen industriell hergestellten Alkohol aus verschiedenen Getreide- oder Obstsorten, die zerkleinert, erwärmt und mit speziellen Hefen versehen werden. Mit der Zeit wandeln diese Hefen die enthaltenen Kohlenhydrate in Ethanol und Kohlenstoffdioxid um (alkoholische Gärung). Dabei ist der Alkoholgehalt gedeckelt auf ungefähr 15 Volumenprozent, sonst würden sich die zugesetzten Hefen selbst schaden.

Möchte man einen höheren Alkoholgehalt erreichen, werden die Flüssigkeiten anschließend destilliert und das Ethanol dadurch konzentriert. Absolutes Ethanol kann mit bis zu 99,9 Volumenprozent aufwarten.

Die Alkoholproduktion in der Europäischen Union beläuft sich auf 42 Millionen Hektoliter pro Jahr. Den größten Anteil stellt die Industrie als sogenannten Synthesealkohol her, 13 Millionen Hektoliter fließen aus der landwirtschaftlichen Produktion in die Flaschen.    

So funktioniert der Alkohol-Abbau

Alkohol ist kein Nährstoff. Daher wird er nach der Aufnahme durch den Magen-Darm-Trakt zeitnah ins Blut aufgenommen und zum Abtransport in die Leber geschickt. Dort findet der Großteil des Ethanol-Stoffwechsels statt. Ein sehr kleiner Teil wird unverändert über die Niere, die Haut oder die Lunge eliminiert. Bei letzterem handelt es sich um die umgangssprachliche Fahne. Der Ethanolgehalt in der ausgeatmeten Luft spielt auch eine wichtige Rolle bei der Alkoholkontrolle.

Alkohol und Kochen

Wein in der Soße oder Kirschwasser im Fondue sollen Geschmack ins Essen bringen. Skeptiker*innen werden mit der Aussage beruhigt, dass der Alkohol durchs Kochen verschwindet. Das ist falsch. Nur reines Ethanol kann vollständig abgedampft werden. Außerdem binden manche Speisezutaten wie Fett den Alkohol im Essen.

Wird beispielsweise ein Schuss Sherry in die Soße gegossen und das Ganze dann nur kurz aufgekocht, dürften noch etwa 85 Prozent des Alkohols vorhanden sein. In einer Studie köchelte eine Flüssigkeit mit zugesetztem Alkohol. Nach einer halben Stunde waren noch 35 Prozent des ursprünglichen Alkoholgehalts enthalten, nach zweieinhalb Stunden noch fünf Prozent.

In der Leber angekommen wird Ethanol überwiegend durch Oxidation entgiftet. Mithilfe der Alkoholdehydrogenase (ADH) entsteht in einem Zwischenschritt zunächst jedoch ein deutlich zelltoxischeres Produkt, nämlich Acetaldehyd. Das Enzym Aldehyddehydrogenase (ALDH) oxidiert das Aldehyd anschließend weiter zu Acetat beziehungsweise Essigsäure. Rasch in den Zitronensäurezyklus eingeschleust, bleiben vom Alkohol letztlich nur noch CO2 und H2O übrig. Über diesen Weg baut der Körper etwa 0,1 bis 0,15 Promille Alkohol pro Stunde aus dem Blut ab.

Champagnergläser mit einfarbiger FüllungNAD+ als limitierender Faktor beim Alkohol-Abbau

Die beiden Enzyme ADH und ALDH brauchen Hilfe beim Alkohol-Abbau. Das Co-Enzym NAD+ nimmt die beim Oxidationsprozess anfallenden Protonen auf und muss im Anschluss regeneriert werden, damit die Reaktion weiterlaufen kann. Die Zeit, die benötigt wird, um NADH+H+ wieder zu oxidieren, entspricht also der Zeit, die vergehen muss, bis Sie nach einer Party wieder Auto fahren dürfen.

Der Alkohol-Abbau verläuft konzentrationsunabhängig und praktisch linear auf der Zeitachse, sodass es möglich ist, die Alkoholkonzentration im Blut nach dem Trinken rechnerisch zu bestimmen. Solche „Promille-Rechner“ gibt es kostenlos im Internet.

Sowohl bei chronischem Alkoholkonsum („Trinker*innen“) als auch sehr hohen Alkoholkonzentrationen im Blut (Blutalkoholkonzentration, BAK-Wert, ab 2,5‰) steht nicht mehr schnell genug NAD+ zum Abbau zur Verfügung. Dann springt ein alternativer Abbau-Mechanismus wie eine Art Notstrom-Aggregat ein: das MEO-System (Microsomal-Ethanol-Oxidizing-System).

Dieses System arbeitet CYP-Enzym-abhängig. CYP2E1 benötigt Sauerstoff und NADPH+ +H+ als Co-Enzym und setzt im Gegensatz zu vielen anderen Enzymen aus der CYP-Familie wenig Arzneistoffe um. Durch die Kombination beider Systeme kann in kürzerer Zeit mehr Alkohol eliminiert werden, stündliche Abbauraten von bis zu 0,35‰ pro Stunde sind möglich.

Das soll kurzfristig eine Alkoholvergiftung verhindern, bringt aber Langzeitfolgen mit sich. Denn bei der Arbeit von MEOS entstehen Sauerstoffradikale (ROS), die das Leberparenchym oxidativ schädigen.

Ein dritter und letzter möglicher Weg läuft über die Katalase, ebenfalls ein Enzym, das Ethanol zu Acetaldehyd oxidieren kann. Dieser Weg besitzt jedoch nur eine untergeordnete Rolle.

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